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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 7.1933

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Nr. 43 (22. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44613#0183
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VII. JAHRGANG, Nr. 43

22. OKTOBER 193

WE

ART»/*WORLD LMONDEfcAKß
ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT
OFFIZIELLES ORGAN DES REICHSVERBANDES DES DEUTSCHEN KUNST- UND ANTIQUITÄTENHANDELS E. V. MÜNCHEN


FOHHMEiHMgi

Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G.m.b.H.,
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WERTHEIM-BIBLOGRAPHIKON
Inh. Dr. Hans Wertheim Alte Graphik / Gotik bis Biedermeier Berlin W9, Lennestr. 7. Lützow 4512

WESTFRONT 1933
Ausstellung rheinischer und westfälischer Künstler in Essen

Die große repräsentative Kunstausstellung
rheinischer und westfälischer Künstler in
Essen, die „Westfront 1933“, ist eine kultu-
relle Tat, die vom engeren Gebiet der bilden-
den Kunst her gesehen sogar die Tat
unserer Tage wurde. Mit einem Schlage
ist vorbildlich entschieden worden, was heute
als deutsche Kunst gelten kann, und wo ihre
Anfänge liegen.
Gerade für die bildende Kunst lagen bislang
die Dinge äußerst verwickelt. Hier herrschte
längst nicht die Klarheit, wie etwa auf dem
Gebiete des Bühnenstückes. Jede Landschaft,
ja jede Stadt hat sich hier anders entschieden.
Was dort hoch gehalten wurde, wurde hier in
die sog. „Schreckenskammern“ gehängt. Die
„Westfront 1933“, deren Schirmherr Dr.
Goebbels ist, hat durch den Ernst und die
Tiefe, mit der sie für den rheinisch-westfäli-
schen Landstrich zu Werke gegangen ist, einen
Entscheid herbeigeführt, der beispielhaft ist.
Das Wort eines Redners am Eröffnungstage
besteht zu Recht: Diese Ausstellung wird für
Jahre hinaus das deutsche Kunstleben be-
stimmen !
Das ist der tiefere Sinn dieser Ausstellung,
die Tat, die entscheidende Tat! Sie mußte
kommen, denn wir waren vielfach drauf und
dran, uns in Enge und Reaktion zu verlieren.
Nur ein Geschehen wie die „Westfront 1933“
konnte alle örtlich beschränkten und nicht offi-
ziellen Handlungen wieder wett machen, und
es hat sie wettgemacht.
Die „Westfront 1933“ steht, sie ist ragen-
der Markstein im kulturellen Neubau unserer
Tage. Weithin sichtbar für ganz Deutschland
und die übrige Welt hat man aus tiefer Liebe
zur Nation und aus großem Verantwortungs-
bewußtsein der Kunst gegenüber gewertet, be-
jaht, und bekennerhaft herausgestellt.
Westfront — wie einst im Weltkrieg
hier ein Wall gegen Überfremdung stand, wie
da die Nation durch Opfer und Kampf ihren
Willen zu ihrem Bestand und zum Leben be-
kannte, genau so will die „Westfront 1933“
Erprobte und Tüchtige sammeln zum Wohle
der deutschen Kunst.
Man hat die junge Kunst nicht nur in der
breiten Front gegenwärtigen Schaffens ge-
sammelt, nein man hat — ebenfalls von weit-
tragender Bedeutung — den Anbeginn der
neuen Kunst aufgezeigt, Expressionisten sind
als „Klassiker des modernen Gestaltens“ dieser
Ausstellung vorangestellt. Ein oft unwürdiger
und nicht immer aus künstlerischen Motiven
geführter Streit ist damit entschieden.
Auch die Veranstalter der „Westfront“,
voran der verdienstvolle W. Kelter, Gau-
referent für Kulturfragen der NSDAP, Gau
Essen, und Landesleiter des Kampfbundes für
deutsche Kultur Nordwest, wissen, daß neben
dem großen Können auch im Expressionismus
Phrase, Hohlheit, Unwürdiges steht. Aber die
führenden, die ursprünglichen Expressionisten
haben Unsterbliches geleistet. Ihre Kunst war
künstlerisch die erste Besinnung auf deutsche

Art. Sie haben der französischen Grundein-
stellung des Impressionismus, die kühle, klare
Beobachtung und rein formales Gestalten er-
forderte, das Bewußtsein von der Irrationali-
tät allen Seins gegenübergestellt. Geheimnis,
Hintergründiges, Wesenhaftes, suchte diese
Kunst zu fassen. Ihre sog. Widernatürlich-
keit ist sinnvoll, ihre „Verzerrung“ Ausdruck,
Verbundenheit mit dem wahren Leben, das

Phot. F. Wilmkis, Kettwig
F. W. Weber, Bildnis
Ausstellung „Westfront 1933“, Essen


nicht nur ein stofflich faßbares Außen ist,
sondern Offenbarung des Urmächtigen.
Dieses Letzte und Tiefste, dieses Innen aller
äußeren Erscheinung, wollte der Expressionis-
mus fassen. Mit Recht sehen wir deshalb im
Eingangsraum das Schaffen eines Lehm-
bruck zu herrlicher Gedenkausstellung ver-
eint, als Auftakt der großen Schau. Selten
haben diese Werke so glücklich gestanden. Un-
erhörte Spannkraft erfüllt die große
„Knieende“, „Den Denker“ und vieles andere.
Aber es ist gleichsam der Begriff des An-
Sich demütigen Kniens, des Denkens, das
zu uns spricht. Diese Kunst ist großartigste
Gebärde.
Auch Macke und Marc werden zu einem
großen Erlebnis. Die „Roten Pferde“ des
letzteren sind ein Bild von unerhörter Größe
und Kraft. Hier von „Kulturbolschewismus“
zu reden, heißt an der Kunst vorbeisehen!
Wie der Dreiklang der kraftvoll bewegten
Pferde mit der sie umgebenden bergigen Na-
tur zusammenstimmt, gleichsam zu einem Ur-

akkord, zu einem kosmischen Klang, der alles:
Leben und Sein, Mensch und Tier als irdisches
Symbol kosmischer Urgewalten verherrlicht,
gehört mih zu dem Schönsten und Größten
junger deutscher Kunst.
Diese Kunst, dieses Gestalten kosmischer
Urgewalt, wenn man einen Menschen, eine
Landschaft meinte, war zutiefst weltentrückt.
Aber wie sollten diese Menschen, die um Tief-
stes, Letztes wußten, es in dieser Welt finden
und durch sie zum Ausdruck bringen? Denn:
Vorkriegsjahre, Nachkriegszeit standen im
Banne eines rein materialistischen Zeitalters,
damals handelte Leben wider sich, man war
technizistisch, intellektuell, händlerisch.
Erst unsere Zeit, die wieder zu wahrem
Leben zurückkehrt, die wieder Boden unter
den Füßen hat, kann eine Kunst haben, die
erdnah und gegenstandsnah ist. Und sehen
wir die Geschichte, sehen wir die Ausstellung:
vom Expressionismus geht in diesem Sinne
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Bewußtsein von Innerlichkeit, von Hinter-
gründigkeit ist nicht verloren gegangen, aber
die gegenwärtige Kunst sucht das Unendliche
im Endlichen, das Göttliche im Irdischen.
Klar und eindeutig ist das in dieser Aus-
stellung belegt. Kein Bild, das diesen Rahmen
sprengt. Selbst Gestalter wie Nauen folgen
diesem Zug der Zeit. Seine dekorativen Bil-
der: Akt, Stilleben, sind weitaus organischer
und natürlicher als früher.
Am entschiedensten bekennt sich aber die
Jugend zu einem natürlichen, erfüllten, ge-
sunden, kraftvollen gegenstandsnahen Kunst-
schaffen. Die Land-
schafter Bechtel und
Horn sind von selte-
ner stiller Innerlichkeit,
Horn vor allem gefällt
durch die Sicherheit
seiner tonigen Mal-
weise. Schneiders,
der in Berlin lebt, kennt
wiederum starke Ge-
balltheit. Seine Land-
schaften sind fest ge-
fügt, und von schwerer
getragener Haltung.
Ein Extrem stellt
Stermann dar, der
aber bei aller expressi-
ven Art klar, übersicht-
lich, gefestigt bleibt.
Gestalter von echt west-
deutschem Reichtum,
Lebendigkeit und Ge-
schmack sind der noch
junge Pieper und der
leider früh verstorbene
ten Hompels. Auch
der tote Driesch ist
eine starke Begabung
(sielie Abbildung). Jansen, Scharf sind
weiterhin Landschafter, die natürlich und
innerlich sind.
Weniger reich ist die Plastik vertreten.
Auch hier geht man den Weg von übersteiger-
ter Formgebung zu einer natürlicheren, ge-
halteneren, lebensvolleren.
Es bedarf eigentlich keiner besonderen Er-
wähnung, daß diese Ausstellung Tendenzkunst,
Programmschaffen, äußere Wiedergabe histo-

rischen Geschehens nicht kennt. Einzig das
künstlerische Vermögen, die Kraft der Ge-
staltung, hat für die Annahme entschieden.
Dr. H. Griebitzsch

Um die Aufgaben der WELTKUNST, getreu ihren
Zielen und Bestrebungen als aktuelles Infor-
mationsorgan für weiteste Kreise der Sammler
Museen, Kunstfreunde, auch für den gesamten
Kunsthandel noch nachdrücklicher als bisher
vertreten zu können, haben wir es übernommen,
unter Wahrung unserer anerkannten Objektivität
und Unabhängigkeit
das offizielle Organ des Reichs-
verbands des Deutschen Kunst- und
Antiquitätenhandels E. V. München,
zu werden. Damit wird künftig die WELTKUNST
unter der Rubrik „Mitteilungen des Reichs-
verbands" die Möglichkeit haben, die wich-
tigsten Fachfragen des Kunsthandels, die in der
Gegenwart besondere Bedeutung haben, zu
behandeln.

Volkstum und Heimat
Ausstellung im Rathaus zu
Kassel
Anläßlich der ersten Tagung des Reichs-
verbandes „Volkstum und Heimat“ ist im
Vestibül des Kasseler Rathauses eine ausge-
zeichnete Ausstellung aufgebaut, die einen

guten Überblick über die Arbeitsweise der
verschiedensten Archive des Landesmuseums,
des Bezirkskonservators, des Botanischen Gar-
tens, der Lichtsbildhauptstelle der Stadt
Kassel u. a. gibt.
Ausgezeichnete Fundkarten als Grundlagen
der vorgeschichtlichen Forschungen in Hessen,
dazu die Photos der verschiedenen Ausgrabun-
gen, Hügelgräber, Tonscherben, Waffen, Fi-
beln (Bronzezeit), Steinbeile usw. geben ein


Phot. F. Wilmkis, Kettwig
Driesch f, Stilleben
Ausstellung „Westfront 1933“, Essen

GUSTAV ( KAIII It - BUtl lV
ANTIQUITÄTEN Berlin W 9, Lennestr. 8 GEMÄLDE
BRÜMMERG^LER¥NEW-YORK
55, East 57th Street
 
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