2
DIE WELTKUNST
Jahrg. VII, Nr. 1 vom 1. Januar 1933
gen Sevadjan (13./14. April) und Ge-
orges Blumenthal (1./2. Dezember) —
welch letztere mit ihren Werken des Dixhui-
tieme ein Gesamtergebnis von beinahe 8% Mil-
lionen ffr. zu verzeichnen hatte —, in Amster-
dam durch die der Sammlungen Oriol a (12.
bis 15. April) und der Herbstversteigerungen
bei F. Mensing (25.—27. Oktober), in N e w
York durch solche der Kollektionen Mar-
quess of Curzon of Kedleston (Bou-
cher: $ 21000; Vigee-Lebrun: $ 16 500) und
Kleinberger (Rembrandt: $ 26 000, siehe
Abbildung Seite 1), um nur einige allgemein
interessierende Momente zu nennen, gekenn-
zeichnet: gekennzeichnet als kunsthändlerisch-
auktionatorische Möglichkeiten zur wirk-
lichen Realisierung des wirklichen Kunst-
wertes.
Auf dem Gebiete der Graphik haben die
Frühjahrs- und Herbstauktionen bei C. G.
B o e r n e r ein nicht weniger geradliniges Bild
erbracht, wie unsere ausführlichen Berichte
über diese wichtigsten Ereignisse des Graphik-
marktes zeigen (vgl. „Weltkunst“, Jg. VI,
Nr. 19 und Nr. 46). Der Buchfreund darf vor
allem auf die ausgezeichneten Ergebnisse
der Versteigerungen der Lothian-Biblio-
thek (New York, 27./28. Januar) mit einem
Gesamtergebnis von $ 410 000, der Bibliothek
Chester Beatty (Sotheby, 7. Juni)
mit einem Resultat von £ 23 053, der Auktio-
nen von Gilhofer & Ranschburg (14.
und 15. Juni), Bibliothek Herzog Robert
von Parma (Hoepli, Paris, 30. Mai), der
Züricher Hoepli-Auktion vom 14. Oktober oder
der der illuminierten Manuskripte durch G i -
ard-Andrieux (Paris, 19. November), der
der Inkunabeln durch Karl & Faber (Mün-
chen) und Joseph Baer (Frankfurt a. M.)
hingewiesen werden, die dasselbe günstige
Bild wie die reinen Kunstauktionen zeigten.
An unsere Abonnenten!
In Verfolg unserer Ankündigungen
in den vorhergehenden Nummern
werden wir, Ihr Einverständnis vor-
aussetzend, uns erlauben, die Abon-
nementsgebühr nach dem 5. Januar
durch Nachnahme zu erheben. Wir
richten an diejenigen unserer Leser,
die ihr Abonnement noch nicht be-
zahlt haben, die Bitte, nunmehr für
die Nachnahme den Quartals-
Betrag von 4,90 M. (bzw. 5,90 M.)
für den Briefträger gefälligst be-
reitzulegen.
NEUEROFFNUNG
WELTKU N ST-VE RLAG
der Islamischen Kunstabteilung
der Berliner Staatlichen Museen
Mit der am 17. Dezember erfolgten Eröff-
nung der islamischen Kunstabteilung im Ober-
geschoß des Flügels des neuen Museumsbaues,
der bereits die vorderasiatische Abteilung be-
herbergt, ist nicht nur das Kaiser-Friedrich-
Museum endgültig von allen Bestandteilen ent-
lastet, deren Überführung in den Neubau ge-
plant war, sondern findet auch die Aufstellung
im Messelschen Bau — bis auf die noch zu
erwartenden Erweiterungen im Untergeschoß
stehende Aufgabe innerhalb der Museen — und
deren spezifische Werte und Absichten kennt-
lich zu machen, so andererseits, mit lange vor-
her geplanten, alle „Museumskriege“ über-
dauernden Raum-Möglichkeiten sich ausein-
andersetzen zu müssen. Man darf nicht ver-
kennen, daß die architektonischen Voraus-
setzungen — von wenigen später zu erwähnen-
den Ausnahmen abgesehen — im Verhältnis zu
denen z. B. des Deutschen Museums außer-
gen reicher Bestände Vorbehalten — hervor-
zaubern. Wir glauben bei immer wiederholtem
Rückgang zu fühlen, daß kaum ein Berliner
Museum von einer so gesteigerten Dynamik
erfüllt, von einer solchen Diszipliniertheit des
ausgewählten Materials beherrscht, von einer
solchen Dramatik historischen Ablaufs be-
herrscht ist wie gerade die Islamische Abtei-
lung, aktuell in Form und Technik, doch
subtil gestaltet mit dem „sprödesten“ Material,
das die Kunst aufzuweisen hat.
Besitz von Dr. Alfred Cassirer dem Be-
sitz der staatlichen Museen erst die Abrun-
dung gegeben haben, ohne die auch eine so
untadelige Anordnung wie die Prof. Kühnels
nicht diese äußerste Intensität künstlerischen
Schauens erwirkt hätte, die hier erreicht ist.
W. R. D e u s c h
Meisterwerke
der Webekunst
Kaiser-Friedrich-Museum
Berlin
Vordringlich bleiben zwei technische, in
Anbetracht der Gesamtwirkung nebensächlich
und doch prinzipiell wichtige Forderungen: die
Frage der Beschriftung — vorläufig proviso-
risch gelöst, doch allgemein und in diesem
Falle prinzipiell akut —, und der dringliche
Ersatz vieler alter Vitrinen durch neue For-
men, wie er in unserer Abbildung auf dieser
Seite vorbildlich gelöst erscheint. Die
auf Konto vordringlichen, übrigens im ganzen
Neubau auf Konto des ausführenden Archi-
tekten L. Hoffmann zu buchenden architek-
tonischen Unmöglichkeiten, wie der
operettenhaft und baulich unangenehm
wirkende Fensterdurchbruch vom Raqqa-Saal
auf die darunterliegenden Rekonstruktionen
Vielleicht darf die Schau „Meisterwerke
der Webekunst von der Spätantike bis zum
Klassizismus“, die als vierte Sonderausstellung
der Staatlichen Museen Berlin im Erdgeschoß
des Kaiser-Friedrich-Museums am 21. Dezem-
ber eröffnet wurde, als die künstlerisch er-
freulichste und wissenschaftlich fruchtbarste
und anregendste Veranstaltung in der bis-
herigen Reihe dieser thematisch abgegrenzten
Ausstellungen bezeichnet werden. Bringt sie
doch zum erstenmal einen geschlossenen, wirk-
lich entwicklungsgeschichtlich beinahe lücken-
losen Überblick über ein Sammelgebiet der
Berliner Museen, dessen wissenschaftlicher
Bearbeitung sich seit Bode und Falke eine
große Reihe Berliner Museumsbeamter wie
der Babylonischen Prozessionsstraße — der
wohl nach Vorschlag von Prof. Kühnel durch
Einsetzen eines durchbrochenen Holzfensters
wenigstens in seiner Wirkung gemildert wer-
den kann — und die ungemäße, Blick und
Fernwirkung beeinträchtigende romanische
Pfeilerfront zwischen dem Durchgangsraum
zum Mschatta-Saal — leider technisch unab-
änderlich verankert — können nicht wesenlich
den Gesamteindruck beeinflussen. Dagegen
ist zu erwähnen, daß die Schenkung der
Sammlung Sarre und die neuerdings er-
folgten Leihgaben herrlicher Teppiche aus dem
' abta-JSa-a-i (itaum
der neuen Islamischen Kunstabteilring der Berliner Museen
Haben Sie schon
„SIMPLEX : Das komplizierte Dasein“
bestellt ?
— ihren Abschluß. Die gesamte Planung ist
in ihren Grundzügen erfüllt: um den Pol des
Pergamonmuseums gruppieren sich folgerichtig
nach der einen Seite das Deutsche Museum
und die europäischen Sammlungen im Kaiser-
Friedrich-Museum, nach der anderen die
vorderasiatisch-islamischen Abteilungen und
die Antiken-Museen. Unerfüllt bleibt leider
immer noch auch bei dieser dritten Eröffnung
im neuen Baukomplex der mit der Vergröße-
rung der Schausammlungen immer dringender
werdende Wunsch nach der vieldiskutierten
Brücke über den Kupfergraben, die einen di-
rekten Zugang zum Neubau schafft und die er-
müdende Wanderung durch die älteren Mu-
seumsbauten endlich unnötig macht.
Die islamische Abteilung, 1904 mit der Er-
werbung eines Teiles der Mschatta-Fassade
von Bode begründet und in den 28 Jahren
ihres Bestehens von ihm und seinen Mitar-
beitern Sarre und Kühnel zum besten
Islam-Museum Europas nach Qualität und Sy-
stematik ausgebaut, führte bisher in wenigen
dunklen Erdgeschoßräumen des Kaiser-
Friedrich-Museums ein Dasein, das weder den
künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten dieser
Kunst ein Eigenleben ermöglichte, noch ihre
Bedeutung darzutun vermochte. Trotzdem war
die Aufgabe, die Prof. D r. Ernst Kühnel,
der Direktor der Abteilung, mit der Neuauf-
stellung zu bewältigen hatte, keine einfache:
handelte es sich einerseits darum, eine rein
ornamental-flächenhiaft-bildlose Kunst schau-
mäßig interessant zu gestalten — einzig-
ordentlich günstig lagen, daß insbesondere die
Größe der Säle und die Lichtverhältnisse in
besonders harmonischen Beziehungen standen:
trotzdem bedeutet die hier vollbrachte
Leistung, museumstechnisch und künstlerisch,
eine Tat. Aus der grundsätzlichen Gegeben-
heit von Farbe und Ornament ist hier eine
entwicklungsmäßige Abfolge entstanden, die
nirgends eintönig wirkt, die jedes Einzelobjekt
lebendig und doch im Zusammenhang des
Ganzen s o zur Anschauung bringt, daß der
Besucher gefesselt, interessiert, bisweilen über-
wältigt wird. Die Regie steigert sich von
den frühen sassanidischen Funden (mit groß-
artigen Metallarbeiten!) über den Ktesiphon-
und Samarra-Saal bis zu dem Oberlichtsaal,
der die historisch so viel umstrittene, jetzt
endgültig um 742 datierte und glücklich
von Ergänzungen befreite Mschatta-Fassade —
künstlerisch einzigartiger Höhepunkt früh-
islamischer Kunst (siehe Abbildung),
wissenschaftlich umstrittenstes Objekt islami-
scher Kunstforschung zwischen Strzygowski,
Glück, Diez, Berchem, Herzfeld, Kühnel u. a.
— zu einer die des Pergamonaltares weit über-
treffenden Wirkung bringt, und sie hält Niveau
durch die schönen Säle, die die Blüte persischer
und türkischer Kunst mit einzigartigen Bei-
spielen der Keramik und Teppichweberei bis
zum Miniaturen-Raum — Wechselausstellun-
Inhalt Nr. 1
Das Auktionsjahr 1932 (m. Abb.) . . .1,2
D r. W. R. D e u s c h :
Neueröffnung der Islamischen Kunstabteilung
der Berliner Staatlichen Museen (m. 2 Abb.) 2
Meisterwerke der Webekunst. 2
D r. E. M. Hajos:
Römische und mittelalterliche Kunst in
Budapest (m. Abb.). 3
Berichterstattung? . 3
Berliner Künstler zu Hause:
Erich Heckel (m. Abb.). 3
Ausstellungen: .3, 4
Neuere spanische Kunst — Herbstausstellung
in Oberschlesien
A u k t i o n s v o r b e r i c h t e. 4
Auktionsnachberichte’. 4
Preisberichte . 4
Ausstellungen der Woche. 5
Literatur . 5
Auktionskalender. 5
Nachrichten von Überall (m. 2 Abb.) 6
Die kleine Geschichte: Die Trouvaille 6
Rembrandt, Hühner rupfende Frau.1
Mschatta-Saal.2
Blick ind en Kairo-Saal.. : ■ • . ■ 2
Grabmal des kgl. Oberstkämmerers J. Stibor . . 3
E. II e c k e 1, Holzschnitt.3
Lu d wi g D ill, Bach in der Heide.4
M. SalomonReinacht.6
Törichte Jungfrau, Holz.6
Blick in den Kairo-Saal (Raum 6)
der neuen Islamischen Kunstabteilung der Berliner Museen
Wulff, Kühnel, Kümmel, Volbach u. a. in
grundlegenden Publikationen angenommen
haben, dessen umfangreiche, etwa 15 000 Num-
mern zählende Bestände jedoch — aus Raum-
wie Konservierungsgründen — bis auf wenige,
in den verschiedenen Abteilungen verstreute
Proben dem breiteren Publikum entzogen (bzw.
nur auf besonderem' Wunsch zugänglich) sind
und im Obergeschoß des Schloßmuseums ein
notgedrungen kaum beachtetes Dasein führen.
In den Händen des Betreuers dieser Schätze,
Prof. Robert Schmidt, und seiner Mit-
arbeiterin Dr. Dorothee Klein, der vor allem
der ausgezeichnet gearbeitete Katalog mit
seinen guten Abbildungen verdankt wird, lag
denn auch die Organisation dieser Schau, die,
entwicklungsmäßig gereiht, mit subtilstem
Geschmack in Auswahl und Anordnung,
gleicherweise nach technischen und künstleri-
schen Gesichtspunkten, in 135 Beispielen Mark-
steine der Textilkunst aus etwa siebzehn Jahr-
hunderten vereint.
Es überschritte den Rahmen dieses kurzen
Hinweises, auch nur einige der hervorragend-
sten Spitzenstücke aus diesem Material von
überraschend hochstehendem Niveau hervorzu-
heben, geschweige denn die künstlerische Ent-
wicklung dieses Gebietes ' auch nur zu
skizzieren: die kenntnisreiche Katalog-
einleitung von Dr. Klein erfüllt diese Auf-
gaben in genügender Weise. Nachdrücklich
hingewiesen werden1 muß dagegen auf die
hohen ästhetischen Werte, die hier dem Be-
sucher geboten werden, auf die künstlerische
Aktualität dieser farbenfreudigen Ausstellung
in einer Zeit, in der sich das Interesse mehr
denn je wieder lebendiger Werkkunst zuwendet
und selbst im Begriffe steht, neue Wege auf
dem Gebiete der Textilweberei zu beschreiten.
— h
MARGRAF&CO
GMBH
ANTI Q U ITÄTE N
B E LLEVU E STR. 6
BERLIN W9-TELEFON LOTZOW 1148
DIE WELTKUNST
Jahrg. VII, Nr. 1 vom 1. Januar 1933
gen Sevadjan (13./14. April) und Ge-
orges Blumenthal (1./2. Dezember) —
welch letztere mit ihren Werken des Dixhui-
tieme ein Gesamtergebnis von beinahe 8% Mil-
lionen ffr. zu verzeichnen hatte —, in Amster-
dam durch die der Sammlungen Oriol a (12.
bis 15. April) und der Herbstversteigerungen
bei F. Mensing (25.—27. Oktober), in N e w
York durch solche der Kollektionen Mar-
quess of Curzon of Kedleston (Bou-
cher: $ 21000; Vigee-Lebrun: $ 16 500) und
Kleinberger (Rembrandt: $ 26 000, siehe
Abbildung Seite 1), um nur einige allgemein
interessierende Momente zu nennen, gekenn-
zeichnet: gekennzeichnet als kunsthändlerisch-
auktionatorische Möglichkeiten zur wirk-
lichen Realisierung des wirklichen Kunst-
wertes.
Auf dem Gebiete der Graphik haben die
Frühjahrs- und Herbstauktionen bei C. G.
B o e r n e r ein nicht weniger geradliniges Bild
erbracht, wie unsere ausführlichen Berichte
über diese wichtigsten Ereignisse des Graphik-
marktes zeigen (vgl. „Weltkunst“, Jg. VI,
Nr. 19 und Nr. 46). Der Buchfreund darf vor
allem auf die ausgezeichneten Ergebnisse
der Versteigerungen der Lothian-Biblio-
thek (New York, 27./28. Januar) mit einem
Gesamtergebnis von $ 410 000, der Bibliothek
Chester Beatty (Sotheby, 7. Juni)
mit einem Resultat von £ 23 053, der Auktio-
nen von Gilhofer & Ranschburg (14.
und 15. Juni), Bibliothek Herzog Robert
von Parma (Hoepli, Paris, 30. Mai), der
Züricher Hoepli-Auktion vom 14. Oktober oder
der der illuminierten Manuskripte durch G i -
ard-Andrieux (Paris, 19. November), der
der Inkunabeln durch Karl & Faber (Mün-
chen) und Joseph Baer (Frankfurt a. M.)
hingewiesen werden, die dasselbe günstige
Bild wie die reinen Kunstauktionen zeigten.
An unsere Abonnenten!
In Verfolg unserer Ankündigungen
in den vorhergehenden Nummern
werden wir, Ihr Einverständnis vor-
aussetzend, uns erlauben, die Abon-
nementsgebühr nach dem 5. Januar
durch Nachnahme zu erheben. Wir
richten an diejenigen unserer Leser,
die ihr Abonnement noch nicht be-
zahlt haben, die Bitte, nunmehr für
die Nachnahme den Quartals-
Betrag von 4,90 M. (bzw. 5,90 M.)
für den Briefträger gefälligst be-
reitzulegen.
NEUEROFFNUNG
WELTKU N ST-VE RLAG
der Islamischen Kunstabteilung
der Berliner Staatlichen Museen
Mit der am 17. Dezember erfolgten Eröff-
nung der islamischen Kunstabteilung im Ober-
geschoß des Flügels des neuen Museumsbaues,
der bereits die vorderasiatische Abteilung be-
herbergt, ist nicht nur das Kaiser-Friedrich-
Museum endgültig von allen Bestandteilen ent-
lastet, deren Überführung in den Neubau ge-
plant war, sondern findet auch die Aufstellung
im Messelschen Bau — bis auf die noch zu
erwartenden Erweiterungen im Untergeschoß
stehende Aufgabe innerhalb der Museen — und
deren spezifische Werte und Absichten kennt-
lich zu machen, so andererseits, mit lange vor-
her geplanten, alle „Museumskriege“ über-
dauernden Raum-Möglichkeiten sich ausein-
andersetzen zu müssen. Man darf nicht ver-
kennen, daß die architektonischen Voraus-
setzungen — von wenigen später zu erwähnen-
den Ausnahmen abgesehen — im Verhältnis zu
denen z. B. des Deutschen Museums außer-
gen reicher Bestände Vorbehalten — hervor-
zaubern. Wir glauben bei immer wiederholtem
Rückgang zu fühlen, daß kaum ein Berliner
Museum von einer so gesteigerten Dynamik
erfüllt, von einer solchen Diszipliniertheit des
ausgewählten Materials beherrscht, von einer
solchen Dramatik historischen Ablaufs be-
herrscht ist wie gerade die Islamische Abtei-
lung, aktuell in Form und Technik, doch
subtil gestaltet mit dem „sprödesten“ Material,
das die Kunst aufzuweisen hat.
Besitz von Dr. Alfred Cassirer dem Be-
sitz der staatlichen Museen erst die Abrun-
dung gegeben haben, ohne die auch eine so
untadelige Anordnung wie die Prof. Kühnels
nicht diese äußerste Intensität künstlerischen
Schauens erwirkt hätte, die hier erreicht ist.
W. R. D e u s c h
Meisterwerke
der Webekunst
Kaiser-Friedrich-Museum
Berlin
Vordringlich bleiben zwei technische, in
Anbetracht der Gesamtwirkung nebensächlich
und doch prinzipiell wichtige Forderungen: die
Frage der Beschriftung — vorläufig proviso-
risch gelöst, doch allgemein und in diesem
Falle prinzipiell akut —, und der dringliche
Ersatz vieler alter Vitrinen durch neue For-
men, wie er in unserer Abbildung auf dieser
Seite vorbildlich gelöst erscheint. Die
auf Konto vordringlichen, übrigens im ganzen
Neubau auf Konto des ausführenden Archi-
tekten L. Hoffmann zu buchenden architek-
tonischen Unmöglichkeiten, wie der
operettenhaft und baulich unangenehm
wirkende Fensterdurchbruch vom Raqqa-Saal
auf die darunterliegenden Rekonstruktionen
Vielleicht darf die Schau „Meisterwerke
der Webekunst von der Spätantike bis zum
Klassizismus“, die als vierte Sonderausstellung
der Staatlichen Museen Berlin im Erdgeschoß
des Kaiser-Friedrich-Museums am 21. Dezem-
ber eröffnet wurde, als die künstlerisch er-
freulichste und wissenschaftlich fruchtbarste
und anregendste Veranstaltung in der bis-
herigen Reihe dieser thematisch abgegrenzten
Ausstellungen bezeichnet werden. Bringt sie
doch zum erstenmal einen geschlossenen, wirk-
lich entwicklungsgeschichtlich beinahe lücken-
losen Überblick über ein Sammelgebiet der
Berliner Museen, dessen wissenschaftlicher
Bearbeitung sich seit Bode und Falke eine
große Reihe Berliner Museumsbeamter wie
der Babylonischen Prozessionsstraße — der
wohl nach Vorschlag von Prof. Kühnel durch
Einsetzen eines durchbrochenen Holzfensters
wenigstens in seiner Wirkung gemildert wer-
den kann — und die ungemäße, Blick und
Fernwirkung beeinträchtigende romanische
Pfeilerfront zwischen dem Durchgangsraum
zum Mschatta-Saal — leider technisch unab-
änderlich verankert — können nicht wesenlich
den Gesamteindruck beeinflussen. Dagegen
ist zu erwähnen, daß die Schenkung der
Sammlung Sarre und die neuerdings er-
folgten Leihgaben herrlicher Teppiche aus dem
' abta-JSa-a-i (itaum
der neuen Islamischen Kunstabteilring der Berliner Museen
Haben Sie schon
„SIMPLEX : Das komplizierte Dasein“
bestellt ?
— ihren Abschluß. Die gesamte Planung ist
in ihren Grundzügen erfüllt: um den Pol des
Pergamonmuseums gruppieren sich folgerichtig
nach der einen Seite das Deutsche Museum
und die europäischen Sammlungen im Kaiser-
Friedrich-Museum, nach der anderen die
vorderasiatisch-islamischen Abteilungen und
die Antiken-Museen. Unerfüllt bleibt leider
immer noch auch bei dieser dritten Eröffnung
im neuen Baukomplex der mit der Vergröße-
rung der Schausammlungen immer dringender
werdende Wunsch nach der vieldiskutierten
Brücke über den Kupfergraben, die einen di-
rekten Zugang zum Neubau schafft und die er-
müdende Wanderung durch die älteren Mu-
seumsbauten endlich unnötig macht.
Die islamische Abteilung, 1904 mit der Er-
werbung eines Teiles der Mschatta-Fassade
von Bode begründet und in den 28 Jahren
ihres Bestehens von ihm und seinen Mitar-
beitern Sarre und Kühnel zum besten
Islam-Museum Europas nach Qualität und Sy-
stematik ausgebaut, führte bisher in wenigen
dunklen Erdgeschoßräumen des Kaiser-
Friedrich-Museums ein Dasein, das weder den
künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten dieser
Kunst ein Eigenleben ermöglichte, noch ihre
Bedeutung darzutun vermochte. Trotzdem war
die Aufgabe, die Prof. D r. Ernst Kühnel,
der Direktor der Abteilung, mit der Neuauf-
stellung zu bewältigen hatte, keine einfache:
handelte es sich einerseits darum, eine rein
ornamental-flächenhiaft-bildlose Kunst schau-
mäßig interessant zu gestalten — einzig-
ordentlich günstig lagen, daß insbesondere die
Größe der Säle und die Lichtverhältnisse in
besonders harmonischen Beziehungen standen:
trotzdem bedeutet die hier vollbrachte
Leistung, museumstechnisch und künstlerisch,
eine Tat. Aus der grundsätzlichen Gegeben-
heit von Farbe und Ornament ist hier eine
entwicklungsmäßige Abfolge entstanden, die
nirgends eintönig wirkt, die jedes Einzelobjekt
lebendig und doch im Zusammenhang des
Ganzen s o zur Anschauung bringt, daß der
Besucher gefesselt, interessiert, bisweilen über-
wältigt wird. Die Regie steigert sich von
den frühen sassanidischen Funden (mit groß-
artigen Metallarbeiten!) über den Ktesiphon-
und Samarra-Saal bis zu dem Oberlichtsaal,
der die historisch so viel umstrittene, jetzt
endgültig um 742 datierte und glücklich
von Ergänzungen befreite Mschatta-Fassade —
künstlerisch einzigartiger Höhepunkt früh-
islamischer Kunst (siehe Abbildung),
wissenschaftlich umstrittenstes Objekt islami-
scher Kunstforschung zwischen Strzygowski,
Glück, Diez, Berchem, Herzfeld, Kühnel u. a.
— zu einer die des Pergamonaltares weit über-
treffenden Wirkung bringt, und sie hält Niveau
durch die schönen Säle, die die Blüte persischer
und türkischer Kunst mit einzigartigen Bei-
spielen der Keramik und Teppichweberei bis
zum Miniaturen-Raum — Wechselausstellun-
Inhalt Nr. 1
Das Auktionsjahr 1932 (m. Abb.) . . .1,2
D r. W. R. D e u s c h :
Neueröffnung der Islamischen Kunstabteilung
der Berliner Staatlichen Museen (m. 2 Abb.) 2
Meisterwerke der Webekunst. 2
D r. E. M. Hajos:
Römische und mittelalterliche Kunst in
Budapest (m. Abb.). 3
Berichterstattung? . 3
Berliner Künstler zu Hause:
Erich Heckel (m. Abb.). 3
Ausstellungen: .3, 4
Neuere spanische Kunst — Herbstausstellung
in Oberschlesien
A u k t i o n s v o r b e r i c h t e. 4
Auktionsnachberichte’. 4
Preisberichte . 4
Ausstellungen der Woche. 5
Literatur . 5
Auktionskalender. 5
Nachrichten von Überall (m. 2 Abb.) 6
Die kleine Geschichte: Die Trouvaille 6
Rembrandt, Hühner rupfende Frau.1
Mschatta-Saal.2
Blick ind en Kairo-Saal.. : ■ • . ■ 2
Grabmal des kgl. Oberstkämmerers J. Stibor . . 3
E. II e c k e 1, Holzschnitt.3
Lu d wi g D ill, Bach in der Heide.4
M. SalomonReinacht.6
Törichte Jungfrau, Holz.6
Blick in den Kairo-Saal (Raum 6)
der neuen Islamischen Kunstabteilung der Berliner Museen
Wulff, Kühnel, Kümmel, Volbach u. a. in
grundlegenden Publikationen angenommen
haben, dessen umfangreiche, etwa 15 000 Num-
mern zählende Bestände jedoch — aus Raum-
wie Konservierungsgründen — bis auf wenige,
in den verschiedenen Abteilungen verstreute
Proben dem breiteren Publikum entzogen (bzw.
nur auf besonderem' Wunsch zugänglich) sind
und im Obergeschoß des Schloßmuseums ein
notgedrungen kaum beachtetes Dasein führen.
In den Händen des Betreuers dieser Schätze,
Prof. Robert Schmidt, und seiner Mit-
arbeiterin Dr. Dorothee Klein, der vor allem
der ausgezeichnet gearbeitete Katalog mit
seinen guten Abbildungen verdankt wird, lag
denn auch die Organisation dieser Schau, die,
entwicklungsmäßig gereiht, mit subtilstem
Geschmack in Auswahl und Anordnung,
gleicherweise nach technischen und künstleri-
schen Gesichtspunkten, in 135 Beispielen Mark-
steine der Textilkunst aus etwa siebzehn Jahr-
hunderten vereint.
Es überschritte den Rahmen dieses kurzen
Hinweises, auch nur einige der hervorragend-
sten Spitzenstücke aus diesem Material von
überraschend hochstehendem Niveau hervorzu-
heben, geschweige denn die künstlerische Ent-
wicklung dieses Gebietes ' auch nur zu
skizzieren: die kenntnisreiche Katalog-
einleitung von Dr. Klein erfüllt diese Auf-
gaben in genügender Weise. Nachdrücklich
hingewiesen werden1 muß dagegen auf die
hohen ästhetischen Werte, die hier dem Be-
sucher geboten werden, auf die künstlerische
Aktualität dieser farbenfreudigen Ausstellung
in einer Zeit, in der sich das Interesse mehr
denn je wieder lebendiger Werkkunst zuwendet
und selbst im Begriffe steht, neue Wege auf
dem Gebiete der Textilweberei zu beschreiten.
— h
MARGRAF&CO
GMBH
ANTI Q U ITÄTE N
B E LLEVU E STR. 6
BERLIN W9-TELEFON LOTZOW 1148