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Wachsmuth, Curt
Die Stadt Athen im Alterthum (Band 1) — Leipzig, 1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.12670#0414

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- 402 -

durch die spätere Sage und durch den Einfluss der Orphiker
hier viel zugedichtet. Ueberhaupt bedürfen Ethnographie und
Geschichte dieses wichtigen Volkes, über das noch jetzt viel-
fach die unbegründetsten Vorstellungen verbreitet sind, .gar
sehreiner eingehenden methodischen Untersuchung1). Allein,
so viel ich sehe, kann das Vordringen der Thraker nach
Böotien ebensowenig in Abrede gestellt werden, als die Ein-
wanderung der Träger dieser thrakischen Dienste von Böotien
her nach Attika herein; mögen diese auch immer eine nicht
näher zu bestimmende Mischung thrakischer Geschlechter mit
böotischer Bevölkerung darstellen2). Und so steht auch von

einer unmittelbaren Verbindung oder Gemeinschaft mit den Pieriern
oder Thrakern führe.

1) Giseke's Kombinationen in der Monographie „thrakisch-pelas-
gische Stämme auf der Balkanhalbinsel'' (Leipzig 1858), wo S. 43 ff.
Eumolpos und die Thraker in Eleusis behandelt sind, haben durch ihre
Verwirrungen dies Bedürfniss erst recht herausgestellt. Aber auch die
ethnographischen Bestimmungen, die Lagarde, ges. Abh. S. 281 und
Roesler in Sitzgsber. d. .Wiener Akad. 1866 S. 81 versucht haben, sind
sehr problematisch (s. Hehn, Kulturpflanzen S. 397). Fest steht auch
mir im Gegensatz zu der gewöhnlichen Meinung die Verkehrtheit der
Annahme von Homonymie zweier ganz verschiedener Stämme, worüber
s. v. Gutschnri.d in Jahrb. f. Philol. 1861 S. 668.

2) Nichts will es freilich sagen, wenn Iamblychos, Leb. 'Pytliag.
243 „die Mehrzahl der Historiker" von einer ältesten thrakischen Pe-
riode in Attika sprechen lässt: denn wir haben es hier mit einem
frechen Schwindler zu thun, s. Rohde im N. Rhein. Mus. XXVII S. 57.
Ganz allgemein führt aber Strabon VII S.321 als Beweis dafür, dass früher
Hellas von Barbaren bewohnt war, an: rr|v 'Attikviv (tö ira\aiöv) ol
uerct ۟u:6Xirou QpciKec e'cxov. Dass die Thatsachen des Kultus auf
einen Zusammenhang mit Böotien und zwar mit dem von Thrakern
besiedelten Theile hinweisen, erkennt Welcker selbst an, Hesiod. Tlieog.
S. 83 und gr. Götterl. III S. 117. Dass der auch von Thukyd. (II 15)
als geschichtlich angenommene Gegensatz zwischen Eleusis und Athen
auf verschiedenen Ursprung der Ansiedelung zurückgeht, und dass in
Eleusis eben die Träger der thrakischen Kulte sassen, lässt eine Be-
trachtung der Hauptrepräsentanten in diesem Kampfe vermuthen.
Eumolpos erfindet nach attischem Glauben den Weinbau (s. Plin., n. h.
VII 56, 199); sein Sohn lmmai-ados oder Ismaros trägt einen thraki-
schen Namen, der auch mit der Dionysosreligion zusammenhängt, (s.
Pott in Zeüsclir. f. vergl. Sprachw. IX S. 415, Hehn, Kulturpflanzen
S. 412). Direkt sagt es Euripides, Ereckth. Frg. 362 bei Nauck, trag.
Gr. frg. S, 372 V. 46 ff. und die sonstige attische Sage hei Pausanias,
Apollodoros und den Rednern. Im Uebrigen vgl. Preller, gr. Mythol. II2
 
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