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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 7.1933

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Nr. 8 (19. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44613#0033
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D I E


19. FEBRUAR 1933

WE

A KT oftheWC) RLD ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT

VII. JAHRGANG, Nr. 8
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LMONDE^AKTS

DAS INTERNATIONALE ZENTRALORGAN FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT

Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. b. H.,
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin».
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reich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3,25; Schweiz und die nicht ange-
führten Länder sfrs. 7; Übersee $ 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4,50

WERTHEIM - BIBLOGRAPHIKON
Inh. Dr. Hans Wertheim Alte Graphik / Gotik bis Biedermeier Berlin W9, Lennestr. 7. Lützow 4512

Neuordnung
im Berliner Kronprinzenpalais

Durch Überführung der Werke Liebermanns
und der französischen Impressionisten in die
Nationalgalerie, durch zahlreiche Neuerwer-
bungen und neue Leihgaben haben die Bestände
des ehemaligen Kronprinzenpalais eine so ge-
wichtige Veränderung erfahren, daß eine völ-
lige Neuordnung des Hauses notwendig wurde.
Gleichzeitig konnte die sehr dringliche Reno-
vierung der Räume um einen Schritt weiter-
gebracht werden, leider — aus Geldknappheit
— nicht in dem Ausmaß, wie sie in Tessenows
Umbauplan vorgesehen war. Die jetzige Ge-
stalt der Sammlung, die noch nicht die end-
gültige ist, bedeutet ihrer früheren Anordnung
gegenüber einen bemerkenswerten Fortschritt.
Wenn auch nicht alle Räume glücklich gelöst,
wenn auch nicht alle Künstler gut vertreten
und ihre Werke nicht immer befriedigend pla-
ciert sind, so haben doch jetzt einzelne Säle
ein Gesicht bekommen, so sind doch manche
Unebenheiten ausgeglichen worden.

Arbeiten von Fuhr, Drexel, Hofer, Scholz,
Kaus, Nay, Zerbe und Schlemmer. Ganz gut
sind auch die Werke von Feininger und Belling,
von Barlach und die beiden Modelle für ein
belgisches Gefallenendenkmal von Käthe Koll-
witz angeordnet. Während man Lesser Ury
mit Recht in die Gegend des großen Treppen-
hauses verwiesen hat, ist sehr zu bedauern,
daß die Werke Otto Muellers in einem dunklen
Gang des zweiten Stockwerks zu hängen ver-
urteilt sind. Vielleicht reift noch einmal die
Einsicht, daß dieser Künstler wesentlicher ist,
als die beschaulichen Veristen, die zwei helle
Räume der gleichen Etage mit ihrer klein-
lichen, verspielten, tempeiawi-enttesen Pi jduk-
tion ausfüllen. Auffallend ungünstig ist übri-
gens Klee in der Sammlung vertreten; man
scheint ihn mit dem Maße Campendonks zu
messen. Den zweifellos stärksten Eindruck,
den das Haus zu geben hat, vermittelt der Auf-
stieg aus dem ersten in das zweite Stockwerk.


Diptychon. Niederlande, uni 1470
Nachlaß Baronin Lipperheide — Kat. Nr. 170
Versteigerung — Vente — Sale:
Hugo Helbing, München, 24.—25. Februar 1933

Am besten sind das Erdgeschoß und der
zweite Stock weggekommen; im ersten Stock
ist noch vieles zu ändern, vor allem der
schlimme, schwarz angestrichene Oberlicht-
saal, der Slevogts Oeuvre schonungslos zer-
schlägt. Geglückt sind: der Nolde-Saal mit
der neuerworbenen „Familie“ (1931), der Marc-
Lehmbruck-Raum, der recht eindrucksvoll ge-
worden ist, der Kirchner-Schmidt-Rottluff-Saal,
der helle Beckmann-Raum, der zwei Neuerwer-
bungen, im übrigen aber hauptsächlich Leih-
gaben zeigt, ein Saal mit reifen und späten
Corinths und schließlich ein größerer Raum mit

Hier nämlich, an den Wänden des engen Trep-
penschachtes, hängen Aquarelle und Zeichnun-
gen unserer besten Künstler, und es erweist
sich einmal wieder, daß sie auf diesem Wege
unmittelbarer zu uns sprechen, reicher, klang-
voller und stärker sind als in ihren Bildern.
Ein wirkliches Bild gelingt in unserer Zeit nur
selten.
Das Erdgeschoß zeigt links Van Gogh und
Munch, dessen Werke durch Neuerwerbungen,
darunter das ausgezeichnete Frühbild „Musik
auf der Straße“ (1889), vermehrt werden
konnten, rechts moderne Franzosen und die neu

hinzugekommenen Italiener. Im Gegensatz zu
der vieldiskutierten Erwerbung der Van-Gogh-
Replik, mit deren Kaufsumme man ein ganzes
Museum guter, zeitgenössischer Kunst hätte
zusammenbringen können, ist der deutsch-ita-
lienische Tausch, der uns als Gegenwert für
Michettis „Figlia di Jorio“ fünfzehn Bilder
moderner Italiener und obendrein eine Bar-
summe von 10 000 Mark (die für den Ankauf
zeitgenössischer deutscher Kunst verwendet
wird) zuführte, ein ausgesprochen gelungenes
Geschäft. Dieser Raum mit mehr oder weniger
charakteristischen Arbeiten der Futuristen und
des Valori-Plastici-Kreises fügt der Berliner
Sammlung eine wichtige Ergänzung, eine blei-
bende Eigentümlichkeit zu.
Das zarte, vorzüglich gemalte Mädchenbild-
nis von Modigliani, das der vom italieni-
schen Staat beschlagnahmten Sammlung des
Spekulanten Gualino entnommen werden
konnte, ist vielleicht das bedeutendste Stück
•>— '"'„„„np Chiripo erscheint mit zwei
frühen Arbeiten, die unter dem Einfluß Böck-
lins stehen, einer visionären Landschaft „Sere-
nade“ und dem eindringlichen „Bildnis des Bru-
ders“, das auf spätere Selbstbildnisse des
Künstlers vorausweist. Die heroische Malerei
eines F u n i, von dem ein „Hl. Sebastian“ und
das große Bild „Publius Horatius tötet seine
Schwester“ ausgewählt wurden, ist sehr an
neuitalienische Voraussetzungen gebunden und
infolgedessen für uns nicht ohne weiteres zu-
gänglich. Von Severini hat man ein farbig
feines, ganz in Grau gehaltenes Stilleben „Die
Taube“, von C a r r ä eine erdschwere, von
atmosphärischem Dunst umlagerte Landschaft
erworben. Eine figurale Komposition Siro-
n i s , der seine ernsten, schwarzbraunen Bilder
aus kräftigen Kontrasten von Hell und Dunkel
entwickelt, ist weiter als sein früher entstan-

denes „Industriebild“, das kompositorisch nicht
recht zusammenhält. Der zeichnerisch-glatte,
in der Formengebung und im Kolorit etwas
akademische C a s o r a t i ist mit einem Bilde


Lucas Cranach d. Ae., Jünglingsbildnis
Nachlaß Baronin Lipperheide
Versteigerung — Vente — Sale:
Hugo Helbing, München, 24.—25. Februar 1933

„Mutter“, Montanari mit einer derbfiguri-
gen, ausdrucksstarken „Kreuzigung“, Tozzi
mit einem harmlosen Stilleben und der junge
Colacicchi mit einem lichten, feingefügten
Straßenbild vertreten. Kusenberg

AUSSTELLUNGEN

in Berlin:
Moderne Kunst
Die in der Galerie Victor Hartberg aus-
gestellten Maler Hans F e i b u s c h und Arnold
Marx sind gleichaltrig, haben beide bei Andre
Lhote studiert und malen sehr ähnlich. Fei-
busch verbirgt akademischen Bildbau hinter
wulstigen Abstraktionen; Marx, der farbig be-
gabter ist, verfängt sich in einer barocken
Manier. Beiden Künstlern fehlt Unmittelbar-
keit, Frische und Ehrlichkeit. Man ist es müde,
Arbeiten zu sehen, die nicht gewachsen sind,
nichts wagen und nirgends hinführen.
In der Galerie G u r 1 i 11 fällt Hans Theo
Richter auf, der eine Reihe eindringlich
erfühlter und formal bewältigter, gezeichneter
und aquarellierter Porträts, meist Kinderbild-
nisse, ausstellt. Daß Richter sich ausschließ-
lich krankhafte, gestörte und innerlich ver-
bogene Modelle auswählt, so daß man sich von
einer Galerie stierblickender Kretins umgeben
sieht, ist eine Monomanie, die nicht andauem
wird. Man möchte wünschen, daß der Künst-
ler aus seiner motivischen Beschränkung her-
austritt und sich an Darstellungen macht, die
ihn vor größere formale, vor allem komposito-
rische Aufgaben stellen. Außerdem zeigt die

Ausstellung Arbeiten von Eugen S p i r o,
Laure Bruni und Ruth Meier.
Die Staatliche Kunstbiblio-
thek stellt ukrainische Graphik
aus. Die Ukrainer sind tüchtig, wo sie sich
an die einheimische Volkskunst halten und
einen einprägsamen Moritatenstil entwickeln;
sie sind weniger erfreulich, wo sie westlichen
Einflüssen unterliegen.
Eine kleine Ausstellung von 100 Zeichnun-
gen und Aquarellen in der Galerie H u g o H e 1-
b i n g würdigt das bisher unbekannt gebliebene
Schaffen des spätromantischen, deutsch-römi-
schen Landschafters Alexander Ferdinand
Fl in sch (1834—1912). Gleichzeitig gibt die
Galerie einen von G. I. Kern verfaßten, illu-
strierten Katalog heraus, der uns mit dem Le-
ben und dem Werk des Künstlers bekannt
macht. Flinsch ist ein feiner, sorgfältiger
Zeichner und begabter Aquarellist, der seinen
vorwiegend „malerischen“ Sujets den gepfleg-
ten und versonnenen Reiz romantischer Natur-
auffassung mitzuteilen versteht; die skizzen-
haft ausgeführten Arbeiten sind meist an-
sprechender als die durchgeführten. Außerdem
zeigt die Galerie letzte Arbeiten des in Florenz
lebenden, siebzigjährigen Malers Friedrich
Klein-Chevalier, der von der Historien-
malerei über den Impressionismus zu einer
freieren, nur auf die Leuchtkraft ungebroche-
ner Farben gestellten Gestaltung gelangt ist.

BRUNNER °“L"Y NEW-YORK
55, East 57,h Street
 
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