Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 7.1933

DOI Heft:
Nr. 20 (14. Mai)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44613#0083
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

ART»/*WORLD ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT

D I E

VII. JAHRGANG, Nr. 20
NST
LMONDE^AKß

DAS INTERNATIONALE ZENTRALORGAN FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT

Erscheint jeden Sonntag im Weitkunst-Ver 1 ag, G.m.b.H.,
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: <Weltkunst Berlins
Bankkonto: Deutsche Bank u. Disconto-Gesellschaft, Depositen - Kasse M,
Berlin W 62, Kurfürstenstr. 115. Postscheckkonti: Berlin 118054; Den
Haag 145512; Paris 1700 14; Prag 59283; Wien 114783; Zürich 8159
PARISER BÜRO : 8, rue de Varenne, Paris 7e, Tel.: Littre 26-76

früher:

Redaktion, Verlag und Lesesaal:
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77 • Tel. B5 Barbarossa 7228

Man abonniert beim Verlag, bei der Post oder bei den Buchhändlern.
Einzel-Nummer 50 Pfennig. Quartal für Deutschland inklusive Postzustellung
Mark 4,50; Lieferung durch den Verlag im Umschlag Mark 5,50; für das
Ausland (nur im Umschlag) Mk. 5,50; oder: Tschechoslowakei Kc 45; Frank-
reich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3,25; Schweiz und die nicht ange-
führten Länder sfrs. 7; Übersee $ 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4,50

WERTHEIM-BIBLOGRAPHIKON
Inh. Dr. Hans Wertheim Alte Graphik / Gotik bis Biedermeier Berlin W9, Lennestr. 7. Lützow 4512

PRINZ-EUGEN-

AUSSTELLUNG

IM WIENER BELVEDERE

Von Dr. St. Poglayen-Neuwall

Anläßlich der 250. Wiederkehr des Jahres-
tages der zweiten Türkenbefreiung Wiens hat
der „Verein der Museumsfreunde“
jene Zeit, in der der Grund zu der österrei-
chisch-ungarischen Monarchie und ihrer Groß-
machtstellung geschaffen wurde, in einer groß
angelegten Ausstellung im oberen Belvedere
wiedererstehen lassen. So befindet sich denn
auch die Gestalt seines Erbauers, des Prinzen
Eugen von Savoyen, des größten österreichi-
schen Feldherrn und Staatsmannes unter Kai-
ser Leopold I. und seinen Söhnen, im Mittel-
punkt der Schau.
Lei Ciiux akier dcx Auaaldluag W», vnWpiv
chend ihrer Absicht, uns ein möglichst viel-


Reliquiar mit Pfeilspitze
Prinz Eugen-Ausstellung
Wien, Belvedere

fähiges Bild von dem Sein und Werden eines
politisch und kulturhistorisch bedeutsamen
Zeitabschnittes zu geben, ein ausgesprochen
kulturgeschichtlicher. Die Objekte entstam-
men zum großen Teil Wiener Museen, daneben
österreichischem Klosterbesitz und Privat-
sammlungen.
Während in der vor einigen Jahren statt-
gehabten Maria-Theresia-Ausstellung die
Schau durch den Prunk der Einrichtung des

Schönbrunner Schlosses erdrückt wurde, trägt
hier der nicht minder großartige, aber aus-
schließlich durch die architektonischen Ge-
gebenheiten wirkende Rahmen wesentlich zu
der Wirkung der Ausstellung bei.
Die Räume rechter Hand von der Sala Ter-
rena des Belvedere sind den Erinnerungen an
die Kriege der Aera Kaiser Leopolds und sei-
ner beiden Nachfolger, Josefs I. und Karls VI.,
und da vornehmlich dem Gedenken der Tür-
kenkriege gewidmet. Man sieht Bildnisse ver-
schiedener Heerführer, darunter auch das
lebensvolle Brustbildnis des Prinzen Eugen
WH vkxjx llcillü y/... —UH -11
Reiterbildnis aus der Schule des Meisters
(siehe Abbildung). Man findet persönliche Er-
innerungen an die bedeutendsten Gestalten
jener Zeit, wie etwa des Prinzen Eugen Kami-
sol, Koller und Küraß; zwei seiner Marschall-
stäbe, von denen der eine aus zwei Musketen-
läufen zusammengesetzt und mit kunstvoll
herausgeschnittenem Laubwerk verziert ist.
Auch der Hut des durch die Kuruzzenkriege
zu Berühmtheit gelangten Generals Heister,
bei dem Entsatz von Wien durch einen Tür-
kenpfeil an seinen Kopf geheftet, ist zu sehen.
In einem zierlichen, barocken Reliquienkäst-
chen befindet sich der Pfeil, durch den der
Feldmarschall Guido von Starhemberg bei der
Erstürmung von Ofen verwundet wurde (siehe
Abbildung). Das Siegel des Sultans Musta-
pha II. wurde in der Schlacht von Zenta er-
beutet.
Bildteppiche, zum großen Teil aus lothrin-
gischen Manufakturen, Schlachtenbilder _ von
Parrocel, Jan van Huchtenburgh, Jan Pieter
van Bredaei d. J. führen uns die Siege der
kaiserlichen Armeen vor Augen. Schlachten-
pläne, Kampfberichte geben von wichtigen
Aktionen Kunde. Zahlreich sind die ausge-
stellten Kostümstücke, Waffen und Standar-
ten der Kaiserlichen und ihre Kriegstrophäen,
unter denen jene aus den Türkenkriegen von
besonderem Interesse sind. ■—
Die Räume links von der Sala Terrena ver-
mitteln einen Eindruck von der geistigen Kul-
tur der Zeit, von der Entwicklung des öster-
reichischen Staatswesens, den technischen Er-
rungenschaften und der Wirtschaft.
In einem Raum, der in eine Bibliothek des
Spätbarocks gewandelt ist, liegen in Vitrinen
illuminierte mittelalterliche Handschriften und
solche aus der Renaissance auf, aus dem Be-
sitz des Prinzen Eugen (der einer der bedeu-
tendsten Bibliophilen seiner Zeit war), aus der
Bibliothek des Freiherrn von Hohendorf und
der kaiserlichen Bibliothek. Daran schließen
sich Werke philosophischen Inhalts und Unter-
haltungsliteratur an.
Man bekommt die Bündnisverträge, die
Dokumente der Friedensschlüsse mit Türken
und Franzosen zu sehen, ferner Entwürfe
staatlicher Neuordnung und Umgestaltung.
Merkantilistische Literatur, Bank- und Münz-
verordnungen, Abbildungen von Straßenanla-
gen, Bergwerken, Maschinen weisen auf die
wirtschaftlichen Fortschritte hin. —
Die Räume im Obergeschoß sind haupt-
sächlich den schönen Künsten bestimmt. Von
besonderer Pracht ist der der Verherrlichung
der drei Herrscher, denen Prinz Eugen diente,

geweihte Saal. Die Wände sind mit nach Ent-
würfen von Ch. Herbet gewirkten lothringi-
schen Tapisserien bedeckt, welche die Siege
der kaiserlichen Feldherren im Türkenkrieg
schildern. Davor befinden sich die Marmor-
büsten des berninesken Hofbildhauers Gabriel

Art des Kupetzky, Prinz Eugen
Prinz Eugen-Ausstellung
Wien, Belvedere


de Gruppello von Leopold I. und seiner Gattin
Eleonore, Karl II. von Spanien, Josef I. und
Karl VI. (als König von Spanien, Karl III.).
Elfenbeinstatuetten von Matthias Steinle (die
vermutlich als Modelle für Reiterstandbilder
gedacht waren) und Daniel Mauch zeigen die
Kaiser in der Siegerglorie. Der Storffersche
Bilderkatalog der unter Karl VI. in der Hof-
stallburg vereinigten kaiserlichen Sammlungen
gemahnt an die Kunstliebe der Habsburger.
Der anschließende Saal veranschaulicht in
der Auswahl der Bilder (Schlachtenbilder,

geschnitzte silbervergoldete Tabernakelkasten
des Abtes von St. Florian, Foedermeier, mag
als ein Beispiel eines bei aller Prunkliebe höchst
kultivierten Geschmackes genannt sein.
Proben der Prachtliebe der hohen Geistlich-
keit bieten auch die kirchlichen Goldschmiede-
arbeiten. Die Keramik ist durch frühes Por-
zellan der 1719 gegründeten Wiener Porzellan-
manufaktur vertreten. Münzen und Medaillen
von Warrou, Gennaro, Richter, R. Donner auf
Mitglieder des Kaiserhauses und der Regierung
bekunden die hohe Qualität der österreichischen
Medaille.
Die Stiche von Salomon Kleiner und Delsen-
bach zeigen uns das Stadtbild Wiens zu Beginn
des XVIII. Jahrhunderts. S. Kleiner hat auch
die Räume im Belvedere mit ihrer Einrichtung
unter Prinz Eugen gestochen. Photographische
Aufnahmen von Palästen und Schlössern (zum
Teil auch nach Bildern Beilottos) belehren über
die Bautätigkeit des Prinzen.
Festbücher, Texte, Partituren, Musikinstru-
Epoche (Kaiser KCopolüs'/'aer selbst ein’sehr ge-
schätzter Komponist, zumal von kirchlicher
Musik, war. Figurinen und Dekorationsent-
würfe des größten Ausstattungskünstlers des
barocken Österreich, Lodovico Burnacini,
geben einen Abglanz der Phantastik und des
Reichtums der damaligen Bühnenausstattung.
Nach dem Entwurf Fernando Galli Bibbienas
hat man in einen Raum ein Theater eingebaut,
das dem für Vorführungen in kleinem Kreis
bestimmten Haustheater des Prinzen ent-
spricht.
Das Jagdvergnügen schildern die Stiche des
Joh. El. Riedinger. Von dem Prunk, der von
vornehmen Jägern getrieben wurde, sprechen
die reichverzierten Jagdwaffen Karls VI. und
seines Hofes. Einen Einblick, wie es bei den
damaligen Jagden zuging, gewähren auch die
Abschußlisten der kaiserlichen Jagden, ein
Jagdbuch Karls VI. und andere Archivalien
verwandter Art. —
So erscheint uns das Zeitalter des Prinzen
Eugen in allen seinen Äußerungen in ver-
klärtem Licht, als eine Epoche der Vereinigung
persönlichen Heldentums mit vollendetster
künstlerischer Lebensführung, wie sie in der
Gestalt des Prinzen als ihrem glänzendsten
österreichischen Exponenten zum Ausdruck
kommt.

Bildnisse und Stilleben
zeitgenössischer flämi-
scher und österreichi-
scher Maler) und ihrer
Hängung nach rein de-
korativen Grundsätzen
den Charakter einer
österreichischen Bilder-
galerie um 1700.
Ein gutes Beispiel
für die Ausstattung ba-
rocker Räume, deren
Einrichtung sich trotz
kostbarsten Materials
der Tapeten und Möbel
auf das allernötigste be-
schränkte, bietet ein als
Schlafzimmer eingerich-
teter Saal. Das im Stift
St. Florian für den Prin-
zen Eugen angefertigte
Bett ist so recht ein
Zeugnis des Ueber-
schwangs der Phanta-
sie österreichisch - süd-
deutschen Barocks (siehe
Abbildung). Der reich

Bett des Prinzen Eugen aus St. Florian
Prinz Eugen-Ausstellung
Wien, Belvedere


BRUNNER GaLL"v NEW-YORK
55, East 57th Street
 
Annotationen