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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 7.1933

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Nr. 44 (29. Oktober)
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29. OKTOBER 1933
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VII. JAHRGANG, Nr. 44
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LMONDE<teAR]S

ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT
OFFIZIELLES ORGAN DES REICHSVERBANDES DES DEUTSCHEN KUNST- UND ANTIQUITÄTEN HAN DE LS E. V. MÜNCHEN

Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. b. H.,
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führten Länder sfrs.7; Übersee 8 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk.4,50

WERTHEIM - BIBLOGRAPHIKON
Inh. Dr. Hans Wertheim Alte Graphik / Gotik bis Biedermeier Berlin W9, Lennestr. 7. Lützow 4512

SLOVENISCHE KUNST
Die Nationalgalerie in Ljubljana

Neben dem 1821. gegründeten, 1889 in das
jetzige Gebäude überführten Narodni muzej
(Nationalmuseum), einer Art provinziellen
Universal-Museums, das neben einer natur-
wissenschaftlichen Abteilung eine kulturge-
schichtliche, ferner eine überaus interessante
urgeschichtliche und archäologische Abteilung
enthält — so findet sich hier die berühmte,
bronzezeitliche Situla von Watsch, eine fast
lebensgroße vergoldete männliche Bronzestatue
aus dein 3. janrhundert n. vrar., u. a. m. —, ver-
fügt die Hauptstadt der Slovenen über eine sehr
bemerkenswerte Galerie nationaler Kunst (Na-

Freskenrest, aus der Kirche in Bled. Um 1450
Ljubljana, Nationalgalerie


rodna galerija). Die Sammlung, die im Jahre
1918 angelegt, 1933 in ihrer derzeitigen Gestalt
eröffnet wurde und grundlegend für die
Kenntnis der bildenden Kunst in Slovenien
(dem Draubanat des Jugoslavenreiches) ist,
vereint wirksam Bilder und Skulpturen, die
einen guten Überblick über die slovenische
Kunst vom Mittelalter bis in unsere Zeit ge-
währen*).
In der Entwicklung der Kunst Sloveniens
macht sich freilich von allem Anfang an der
Einfluß der kulturell höher stehenden Nachbar-
gebiete fühlbar, so daß die Feststellung einer
besonderen nationalen Note bis in die jüngste
Zeit, wo die Slovenen zu einem künstlerischen

* Führer durch die Narodna galerija, von Dr.
Fr. Stele, Ljubljana 1933.

Eigenleben erwacht sind, ungewöhnlich schwer,
wenn nicht geradezu unmöglich ist. So finden
sich in den Fresken von Vrzdenec (aus dem
14. und 15. Jahrhundert), den dem 15. Jahr-
hundert angehörenden Wandmalereien von
Bled (siehe Abbildung), Jezersko und Suha
Berührungspunkte mit der Malerei des deut-
schen Südtirol (wie wir ihr in der Gegend
von Brixen und Bozen begegnen), deren Art
den Slovenen gleich der Kunst Oberitaliens
über kamen, Vielfach durch Kärrner Meister,
vermittelt wurde (der um die Mitte des
15. Jahrhunderts tätige Johannes de Laybach
stammt aus Villach). Aus den schönen Holz-
skulpturen dei- Spätgotik spricht deutlich der
Einfluß kärtnerischer Holzschnitzkunst.
Ira Barock festigt sich der italienische Ein-
fluß, wozu teils die unmittelbare Fühlung-
nahme mit der Kunst des Nachbarlandes bei-
trägt, teils das Wirken italienischer Künstler
in der Krain, gleich G. Quaglia, der auch den
Dom von Ljubljana mit Fresken zierte, dem
vielbeschäftigten venezianischen Bildhauer
Francesco Robba und dem Bildhauer Jacopo
Contieri aus Padua, von denen in Ljubljana
manches Denkmal zeugt, Andrea Pozzo, der
Pläne für die Domkirche entwarf, und
Domenico Rossi, dem Erbauer der Deutschen
Ritterordenskirche. Auch darf der Einfluß der
Tätigkeit der durch italienische Kunst beein-
druckten deutschösterreichischen Künstler auf
slovenischem Boden nicht außer acht gelassen
werden. Von ihnen sind zumal Martin Alto-
monte, die Steirer F. I. Flurer und Ph. C. Laub-
mann, besonders aber Kremserschmidt zu
nennen, dessen Tafelbilder zahlreiche Kirchen
in Ljubljana und seiner Umgebung schmücken,
und der auch entscheidenden Einfluß auf
Leopold Layer (1752—1828), einen der letzten
bedeutenderen Ausläufer der religiösen Barock-
malerei Sloveniens, ausgeübt hat. Die Ein-
wirkung italienischer Kunst äußert sich be-
sonders deutlich in dem Schaffen von Franz
Ilovsek (1700—1764). Bei Janez Valentin
Metzinger (1699—1759), Fortunat Bergant
(1721—1769), Anton Cebej (1722 bis um 1770),
die sich gleich Layer und Ilovsek viel auf dem
Gebiet der religiösen Kunst betätigten, über-
wiegt der Einschlag deutsch-österreichischer
Barockkunst. Sie gibt auch den Heiligenskulp-
turen Heinrich Löhrs und Josef Holzingers, die
gleichfalls dem 18. Jahrhundert angehörten, ihr
Gepräge.
Die österreichische Malerei bleibt bis tief ins
19. Jahrhundert richtunggebend. Andreas
Herrlein (1739—1817), zumeist als Maler
religiöser Bilder und Bildnismaler tätig, und
Franz Caucig (1762—1828), der seine Themen
mit Vorliebe der antiken Mythologie und Ge-
schichte entnimmt, leiten zum Klassizismus
über. Mathäus Langus (1792—1855), der in
seinen kirchlichen Wandmalereien einen Aus-


spricht eine den deutschen Romantikern ver-
wandte Gesinnung. Seit Beginn der achtziger
Jahre knüpfen sich engere Beziehungen zu der
Münchener Schule, deren hervorragendster Ver-
treter gegen Ende des vorigen Jahrhunderts
Anton Azbe (1862—1905) ist, der Wegbereiter
des Impressionismus in Slovenien, dessen
Münchner Atelier ein Sammelpunkt der slo-
venischen Künstlerjugend war. Bei ihm haben
Jakopic, Jama und viele andere durch freund-
schaftliche Bande verknüpfte slovenische
Maler gearbeitet. Der Malerei Azbes, die
ein zartes, silbriges Lokalkolorit kennzeichnet,
steht zumal die Kunst seines Freundes Ferdo
Vesel (geb. 1861) nahe. Der Grundzug der
Malerei Ivan Grohars (1867—1911), des führen-
den slovenischen Impressionisten, der sich im
Gegensatz zu Azbe und Vesel, die genrehafte
Motive vorziehen, der Landschaft zugewandt
hat, ist ein rein lyrischer. Während Grohars
Palette zarte, gedämpfte Farben bevorzugt, ist
das Kolorit des temperamentvollen Richard
Jakopic (geb. 1869), des Hauptes der slo-
venischen Impressionisten, satter, leucht-
kräftiger. Die Werke des Matija Jama (geb.
1872) und Matej Sternen (geb. 1870) vollenden
das Bild des slovenischen Impressionismus.
Die nationale Wiedergeburt der süd-

Drago Vidmar (geb. 1901),
Slovenisches Mädchen
Ljubljana, Nationalgalerie

slavischen Völker im Weltkrieg findet auch in
der Kunst der Slovenen ihren Widerhall. Unter
einer Reihe begabter, aber mehr international
gerichteter Künstler, die wiederum den Men-
schen zum Ausgangspunkt der Darstellung

gleich zwischen barocker Tradition und
Nazarenern anstrebt und Josip Tominc (1790
bis 1866) bieten in ihren Bildnissen (siehe Ab-
bildung) eine beachtenswerte provinzielle
Parallele zu der Bildniskunst des Wiener
Biedermeier. Wohl der bedeutendste Vertreter
des Realismus um die Mitte des 19. Jahrhun-

derts ist Michael Stroj (1803—1871), dessen
Bildnisse von einer ungewöhnlichen Charakteri-
sierungsgabe und einer starken koloristischen
Begabung zeugen. Aus den Bildnissen und
Landschaften von Anton Karinger (1829—1870)

machen, wie dem sehr ungleichen Franz
Tratnik (geb. 1879), dem überaus geschickten
G. A. Kos (geb. 1896), ragt die monumentale,
dem Heimatboden verhaftete Kunst von Franz
Kralj (geb. 1895) und seinem Bruder Tone
(geb. 1900) heraus. Wenn sich gleichwohl in
ihrem Schaffen Beziehungen zu den Kunstbe-
strebungen des Westens,
vor allem zum deut-
schen Expressionismus
feststellen lassen, so
wirken die von slavi-
scher Schwermut durch-
tränkten, anspruchs-
losen Bilder der Brüder
Nande (geb. 1899) und
Drago Vidmar (geb.
1901), zweier als Lehrer
in entlegenen Gebirgs-
dörfern tätiger Auto-
didakten, um so un-
mittelbarer (siehe Ab-
bildung). In der
modernen Plastik der
Slovenen, die gleichfalls
beachtliche Schöpfungen
von Franz und Tone
Kralj, desgleichen von
Lojze Dolinar aufweist,
neben denen noch die ab-
geklärte Kunst Lobodas
zu nennen wäre, tritt
das nationale Empfin-
den, das die neuere Malerei kennzeichnet, meist
hinter dem Einfluß westlicher Kunst zurück.
In der jüngsten Generation macht sich be-
sonders die Einwirkung von Mestrovic be-
merkbar. St. Poglayen-Neuwall

J. T o m i n c (1790-1866), Familienbild
Ljubljana, Nationalgalerie


GUSTAV CRAMER -
ANTIQUITÄTEN Berlin W9, Lennestr. 8

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