Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Savonarola, Girolamo; Schnitzer, Joseph [Übers.]
Hieronymus Savonarola: Auswahl aus seinen Schriften und Predigten — Das Zeitalter der Renaissance, 2. Serie ; 10: Jena: Eugend Diederichs, 1928

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.56458#0310
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
unerträgliche Hitze herrscht, so ziehst du dich in die Kühle deines
Hauses zurück und bietest ihr Trotz. Es ist also zu erwägen, daß
man sich auch im Falle einer Unordnung in der Welt Christi an die
höheren Gewalten wendet, wenn sie imstande sind, Abhilfe zu
schaffen. Wenn z. B. in einem Kloster ein Bruder, etwa ein Novize,
etwas anstellt, so tritt seine höhere Gewalt für ihn ein, sein Novizen-
meister, oder, wenn er es unterläßt, so wendet man sich an den
Prior des Klosters; tut auch er nichts, an seinen Vorgesetzten, den
Provinzial, oder an den Generalvikar. Säumt er ebenfalls, so geht
es an den General, und wenn selbst er nicht eingreift, so nimmt man
zuletzt seine Zuflucht zum Papste als dem Träger der höchsten Ge-
walt. Wenn dann aber sogar er keine Abhilfe schüfe und die höchste
Gewalt versagte, dann bliebe nichts übrig als die Zuflucht zum
himmlischen Papste, zu Christus. Ein anderes Beispiel! Ein Bürger
versündigt sich wider die Kirche, etwa durch glaubenswidrige Reden
— so wendet man sich zuerst an seinen Pfarrer, wenn dies vergeb-
lich ist, an den Bischof und zuletzt an den Papst; schreitet auch er
nicht ein, so bleibt als letztes Heilmittel nur mehr Christus. Gesetzt
nun aber den Fall, die höchsten Gewalten der christlichen Welt
träfen nicht nur keine Abhilfe, sondern wären selbst angesteckt und
verwüsteten mit ihrem schlechten Einflüsse die christliche Kirche —
was hätte dann zu geschehen ? Siehe, wenn du einen Garten hättest,
und ein Teil von ihm wäre schädlichen Winden preisgegeben, so
würdest du eine Mauer errichten, um ihnen zu steuern. Wenn du
also gewahrtest, daß die Prälaten und höchsten Kirchengewalten
Unheil anstiften, den Gottlosen Vorschub leisten und ihre Hilfe und
Gunst angedeihen lassen, die Guten aber verfolgen, — was hat dann
zu geschehen? Dann mußt du diesem schlechten Einflüsse Einhalt
gebieten, mußt beten und zu Christus deine Zuflucht nehmen. Dies
ist das letzte Heilmittel, welches dir bleibt, der verderblichen Gewalt
zu widerstehen, jedermann ist hierzu verpflichtet.“
,,O Frate, der Kirchengewalt darf man nicht trotzen.“
„Wenn sie die Kirche verwüstet, so ist sie keine Kirchengewalt,
sondern eine Höllengewalt, eine Satansgewalt. Ich sage dir, wenn
sie den Huren hilft, den Lustbuben und den Dieben, wenn sie die
Guten verfolgt und das christliche Leben zu zerstören trachtet, dann
ist sie eine höllische und teuflische Gewalt, welcher man entgegen-
treten und entschiedene Zurechtweisung angedeihen lassen muß,
wie Paulus dem Petrus, als er ihn unerschrocken zur Rede stellte,

232
 
Annotationen