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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 7.1933

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Nr. 29 (16. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44613#0123
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DAS INTERNATIONALE ZENTRALORGAN FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT


Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. b. H.,
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin».
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reich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3,25; Schweiz und die nicht ange-
führten Länder sfrs. 7; Übersee § 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4,50

WERTHEIM-BI BLOGRAPH1KON
Inh. Dr. Hans Wertheim Alte Graphik / Gotik bis Biedermeier Berlin W9, Lennestr. 7. Lützow 4512

KUNST IN MÜNCHEN

Vermächtnis
Bassermann-Jordan
In dem ehemaligen kleinen Kopiersaal des
Bayerischen Nationalmuseums
wird Direktor Dr. H. Buchheit von nun an
Sonderausstellungen veranstalten. Es sollen
darin sowohl gesonderte Gruppen, die aus den
ungeheuren Beständen der Sammlung heraus-
gezogen werden, in besserer Übersichtlichkeit
vereinigt, wie auch Neuzugänge gezeigt wer-
den. Den Anfang macht der bedeutendste Zu-
wachs, den das Museum jemals zu verzeichnen
batte, das Vermächtnis des Kunsthistorikers
Dr. von Bassermann-Jordan. Trotz seines uni-
versellen Wissens war sein Hauptgebiet, seine
Passion als Forscher und Sammler, von Anbe-
ginn die Zeitmeßkunde. In seiner „Geschichte

der Räderuhren“, in dem weitverbreiteten
Sammlerbuch „Uhren“, in einer leider unvoll-
endet gebliebenen „Geschichte d. Zeitmessung
u. d. Uhren“ hat er seine umfassenden
Forschungen niedergelegt. Auch in seinem
Vermächtnis kommen sie zum Ausdruck: schon
ein zahlenmäßiger Überblick gibt eine Vor-
stellung von der Bedeutung dieser Sammlung.
Sie umfaßt an Räder- und Sonnenuhren, Astro-
labien usw. 175 Stück, an Medaillen und
Münzen, die damit im Zusammenhang stehen,
2000 Stück, ebenfalls 2000 ist die Zahl der
Bücher über Zeitmeßkunde, darunter wertvolle
Inkunabeln und die fast vollständige Literatur
über Sonnenuhren. Dazu kommen 2000 Ab-
bildungen und Photos und 400 Bände über
Mode.
Bei dem Umfang der Sammlung müssen wir
uns auf die Hervorhebung einiger besonderer
Objekte beschränken. Das pompöseste Stück
ist die große astronomische Kunstuhr des
Augustinerpaters Aurelius a Sant Daniele
(1770, Wien). Sie ist im mechanischen Teil —
sogar die Schaltjahre sind berücksichtigt! —
ein Wunderwerk, aber auch künstlerisch eine
bedeutende Leistung. Es folgen prachtvolle

Typen holländischer (Jan Henkels, Amsterd.
1730), englischer (Thomas Martin, London,
1730), Münchener (Paulus Graf, 1770) und
schweizer (Jakob Knoller, Winterthur, 1749)
Kastenuhren, zwei gotische, eiserne Turm-
uhren, so genant nach den fialenbekrönten Eck-
pfeilern des Gehäuses, eine hervorragende
Kunstuhr des bekannten Pfarrers, Uhren- und
Wagenbauers Matthäus Hahn in Kornwestheim
bei Stuttgart (1810), eine Prunkuhr von Bailly
d. J. (Paris um 1805), eine Kombination von
Räder- und Sonnenuhr von David Buschmann
(Augsburg um 1660), eine Automatenuhr (süd-
deutsch um 1600) u. v. a. Ebenfalls süddeutsch
ist eine prachtvolle Prunktischuhr um 1570.
Tisch- und Reiseuhren tragen die Signaturen
der Meister Bergmann (Augso. um 170u),
Poperling (Paderborn um 1720), Bölzner und
Courvoisier (beide um 1700).
Ein interesantes Instrument ist der massive
Wegmesser, der für Herzog Johann i. J. 1584
angefertigt wurde (den
frühesten, von dem wir
wissen, besaß Kaiser
Karl IV.).
Die astronomischen
Instrumente und die
meisten Sonnenuhren
sind ausgesucht kost-
bare und schöne Exem-
plare aus vergoldeter
Bronze. Ein berühmtes
Werk, um das sich
neuerdings Holland wie-
der bewirbt, ist die Ar-
millarsphäre des Gualie-
rus Arsenicus aus Löwen
(um 1573). Unter den
Astrolabien finden wir
ein deutsches (1447),
ein kufisch-arabisches
(um 1300), ein persi-
sches (um 1700) und ein
süddeutsches (um 1650).
Die Sonnenuhren
haben von je der Phan-
tasie den weitesten
Spielraum gegeben. Sie
finden sich in der Samm-
lung in allen möglichen
Formen und erlesenster Arbeit. Wir erwähnen
das bekannte Stück in Kreuzform (Markus
Purmann, München 1601), eine Horizontal-
Sonnenuhr desselben Meisters (1607), eine
Sonnenuhr, die zugleich als Jagdpfeife diente
und die reizende Mittagskanone, deren Schuß
von der Sonne um 12 Uhr losgebrannt wurde.
Taschensonnenuhren finden wir von den Augs-
burger Meistern Ulr. Klieber (1557) und Christ.
Schießler (1573). Ferner von dem schon er-
wähnten Erasm. Habermehl (Prag 1573), von
dem auch zwei Instrumente für Zeitgleichung
stammen. Die elfenbeinernen Sonnenuhren sind
meist von Nürnberger Meistem gefertigt
worden.
Die Münzen- und Medaillen-Sammlung ist
in ihren Grenzen von einer Vollständigkeit, die
nicht zu überbieten ist. Naturforscher, be-
rühmte Uhrmacher, Astronomen, Astrologen,
Alchimisten und Mathematiker sind hier zu
finden.
II.
Alt-Peru
In den Ausstellungssälen des Münchener
Völkerkundemuseums sind z. Zt. die

Vermächtnis Bassermann-Jordan
Bayerisches Nationalmuseum, München


Ergebnisse der Forschungsreisen zu sehen,
welche Dr. Doering ins westliche Peru unter-
nommen hat. Richtig gesagt ist diese im-
ponierende Kollektion nur erst eine Auswahl
der gesamten Ausbeute: der Rest harrt in den
Magazinen noch der Sichtung.
Selbst dem Laien müssen die geschmack-
voll und instruktiv aufgebauten Schätze die
Vorstellung erwecken, daß der Wissenschaft
hier ganz neue Einblicke in die Kulturschichten
des alten Peru geboten werden. Am augen-
fälligsten ist das Aufeinanderfolgen verschie-
dener Kulturen auch hier in der Keramik zu
erkennen. Die reiche, kleinfigurige Ornamentik,
die großzügige, mit kaum noch erkennbarer
Naturanlehnung, oder gar eine Bemalung, wie
sie die mächtige Urne mit dem prachtvoll hin-
gesetzten großen Affen zeigt, können nicht als
Stadien eines und desselben Stiles, sondern nur
als typische Erzeugnisse wechselnder Kulturen
angespiDeiUiii werden. Nicht weniger Kommt
diese Vielfältigkeit auch in den Textilien zum
Ausdruck, wobei die Web-, Knüpf- und
Stickereitechniken noch weitere Anhaltspunkte
liefern. Ohne Zweifel wird das von Dr. Doering
mitgebrachte umfangreiche Material wert-
vollste Aufschlüsse liefern. Auch vom ästheti-
schen Standpunkt aus sind diese Mäntel,
Schleier, Einschlagtücher für Mumien, Bänder,
Kappen, Taschen usw. z. T. in einer Erhaltung,
der man das Alter von 500, ja 1000 und mehr
Jahren kaum ansieht, etwas ganz Einzigartiges.
Eine ganze Anzahl Gräber hat Dr. Doering in
der Ausstellung genau so angeordnet, wie er
sie fand. Diese Schächte, in die Flanken der
Berge getrieben und mit starken Bohlendecken
überdacht, lassen uns den guten Erhaltungszu-
stand vieler Funde verstehen. In der Grab-
kammer verteilt stehen die Gefäße für den
Totenkult, darunter stets zwei gleiche, meist
recht auffallend gestaltete Töpfe, die „Brüder“
(hermanos). Diese Stämme waren Kopfjäger
und so fehlen auch in den Gräbern diese
grausigen Trophäen, die Köpfe der Feinde,
nicht. Eine Darstellung auf einem Gefäß zeigt
die Bestattung einer kopflosen Leiche, deren
sich die Angehörigen bemächtigt hatten. Zu
den Totenrequisiten gehört auch die Schalmei,
kunstvoll in Ton nachgeahmt, die auch auf den


Altpcruanische Gewebe und Hauspfosten
Sonderausstellung: „Alt-Peru“
Staatliches Museum für Völkerkunde
München

Totenpfählen (s. Abb.) stets wiederkehrt. In
diese Pfähle wurde — oft unheimlich markant


Vermächtnis Bassermann-Jordan
Bayerisches Nationalmuseum, München

— das Bild des Verstorbenen eingeschnitzt: die
Ahnen als Träger des Hauses.
III.
Kunst der Höhlen
und Felsen
Im Ausstellungsgebäude des alten
botanischen Gartens zeigt der Leiter
des kulturmorphologischen Forschungs-
institutes in Frankfurt, Geheimrat Dr. Leo
Frobenius, eine in die Hunderte gehende
Auswahl der von ihm und seinen Mitarbeitern
in mehrfachen Reisen nach Afrika, oft in
wochenlanger mühevoller Arbeit hergestellten
Felsbilderkopien. Darunter Tafeln bis zu 10 m
Länge mit zahllosen Menschen- und Tier-
figuren. Diese kulturmorphologisch höchst be-
deutungsvollen Gebilde bringen den Beweis,
daß alle menschliche Kunst von Anbeginn stil-
gebunden ist. Bei diesen Felsbildern sind die
Stile nach Herkunft, Alter und Technik so
grundverschieden, daß die Unterschiede selbst
dem Laien in die Augen springen. Dem Alter
nach gehen die frühesten auf die Zeit der
europäischen Höhlenbilder zurück, die spätesten
sind im vorigen Jahrhundert entstanden. Afrika
kennt eben die gewaltigen Kulturumbrüche
nicht, die Europa über sich ergehen lassen
mußte. So gleichen manche südafrikanischen
Bilder den ostspanischen hinsichtlich der Dar-
stellung des Menschen, ohne daß bisher fest-
zustellen gewesen wäre, daß sie auch das
gleiche Alter haben. Der südliche Stil neigt
zur Polychromie und bevorzugt kompositionell

BRUMMER NEW-YORK
55, East 57th Street
 
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