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Wachsmuth, Curt
Die Stadt Athen im Alterthum (Band 1) — Leipzig, 1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.12670#0399

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— 387 —

man kann es ja unbedingt aussprechen, dass bei den Hellenen
keine Stätte, die durch den Kultus einmal geheiligt worden
war, je ganz kultlos wurde. Auch sind die Legenden, die
sich an angesehene Kultstätten heften, zweifelsohne die älte-
sten Ueberlieferungen, die sich auf griechischem Boden ge-
halten haben. Ein anderes Moment von Wichtigkeit, das
gleichfalls schon Thukydides wenn auch nur nebensächlich
und partiell beachtete, bilden die natürlichen Verhältnisse des
Stadtterrains. Erst in dritter Linie werden dann behutsam
die sonstigen Andeutungen der Sage herangezogen werden
dürfen.

Ich stelle demnach als methodischen Grundsatz für diese
und ähnliche Untersuchungen die Behauptung auf: lässt sich
auf einem bestimmten, zu einer Sondersiedelung nicht unge-
eigneten Terrain eine Gruppe von alten Kultstätten nach-
weisen, welche den Gottheiten eines bestimmten Stammes
geweiht sind, und tritt dieser Stamm auch sonst in den Ueber-
lieferungen als ein in diesem Gebiet ansässiger oder einge-
wanderter hervor, so darf man schliessen, dass die Schaaren
desselben, die auf dem Stadtterrain sich niederliessen, eben
m jenem Bezirk ursprünglich eine Sondersiedelung bildeten.

Ich fürchte nicht, dass gegen diese Behauptung ein prin-
cipieller Widerspruch erhoben werden wird: ob es möglich
ist, die Anforderungen, die dieser Grundsatz stellt, im ein-
zelnen Falle sämmtlich und mit der wünschenswerthen Sicher-
heit zu erfüllen, ob es in Sonderheit mir gelungen ist, den-
selben für Athen gerecht zu werden, ist eine andere Frage.
Jedenfalls musste einmal ernstlich versucht werden, zu sehe]],
Wie weit das Material trage. Denn „dann sagen wir, dass
Wir etwas verstehen, wenn wir seine ursprünglichen Anfänge
zu kennen glauben".

1 Die pelasgische Ansiedelung auf der Akropolis

Bei dem fortwährenden und allgemeinen Kriegszustand,
uiit dem nach Thukydides' Schilderung (I 2) die hellenische
beschichte anhebt, mussten die Ansiedelungen vor allem Berg-
hohen aufsuchen, die natürlichen Schutz gewährten: dazu kam
der sanitätliche Vortheil, den hier die der Sonne und der
0r'iuickenden Seeluft gleich zugänglichen Hügel1) hatten,

1) S. Porchliammer in der Zeitsehr. f. A.-W. 1838 N. 50 — 58.

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