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Savonarola, Girolamo; Schnitzer, Joseph [Transl.]
Hieronymus Savonarola: Auswahl aus seinen Schriften und Predigten — Das Zeitalter der Renaissance, 2. Serie ; 10: Jena: Eugend Diederichs, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.56458#0308
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sein1 (Ez. 13,10). Man muß das Faule ausschneiden aus diesem Apfel,
das Faule ist die Geistlichkeit, und darum bedarf es des Schwertes,
der Hungersnot und der Pest. Ich sage dir: wären die Sünden der
Geistlichkeit nicht gewesen, so wäre kein Unheil, dessen magst du
im Namen Gottes versichert sein.“
„0 Frate, nimm dich wohl in acht, was du sprichst! Du bewegst dich
in einem großen Labyrinthe und schwebst in ernster Gefahr.“
„Ich fürchte mich vor nichts, wenn nur der Herr mit mir ist, das
genügt mir. — Habt keine Angst, ihr Kleinmütigen, der Herr ist mit
euch, der Sieg ist unfehlbar unser. Zum Tröste der Guten sei es ge-
sagt, daß allein jene Sünden, welche die Gegner im Faschinge be-
gangen haben, ihre Lage so sehr verschlimmert hat, daß ihnen das
Haus schon bald noch vollends über dem Kopfe zusammenstürzt.
Nicht wahr, aus Rom sind Breven eingetroffen, worin ich als ,Sohn
des Verderbens' bezeichnet werde1? Schreibe ihnen so: ,Der, wel-
chen du also benennst, erklärt, er halte weder Lustbuben noch Keb-
sen, sondern widme sich der Predigt des Glaubens Christi. Seine
geistigen Töchter und Söhne wie alle seine Hörer treiben keine
Schlechtigkeiten, sondern gehen zur Beichte und Kommunion und
führen einen ehrsamen Wandel. Er ist auf Förderung der Kirche
Christi bedacht, ihr aber auf ihre Zerstörung.' Wie ich höre, emp-
fingt ihr auch öffentliche Briefe. Ihr seid viel zu rücksichtsvoll in
euren Antworten. Laßt einmal mich ein wenig schreiben, sie sollen
dann eine Antwort haben, daß ihnen die Ohren klingen und ein Licht
aufgeht! Die Zeit, das Kästchen zu öffnen und den Schlüssel anzu-
stecken, rückt immer näher; solcher Gestank, solcher Unflat wird
aus der Stadt Rom ausgehen, daß er sich über die ganze Christen-
heit ausbreitet und jedermann in die Nase steigt. Und was ich sagen
werde, das beweise ich mit natürlichen wie übernatürlichen Grün-
den und Zeichen, habt nur keine Angst! Da wir aber Nachfolger
Christi sein wollen, welcher dem Zorne wich, so wollen auch wir
dem Zorne weichen, und so gebe ich euch kund, daß ich auf dieser
Kanzel nicht mehr predige, bis es mir, merke es wohl, von den
Freunden eines christlichen Wandels befohlen wird. Ich predige da-
für in S. Marco, doch nur für die Männer, nicht für die Frauen, denn
so verlangt es die Zeit. Willst du mich aber davonjagen, so wisse,
daß meine Zunge niemals zu sprechen aufhören wird, selbst wenn
1 Anspielung auf das Breve vom 26. Februar 1498, gedr. b. Villari II, Append.
Doc. XIV.

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