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Wachsmuth, Curt
Die Stadt Athen im Alterthum (Band 1) — Leipzig, 1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.12670#0661

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Noch eine andere wohl bezeugte Einzelheit lässt gleich-
falls auf Undichtigkeit der Bevölkerung der Stadt schliessen;
ich meine die Thatsache, dass in dieser Periode das erste
Beispiel einer geräumigen Parkanlage innerhalb der Stadt
sich findet. Es wird nämlich von dem Philosophen Epikuros,
der in Athen in den Jahren 306—270 lehrte, erzählt, dass er
sich zuerst die Annehmlichkeit einer Villenwohnung inner-
halb der Stadt verstattete1). Nicht als ob es vordem gar
keine Gärten innerhalb der Stadt gegeben hätte; wir erfahren
z. B., dass zur Zeit des Redners Isaios ein gewisser Dikaio-
genes ein Haus niederreissen liess, um sich einen Garten an
seinem eigenen AVohnhause anzulegen2). Doch waren das eben
immer kleine Stadtgiirten. Neu aber war es, dass Epikuros
sich und seinen philosophischen Freunden den Luxus einer
weitläufigen landgutähnlichen Gartenanlage innerhalb der
Stadt verschaffte, während die zu dem nämlichen Zweck
hergerichteten Gärten der xVkademiker sowohl als der Peri-
patetiker draussen vor den Thoren der Stadt lagen 3).

Die so gewonnenen allgemeinen Aufschlüsse durch Zahlen

1) Plinius, nat. hist XIX 4, 51 iam quidem kortorum nomine in
ipsa urbe delicias agros villasque possident Primus hoc instiluit Athcnis
Epicurus otii magister. usque ad cum moris non fuerat in oppidis lia-
bitari rura. l);is ist offenbar das berühmte Gartengrundstück, das
Epikuros testamentarisch seiner Schule vermachte (s. oben S. 618).
Ueber seine Lage s. oben S. 205.

2) Isaios Y 11 tr|v oiniav aüxwv ty\v iraxpaav . . Trpidpevoc Kai
KaxacKdv|,ac töv Kf|Trov Enon'icaTO npöc Trj aüioü okia Tfj £v äerei.

3) Wir kennen die Summe, die Epikuros für diesen ganzen Complex
gegeben; er bezahlte nach dem Zeugniss des Apollodoros bei Laert.
Diog. X 10 achtzig Minen. In der vorigen Periode waren in Athen
20 Minen der Durchschnittspreis für bessere Wohnhäuser, für grossere
mit Fabrikeiurichtuugen u. dgl. versehene oder sonst besonders kost-
bare wurden 40— 50 Minen gezahlt, und ganz grosse Miethshäuser
stiegen bis zum Werth von 100 Minen (die Belege s. bei Büchsenschütz,
Besitz und Erwerb S. 85 f.). Danach erscheint der Preis von 80 Minen
für ein sehr ausgedehntes Gartengrundstück nicht übertrieben. Aber
theils wissen wir nicht genauer, wie umfänglich das Grundstück war:
theila und namentlich ist ganz unbekannt, in welchem Zustand es über-
nommen wurde, ob nur leere Bauplätze zusammengelegt oder ein oder
'nehiere dastehende Häuser niedergerissen werden mussten. Jedenfalls
sind wir nicht im Stande zu konstatiren, ob und in wie weit in diesem
Preis ein Herabsinken des Werthes von städtischem Grund und Boden
sich wahrnehmen lässt.
 
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