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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 7.1933

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Nr. 25 (18. Juni)
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18. JUNI 1933

ARTofthe^NO RLD ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT

VII. JAHRGANG, Nr. 25
Nsr
LMONDE*ARIS

DAS INTERNATIONALE ZENTRALORGAN FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT

Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G.m.b.H.,
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WERTHEIM-BIBLOGRAPHIKON
Inh. Dr. Hans Wertheim Alte Graphik / Gotik bis Biedermeier Berlin W9, Lennestr. 7. Lützow 4512

Das Wiener
Diözesanmuseum

Das neugegründete Diözesanmuseum — das
sechste der seit dem Umsturz ins Leben ge-
rufenen Wiener Museen — bedeutet die Ver-
wirklichung eines um Jahrzehnte zurück-
reichenden Planes, der seine Durchführung
der Initiative des neuen Erzbischofs, Kardi-
nal Dr. Th. Innitzer, und seines künstle-
rischen Beraters, Monsign. J. Popp, dankt.
Entsprechend einem, bereits von dem Vor-
gänger Innitzers, Kardinal Erzbischof Dr. F.
G. Piffl, gehegten Wunsch, wurde ein Teil der


Monstranz aus der Pfarre Pottenstein
Wien, Diözesan-Museum

Empfangsräume des erzbischöflichen Palastes
den Zwecken des Museums dienstbar gemacht.
Bei der Einrichtung desselben (an der Hofrat

Univ.-Prof. H. J. Hermann, die Custoden
Dr. Dworschak und Dr. Pink vom Kunst-
historischen Museum und Dr. J. Schmidt
vom Bundesdenkmalamt beteiligt waren)
ging man von der Absicht aus, an versteckten
und der Öffentlichkeit sonst nicht zugäng-
lichen Orten befindliche kirchliche Kunst-
werke des Wiener Sprengeis zu vereinen. Das
heute noch in den Anfängen steckende
Museum bedeutet somit eine wichtige Ergän-
zung der Wiener staatlichen Kunstsamm-
lungen.
Über eine breite, prunkvolle Barocktreppe,
welche in das erste Geschoß hinaufführt, ge-
langt man in einen Korridor, dessen Wände
mit vlämischen Gobelins des 17. Jahrhunderts
behängt sind. In den verglasten Wandnischen
befinden sich Prachtornate des Barock aus
dem Besitz des Metropolitankapitels von
St. Stephan.
In den zwei anschließenden Sälen (siehe
Abbildung) sind Kunstwerke der Gotik unter-
gebracht, darunter zwei Flügelbilder (Verkün-
digung und Krönung Mariä) vom Hochaltar
von „Maria am Gestade“. Beachtenswerte
Schöpfungen eines von der gleichzeitigen nie-
derländischen Kunst beeinflußten, unbekann-
ten Wiener Meisters um 1460, in dessen Werk-
statt wohl auch das verwandte, aber
schwächere Stifterbild der gleichen Kirche
entstanden sein dürfte. Ein Glanzstück der
Sammlung ist der bekannte Kreuzigungsaltar
des H. Schäuffelein aus dem erzbischöflichen
Schloß in Ober-St. Veit bei Wien (um 1508).
Zwettl hat eine anmutsvolle Madonna mit
Kind von der Hand L. Cranachs d. Ae. beige-
steuert. Von nicht geringerer künstlerischer
als bildgeschichtlicher Bedeutung ist das sehr
persönlich aufgefaßte Bild Rudolfs des Stif-
ters (um 1365), dessen aus persischem Gold-
brokat verfertigtes Totenkleid (gleich dem
Bildnis Eigentum des Metropolitankapitels)
gleichfalls zur Schau gestellt ist. Nur schade,
daß es in der Vitrine, in der es liegt — weit
angezeigter wäre es gewesen, das Gewand von
allen Seiten sichtbar unter Glas zu hängen —,
gar nicht zur Geltung kommt.
Eine besonders heikle museale Aufgabe,
die Aufstellung von Großplastiken, ist, wie
die dem Beschauer allzu nahe gerückten Bau-
plastiken von St. Stephan beweisen, auch hier
nicht restlos gelöst. Eine künstlerisch sehr
beachtenswerte Plastik, eine Madonna mit
Kind aus dem 14. Jahrhundert, die den Ein-
fluß des Kreises um Giovanni Pisano bekun-
det, dankt das Museum der Pfarre Thernberg.
Die Schutzmantel-Madonna der Pfarre
Schwarzau am Steinfeld (aus dem Anfang des
15. Jahrhunderts) bedeutet auf österreichi-

schem Boden, wo dieser Typus ungewohnt ist,
ein Unikum. Von Graf H. Wilczek wurde eine
schöne, als „südböhmisch“ angesprochene
Pieta aus dem frühen 15. Jahrhundert leih-
weise zur Verfügung gestellt.
Unter den in den Vitrinen aufbewahrten
Gegenständen mittelalterlicher Kunst lenken
zumal die dem „Verduner Altar“ in Kloster-
neuburg nahestehenden Grubenschmelztafeln
aus der Reliquienkammer von St. Stephan, mit

stadt“ hat das um 1600 angefertigte Leopolds-
reliquiar hergeliehen, das einen Handknochen
des hl. Leopold birgt (Abbildung S. 2). In
der Art der alten Stammbaumdarstellungen
entsendet der Behälter (dessen Türen mit Re-
liefs aus der Gründungssage von Klosterneu-
burg bedeckt sind) seitlich Zweige, in denen
die Gestalten der Babenberger eingeordnet
sind. Aus der Pfarre Pottenstein ist eine
prunkhafte spätbarocke Monstranz in das

Gotischer Saal des Wiener Diözesan-Museums


Darstellungen aus dem Alten Testament, das
Augenmerk auf sich. Von nicht geringem
Interesse sind auch zwei „syrische“ Glas-
flaschen des 13. Jahrhunderts mit Reiterbil-
dern in Emailfarben. Aus der Reliquienkammer
von St. Stephan stammen auch ein reichver-
ziertes spätgotisches Pastorale und ein mit
farbenprächtigen Miniaturen geschmücktes
Missale aus dem Ende des 15. Jahrhunderts.
Eines der Hauptstücke, und unstreitig eine
der edelsten Arbeiten österreichischer kirch-
licher Goldschmiedekunst der Spätgotik ist die
Monstranz aus Prigglitz am Schneeberg. Sie
ist um 1515 von einem Pfarrer aus Prigglitz,
der sich, von Wölfen verfolgt, auf einen Baum
geflüchtet hatte, wo er eine ganze Nacht hin-
durch ausharren mußte, nach seiner glück-
lichen Rettung gestiftet worden.
In dem Barocksaal schmücken Bilder von
Spillenberger, K. Skreta, J. M. Rottmayr, Da-
niel Gran die Wände. Paramente und kirch-
liche Geräte (Kelche, Monstranzen und Re-
liquiare) füllen Kästen und Vitrinen. Die
Pfarre St. Leopold in der Wiener „Leopold-

Museum gelangt, die den Baum Jesse dar-
stellt (siehe Abbildung). Stephan von
Mauthner hat dem Museum eine große, mit
figuralen Reliefs geschmückte astronomische
Wanduhr leiweise überlassen. Von den Mö-
beln fallen durch die Pracht ihrer Arbeit und
die Schönheit der Maßverhältnisse insbeson-
dere ein reich geschnitzter, mit niellierten
Beinplatten verkleideter Prunkschrank und ein
dazugehöriger Tabernakelkasten aus dem Be-
sitz des Wiener Erzbistums auf, Arbeiten
einer süddeutschen Werkstatt vom Ausgang
des 17. Jahrhunderts.
Der letzte Raum, ein kleines Kabinett, in
dem sich die Bozzetti des Giovanni Giuliani
aus Heiligenkreuz befinden, ist hauptsächlich
der Kunst der Nazarener (Kuppelwieser,
Schnorr von Carolsfeld u. a. m.) gewidmet.
Die kirchliche Renaissanceplastik soll noch
im Laufe dieses Jahres in der Andreaskapelle
des erzbischöflichen Palastes zur Aufstellung
gelangen. Der Arkadenhof ist für ein Lapi-
darium in Aussicht genommen.
Dr. Stephan Poglayen-Neuwall

J| EfXEP LONDON BRUSSELS
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