Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Wachsmuth, Curt
Die Stadt Athen im Alterthum (Band 1) — Leipzig, 1874

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12670#0064

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ist, die betreffende Urkunde solle an dem und dem Orte auf-
gestellt werden, oder wenn aus dem Inhalte der Inschrift der
Ort der Aufstellung mit Sicherheit gefolgert werden kann,
ist es nicht erlaubt, nun sofort diesen an die Stätte der wirk-
lichen oder vermeinten1) Provenienz zu verlegen. Vielmehr
ist dabei einmal zu beachten, ob die betreffenden Steine in
neueren Bauwerken vermauert waren oder bei Ausgrabungen
in beträchtlicher Tiefe gefunden sind, und zum andern, ob
der Schluss auf einen einzelnen Stein oder eine grössere An-
zahl von Funden, die auf dieselbe Oertlichkeit hinweisen,
gestützt wird; denn es ist ja bekannt und neuerdings durch
eine leicht zu vermehrende Reihe von Beispielen von Carl
Curtius'-') gezeigt, dass in Athen eine ungewöhnlich starke
Verschleppung gerade dieser Steine in Mittelalter und Neuzeit
stattgefunden hat, indem zu aller Zeit die massenhaften In-
schriftsteine als bequemes Baumaterial verwandt sind. So
kann nur eine Mehrzahl von Inschriften, an einem Punkte
und in bedeutender Verschüttung gefunden, für derartige
topographische Vermuthungen eine annähernd sichere Basis
geben ; denn es wird ja wohl mit einigem Recht angenommen
werden dürfen, dass in byzantinischer und älterer fränkischer
Zeit, wo für private und öffentliche Bauten noch aller Orten
eine stattliche Fülle antiker Reste zu Gebote stand, man für
Neubauten vorwiegend die in der Nähe vorhandenen Steine
benutzte. Aber einzelne Inschriftsteine können durch ihren
Fundort gar kein topographisches Beweismittel abgeben. Nur
für die Akropolis meinte Curtius 3) eine theilweise Ausnahme
statuiren zu dürfen; es seien zwar Steine von der Burg in
die Stadt und auf der Burg selbst von einer Stelle zur an-
dern verschleppt, aber schwerlich je aus der Stadt auf die
Burg heraufgebracht, weil hier zu allen Zeiten ein unerschöpf-
licher Reichthum von Steinen jeder Art zur Verfügung ge-
standen habe. Und ohne Zweifel sind wir für die weit über-
wiegende Mehrzahlv der auf der Burg gefundenen Inschriften

1) Bekanntlich sind die -Provenienzangaben von Pittakis keines-
wegs durchaus zuverlässig, wie an einzelnen schlagenden Beispielen
Rangabe, antiq. hellen. II pref. S. V f. gezeigt hat.

2) De actorum publicorum cum apud Qraecos 18Gf> S. 20 ff,

3) A. a. 0. S. 22.
 
Annotationen