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Wachsmuth, Curt
Die Stadt Athen im Alterthum (Band 1) — Leipzig, 1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.12670#0295

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Niemand wird läugnen, dass mit diesen Erklärungen im
Grunde gerade das, was am meisten der Erklärung bedarf,
nicht erklärt ist. Denn mochte Pausanias immerhin aus irgend
welchem Anlasse jene Kallirrhoetour gesondert gemacht haben,
immerhin auch am Abend des ersten Tages oder sonst wie
nach der ersten und vor der zweiten Wanderung, so bleibt
deshalb der Ort, wo diese Episode auftritt, immer gleich un-
begreiflich. Auch widerspricht dies Hineinspielen der persön-
lichen Schicksale des Pausanias dem allgemeinen Standpunkt,
der oben für die Stadtbeschreibune festgestellt ist.

Hat die obige Auseinandersetzung das Richtige getroffen,
so liegt die Sache vielmehr so. Die Beschreibung der Ge-
gend am Iiissos ist in zwei ungleiche Theile aus einander
gerissen. Der grössere Theil findet sich in engem Zusam-
menhang mit der Wanderung vom Olympieion und Pythion
her nach dem Kynosarges und Lykeion Kap. 19 § 5 bis 6;
er hört mitten in Agrai auf. Der zweite Theil, der den ab-
gerissenen Faden der Beschreibung von Agrai wieder auf-
nimmt und zu Ende führt, findet sich schon an einem frühe-
ren Ort (Kap. 8 § 6 — 14 § 5), hier aber mitten in
eine wohlgefügte und auf das beste an einander
schliessende Tour hineingeworfen. Scheidet man diesen
zweiten Theil an der Stelle, wo er sich in unseren Hand-
schriften findet, aus, so -schliesst sich das unmittelbar Fol-
gende (Kap. 14 § 6) direkt an das unmittelbar Voraus-
gehende (Kap. 8 § 5) an (siehe oben S. 176). Setzt man die
ausgeschiedene Partie nach Kap. 19 § 6, also am Ende des
Haupttheiles der Beschreibung der Iiissosgegend ein, so ist
auch hier der natürliche Gang der Periegese wiederhergestellt.
Auch die Rückkehr zum Prytaneion erklärt sich dann ein-
fach; Pausanias hat dann eben die ganze östliche Partie
der Stadt abgesucht; es bleibt ihm nur noch die unmittelbare
Umgebung der Burg.

Nun kann man Pausanias ja freilich viel Mangel an
sicherer Beherrschung des Stoffes gerade für das an Merk-
würdigkeiten so reiche Athen zutrauen: vergeblich aber wird
man in den ganzen 10 Büchern seines Reisewerks nach einem
auch nur ungefähr passenden Analogon suchen für ein sol-
ches Verfahren. Wahrlich rein wie von einer tollen Laune
getrieben hätte er die in allem Uebrigen festgehaltene plan-
 
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