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Wachsmuth, Curt
Die Stadt Athen im Alterthum (Band 1) — Leipzig, 1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.12670#0464

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— 452 —

feiert1). Alle diese Merkmale drängen die Frage auf, ob wir
in diesem Pandion einen Repräsentanten der „thrakischen" Be-
völkerungsgruppe zu erkennen haben, die wir ja auch in der
Stadt in einer Sondersiedelung annehmen zu dürfen glaubten?

Die übrigen Sagen haben entweder lediglich einen re-
ligiös-mythischen Sinn oder sind spätere quasihistorische Spe-
kulationen2). Dass die Feindschaft zwischen Athene und Po-
seidon, die sich in blutigen Fehden ihrer Angehörigen fort-
setzt, auch eine geschichtliche Bedeutung habe, wie gewöhn-
lich angenommen wird11), ist sehr möglich: nur dass die jetzt
gewöhnliche Ansicht, wenn sie die Ionier als die Poseidon-
verehrer fasst, sich nicht in Uebereinstimmung mit der Sage
befindet, die vielmehr die Thraker als die Angehörigen des
Poseidon ansieht'1). Eine bestimmte Deutung jedoch wird
wie überall, wo man ohne andere sichere Anhaltspunkte
rein mit den Sagen zu operiren hat, nicht möglich sein; und
jedenfalls ist eine Verwendung für die Stadtgeschichte nicht
thunlich.

1) S. Mommsen, Heortol. S. 387.

2) Wie die über Aktaios und Kranaos in sehr durchsichtiger Bildung
und ähnliche; ich will nur noch bemerken, dass die Einwanderung
des Kekrops aus Aegypten, über die bekanntlich schon Otf'r. Müller,
Qrchomenos S. 99 zw. Aufl. eine durchaus zutreffende Kritik hat ergehen
lassen, auch durch die phönikische Ummodelung von Ebers, Aegyp-
ten und die Büclicr Moses S. 139 f. nicht an Glaubwürdigkeit gewon-
nen hat. Am ehesten noch könnte eine geschichtliche Erinnerung zu
enthalten scheinen die Notiz des Philochoros (Erg. 11 bei Müller, frg.
hist. Gr. I S. 386) bei Strabon IX S. 397 epnei ct>i\6xopoc irop6ou|U6vr|c
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£><dAouv "Aovac, KeKpoua irpüjTov eic butioeKa ■nöXetc cuvoudcai to irXfjeoc.
Ich spreche natürlich nicht von der vermeintlichen Stiftung der zwölf
Städte, sondern von der Befehdung Attikas durch Karer und böotische
Äonen. Dass Karer d. h. Leleger wirklich in Attika eingedrungen
sind, ist bekannt und auch oben erwähnt. Ueber die Äonen ist zu
einer bestimmten ethnographischen Ansicht nicht zu gelangen; und es
würde deswegen eine Hypothese, die vielleicht vorgebracht werden
könnte, es seien unter diesen eben jene Einwanderer aus Böotien,
die den Musen- und Dionysosdienst brachten, zu verstehen, eine ganz
luitige sein. Sollte also wirklich hier mehr als eine gelehrte Kombi-
nation vorliegen, so wäre sie doch für uns nicht nutzbar.

3) Z. B. von K. E. Hermann, griech. Staatsalterth. S. 267 der 4. Aufl.,
Preller, ffr. Myth. I2 S. 160 f., 450; Welcker, ffr. Götterl. I S. 036.

4) S. namentlich Euripides, ISreclilh. Frg. 362 Nauck oüb' övt' tAdac
 
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