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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 7.1933

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Nr. 6 (5. Februar)
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DIE WELTKUNST

Jahrg. VII, Nr. 6 vom 5. Februar 1933

6

Nachrichten von Überall

Wichtiger Fund im Dom zu
Xanten
Im Xantener Dom werden zur Zeit von Dr.
Oskar K a r p a , Düsseldorf, Ausgrabungen
vorgenommen, um die für die romanische
Architekturgeschichte wichtige Frage zu
klären, welche Ausmaße der vom hl. Norbert
1128 im Chor geweihte und in der Folgezeit
vollendete Dom hatte und wie dessen Aufriß
war. Die bisher verfochtenen Theorien nahmen
eine Kirche sehr geringer Größe an. Dem
mußte aber die bis in die frühchristliche Zeit
zurückreichende Tradition und Bedeutung des
den ganzen Niederrhein beherrschenden Domes
widersprechen. Vermutungen, die sich an
schriftliche Überlieferungen und an den vor-
handenen Architekturbefund knüpften und auf
eine weit größere Anlage deuteten, wurden
durch die Ausgrabungen bestätigt. Das wich-
tigste Zeugnis für die Ausdehnung des romani-
schen Domes nach Osten ist das neuerdings
aufgedeckte unter dem Fußboden des gotischen
Chores liegende Mosaik. Es mißt etwa
2,50 :3,00 m.
Da es im jetzigen Chor sehr weit östlich
liegt, kann man vermuten, daß es offenbar
früher die Stelle vor dem alten Hochaltar ein-
genommen hat. Somit ist die Größe des
romanischen Viktordomes festgelegt: sie steht
der des jetzigen gotischen Domes nur wenig
nach.
Das Mosaik darf in die erste Hälfte des
12. Jahrhunderts datiert werden. Es stellt
eine Verbindung von Platten- und Würfel-
mosaik dar. Das Plattenmosaik ist in musivi-
sche Muster aufgeteilt, in den Farben blau,
weiß und rot, die im Spiegelbild symmetrisch
einander zugeordnet sind. Das kleeblattförmige
Würfelmosaik in der Mitte zeigt als Darstel-
lung in den vier Rundungen Tierköpfe: Hund,
Fuchs mit Fisch im Maul, Steinbock, Pfau. Die
Medaillons werden von den Schlingen eines
Ornamentbandes gebildet, das das ganze
Mosaik durchrankt.
Die Bedeutung dieses frühmittelalterlichen
Mosaikwerkes liegt in seiner Einmaligkeit und
Unberührtheit. Etwas ähnliches ist ihm in
Deutschland kaum an die Seite zu stellen, am
nächsten standen vielleicht die Mosaiken in
St. Gereon, Köln, die aber sehr stark rekon-
struiert sind. Das Mosaik trägt durchaus ger-
manisch-nordischen Charakter, ist frei von alt-
christlicher Überlieferung. —r.
Neue Museumsbauten in Bern
Drei Museumsbauten sind jetzt in Bern im
Gange. Das Kunstmuseum an der jetzi-
gen Ferdinand Hodler-Straße erhält nach den
Plänen des Architekten Indermühler einen
Um- und Neubau. Er ist im letzten Herbst
begonnen worden und soll im Sommer 1934
fertig sein. Für das Alpine Museum sind
die Vorarbeiten soweit gediehen, daß mit dem
Bau im Frühjahr begonnen werden kann, am
südlichen Brückenkopf der Kirchenfeldbrücke
gegenüber der Kunsthalle, nach den Plänen der
Architekten K 1 a u s e r und Streit. Und an
der Berna-Straße ist das Naturhisto-
rische Museum nach den Plänen der
jungen Berner Architekten Krebs und
Müller im Bau; es soll um die Jahreswende
1933/34 vollendet dastehen. Alle diese Neu-
bauten der Schweizer Bundeshauptstadt er-
stehen mit den Mitteln der modernen Archi-
tektur, so daß der Museumsspezialist im näch-
sten Jahr in Bern fesselnde Vergleichsmöglich-
keiten haben wird.
Gerichtliches Nachspiel des
Triptychon-Exports
Das Triptychon van der Weydens, das
der Sammlung Abegg nunmehr seit etwa
einem Jahre angehört und das kürzlich durch
Geheimrat Friedländer publiziert wurde, ist
gegenwärtig mit seiner Ausfuhr- und Verkaufs-
aktion Gegenstand einer gerichtlichen und
disziplinarischen Untersuchung. Das Werk
wurde auf Bestellung einer Samt- und Brokat-
exporteurfamilie Villa bei van der Weyden be-
stellt und ist von dieser Familie in einer Haus-
kapelle im Piemontesischen untergebracht wor-
den. Zur Zeit Napoleons wurde diese Kapelle
zerstört und das Werk in den Besitz einer
Turiner Patrizierfamilie, die das Erbe der aus-
gestorbenen Villa angetreten hatte, überführt.
Diese Familie verkaufte das Werk vor etwa
anderthalb Jahren an den Antiquar A c c o r s i,
ohne sich des hohen Wertes bewußt zu sein.
Accorsi trat das Bild an den genuesischen Anti-
quar B o n o 1 o ab, der es seinerseits in die
Schweiz unter Angabe „Bilder auf Holz im
Werte von 12 000 Lire“ unter Zahlung der 40 %
Steuer verkaufte. Das genuesische Export-
büro erkannte das Bild nicht. Durch den
Superintendent P a c c h i o n i, der das Bild
jetzt bei der Turiner ’ Familie aufzuspüren
suchte, um es für die kgl. Galerie zu kaufen,
ist die Ausfuhr bekannt geworden. Das
genuesische Büro ist durch das italienische
Kultusministerium sofort geschlossen und
seine Beamten zur Verantwortung gezogen,
gleichzeitig durch das Ministerium Klage
gegen die Exporteure des Bildes erhoben
worden. —th.
Afrika-Ausstellung Frobenius in
Rom
Auch vom künstlerischen Standpunkt hoch-
interessante Steinzeichnungen aus dem Sahara-
gebiet und zwar vornehmlich aus dem Fezzan

hat Leo Frobenius als Ergebnis seiner Unter-
suchungen in Italienisch-Afrika in Rom aus-
gestellt. Die Ausstellung ist in Gegenwart des
deutschen Botschafters eingeweiht worden und
die italienische Öffentlichkeit bringt dieser Ver-
anstaltung das allergrößte Interesse entgegen.
Das erste Wiener Hochhaus
In der Herrengasse, im Zentrum von Alt-
Wien, ist das erste Wiener Hochhaus, ein Werk
von Professor Theiß und Baurat Jaksch, kürz-
lich der Benutzung übergeben worden. Der viel-
fach von Künstlern und Architekten angefein-
dete Bau schlägt in die Altstadt eine weitere
Bresche, ohne dafür ein baukünstlerisches
Äquivalent zu bieten. P.

sches Beispiel für das, was man zur Zeit unter
einem modernen Denkmal in Italien versteht.
Die Abbildung gerade dieses Entwurfes soll
kein Werturteil über die anderen Werke ent-
halten; sie soll vielmehr den typischen Stand
der offiziellen italienischen Denkmalskunst,
wie er repräsentativ zu werden im Begriff ist,
aufweisen. G. R.
Philipp Maria Halm t
Nach schwerem Leiden verschied der im
Jahre 1931 in den Ruhestand getretene Gene-
raldirektor des Bayer. Nationalmuseum, Ge-
heimrat Dr. Phil. Maria Halm. Er war 1866 in
Mainz geboren und stand seit 1916 dem ge-
nannten Museum vor. Die Kunstwissenschaft
hat ihm namentlich auf dem Gebiete der

Kretische Plastik
Wir publizieren hier
eine kretische Gruppe
aus der Sammlung Fa-
him Kouchakji,
New York. Diese poly-
chrome Gruppe stellt an-
scheinend eine Ägyp-
terin mit ihrer
Gesellschafterin
dar. Jedenfalls zeigt
dieses Bildwerk sehr
deutlich die innigen Be-
ziehungen zwischen
Ägypten und Kreta, das
die Ägypter mit Keffi
bezeichneten, bei dieser
Gruppe erinnert man
sich des Briefes eines
babylonischen Fürsten
an Amenophis IV., der
diesen bittet, ihm eine
Frau zu schicken.
„Schicke wenigstens ir-
gendein schönes Weib,
wer sollte behaupten,
sie sei keine Königs-

Kretische Skulptur. Mittelminoisch. — New York, Privatbcsitz


tochter!“ Die Haltung dieser Figuren zeigt
zweifellos starken ägyptischen Ein-
fluß. Man denkt dabei an Bildwerke der
Amenophiszeit, jedoch muß man die elegante
kretische Verarbeitung bei einer Datierung in
Rechnung bringen, und so dürfte die Gruppe
wohl mittelminoisch sein.

bayerischen Plastik vom Mittelalter bis zum
Rokoko vieles zu danken. Auch nach seiner
Pensionierung hat er seine wertvolle Kraft in
den Dienst von Kunst und Wissenschaft ge-
stellt: als Präsident des Bayer. Kunstgewerbe-
vereins, als Vorsitzender des Vereins für
Denkmalsschutz und als Referent der Notge-
meinschaft der Deutschen Wissenschaft für

Staat und Bildhauer in Italien

Süddeutschland.

F.

Angesichts der wirtschaftlichen Krise, die
auch die italienische Künstlerschaft in ganzer
Schwere zu spüren bekommen hat, hat sich der
italienische Staat mit verschiedenen Maßnah-
men für Maler und Bildhauer eingesetzt.
Namentlich hat sich die Zahl der Staats-


R. Petrone (Triest), Entwurf für das Denkmal
des Duea di Aosta in Turin
aufträge so gehäuft, daß sie mittlerweile zu
den typischsten Bestellungen geworden sind.
Besonders die Bildhauer haben in diesen staat-
lichen, halbstaatlichen, Provinzial- und Kommu-
nal-Aufträgen ihren eigentlichen großen
Markt. Bemerkt muß aber werden, daß auch
bei den kommunalen Aufträgen stets die Orga-
nisation durch die römische Zentralstelle er-
folgt. Die übliche Form der Auftragserteilung
ist die des Landes-Wettbewerbes. Auf diese
Weise kommen während des Jahres zahlreiche
spezialisierte Ausstellungen zustande.
Gegenwärtig wird die Ausstellung der Denk-
mal-Entwürfe für den verstorbenen Herzog von
Aosta eröffnet. Das Denkmal wird in Turin
errichtet. Die Normen für den Wettbewerb,
der etwas umkämpft war, sind in der „Gazetta
Ufficiale“ ausgeschrieben und dieses offizielle
Organ fährt fort, Veröffentlichungen über die-
sen Wettbewerb zu machen; offizieller kann
also ein Bildhauerwettbewerb gar nicht statt-
finden. Über die Qualität der Entwürfe zu
sprechen, ist nicht sonderlich leicht, da zur Zeit
die italienische Denkmalkunst an einem
Scheidewege steht, der zwischen der impressio-
nistisch-realistischen Darstellungskunst, die
noch von Medardo Rossi bestimmt wird, und
einem futuristischen Kubismus etwas unsicher
hin und her schwankt. Die sicherere Linie des
Kleinmonumentes, in dem Italiens junge Bild-
hauerei schon wieder Spitzenleistungen zeigte,
ist bei dem großen Denkmal noch nicht gefun-
den. So ist das obenstehende Bildwerk ein typi-

Russische Sammlungen von
Flugschriften der Französischen
Revolution
Die in den Bibliotheken und Archiven
Sowjetrußlands befindlichen Sammlungen von
Flugschriften, Pamphleten und sonstigen
Drucksachen, zu welchen die große Fran-
zösische Revolution Anlaß gegeben hat, und
über die im Auslande bisher sehr wenig be-
kannt war, sollen nunmehr seitens der Biblio-
thek der „Akademie der Wissen-
schaften der UdSSR“ in Leningrad in-
ventarisiert und in einer Reihe von Katalogen
zugänglich gemacht werden. In erster Reihe
wird der Katalog der in gen. Bibliotheken be-
findlichen Kollektion des verstorbenen her-
vorragenden russischen Advokaten P a s s o -
wer zum Druck vorbereitet. Diese Sammlung
umfaßt etwa 2000 Nummern und enthält eine
beträchtliche Anzahl großer Seltenheiten, be-
sonders eine Reihe von Broschüren und Flug-
blättern, die in keinem der Nachschlagwerke
und Bibliographien zur Französischen Revolu-
tion erwähnt sind. Der Katalog der Passower-
Sammlung, dessen Redaktion der Akademiker
W. P. W o 1 g i n übernommen hat, wird eine ge-
naue wissenschaftlich-bibliographische Be-
schreibung ihrer sämtlichen Drucke bringen.
P. Ett.
Kleine Notizen
Am letzten Sonnabend fand eine Zusammen-
kunft der ehemaligen Schüler von Geheimrat Pro-
fessor Dr. Adolph Goldschmidt statt, die
während seiner Lehrtätigkeit in Halle bei ihm
promoviert hatten. Es fanden sich zu dieser
intimen Nachfeier seines siebzigsten Geburts-
tages 24 Herren zusammen, die zum Teil seit
Jahrzehnten sich nicht wiedergesehen hatten.
Das beste Zeichen für die Liebe und Verehrung,
die Adolph Goldschmidt, in seinem großen
Schülerkreise genießt, war, daß selbst aus so
weiter Entfernung, wie Stuttgart, Marburg und
Dresden, Gelehrte und Museumsdirektoren er-
schienen waren. Fast vollzählig waren die in
Berlin ansässigen Herren anwesend, von denen
Ministerialdirektor Sievers als ältester
Doktorant die Festrede hielt, die in dem Aus-
druck des immerwährenden Dankes für die un-
vergeßliche Lehrzeit in dem kleinen, durch enge
Freundschaft verbundenen Halleschen Kreis
gipfelte. Aus Wien und Nürnberg, Danzig und
Elberfeld, aus Freiburg und Bonn, Darmstadt,
Rom und vielen anderen Orten waren Briefe und
Telegramme eingelaufen, die bewiesen, daß an
dem Tag kaum einer der alten Schule sich diesen
herzlichen Gefühlen entzogen hat, die die Anwe-
senden so erfüllte, daß sie beschlossen, alljähr-
lich dieser ersten, in den Räumen des Ausstel-
lungshauses von Dr. Günther Deneke in der
Bellevuestraße stattgefundenen, gleiche Zu-
sammenkünfte folgen zu lassen.
*
Der Bildhauer Olaf Lemke, der vor allem
durch seine Hünefeld- und Köhl-Büste bekannt-
geworden ist, arbeitet gegenwärtig an einer
Büste des Flugkonstrukteurs Dornier.
*
„Auf den Trümmern einer indi-
schen Weltstadt“ ist das Thema des näch-
sten Vortrages der Gesellschaft für Ost-
asiatische Kunst. Er findet im Roswitha-
Saal des Deutschen Lyceum-Clubs, Lützow-
platz 15, am Dienstag, 7. Februar, um 8 Uhr
abends,-statt. Vortragender ist Herr Dr. William
Cohn, Kustos an den Staatlichen Museen.

Die kleine Geschichte
Die Geschäftsgründung
Es läutet. Ich öffne. Draußen steht ein
Herr im Pelzmantel, lüftet seine Melone und
bittet um eine milde Gabe. Ich begreife nicht
gleich. Ja, bestätigt der Herr, es stimme: er
bitte mich um eine kleine Unterstützung. Er
sei Generaldirektor eines bankerotten Unter-
nehmens und leider gezwungen, sich auf diesem
Wege die Betriebskosten für seinen Maybach
zu beschaffen. Ob ich gütigst einige Kilo-
meter beisteuern wolle.
Unendliche Rührung steigt in mir auf. Mit-
leid mit dem großen Mann, der liebe Gewohn-
heiten entbehren muß, treibt mir die Tränen
in die Augen. Ich krame in meinen Taschen
und überreiche ihm das vorhandene Silbergeld.
Der Herr im Pelzmantel verschmäht mein
Scherflein nicht und dankt mit Haltung. Einer
plötzlichen Aufwallung folgend, bitte ich ihn,
näherzutreten.
Wir setzen uns. Ich entkorke eine Flasche
Schnaps, die mir eine besorgte Tante im Hin-
blick auf die Grippe geschickt hat, und gieße,
da ich Likörgläser nicht liebe, zwei Wasser-
gläser randvoll. Wir trinken uns zu. Auf
dringliche Bitte legt er mir den Stand seines
Unternehmens ohne Umschweife dar. Ich ver-
stehe zwar nichts von Geschäften, jedoch
genug, um einzusehen, daß die Situation hoff-
nungslos ist. Trotzdem bemühe ich mich,
einen Ausweg zu finden. Ich schenke aber-
mals ein, denn zuweilen vermittelt der Alkohol
Gedanken.
Ich sinne und trinke und trinke und sinne.
Plötzlich kommt mir die Erleuchtung: wir
müssen eine neue Gesellschaft gründen. Ich
stecke meine ganze Barschaft, sechsunddreißig
Mark, in die Sache. Er macht seine Habe
flüssig und führt sie dem gleichen Zweck zu.
Bleibt nur zu überlegen, was für eine Gesell-
schaft wir gründen. Der Generaldirektor findet
meine Idee großartig, blüht zusehends auf und
schenkt sich wiederholt ein. Wir trinken und
grübeln über die zu gründende Gesellschaft.
Da wir nicht gleich das richtige finden, ver-
brüdern wir uns einstweilen. Er nennt mich
Simplex, ich darf ihn schlicht Emil anreden.
Wir sind ein Herz und eine Seele.
Erst als wir zwei weitere Flaschen, die ich
auf Kosten der neuen Firma hole, geleert
haben, erhebt sich mein Freund in der Ab-
sicht, nach Hause zu gehen. Ich helfe ihm in.
den Pelzmantel, ziehe mein dünnes Über-
zieherchen an und geleite ihn ans Haustor.
Als Emil winkend um die nächste Ecke biegt,,
steigen mir Bedenken auf. War es nicht un-
überlegt, ihm mein Geld mitzugeben ? Unruhig;
gehe ich zu Bett.
Man soll nie schlecht von Menschen denken..
Ein schrilles Läuten zerschneidet den jungen.
Morgen. Ich sammle mich und gehe an die:
Tür. Wer steht draußen? Emil, vollkommen
zerknirscht. Er hat meine Aktie bis auf den
letzten Rest vertrunken und wirft sich weinend,
an meine Brust. Ich tröste ihn, so gut ich.
kann, und frage ihn, ob er mittlerweile über
unsere Gründung im klaren ist. Er ist es.
nicht, aber fester denn je entschlossen, um
jeden Preis zu gründen. Vor allen Dingen,
will er sich verflüssigen. Ich habe nichts da-
gegen, und so fahren wir denn zu ihm. Er
bewohnt eine Villa und hat einen Weinkeller.
Wir räumen den Weinkeller aus und
schaffen die Flaschen in den Salon. Während
wir trinken, telephonieren wir kapitalkräftige
Leute an und offerieren ihnen Emils Besitz.
Man zeigt Interesse und verspricht zu kommen.
Ich male auf zusammengenähte Bettlaken in
großen Lettern das Wort „Totalausverkauf“
und spanne das Wort unter Lebensgefahr
quer über die Hausfassade. Nicht lange da-
nach fahren die Interessenten vor und machen
Gebote. Die Gebote erscheinen mir etwas
niedrig, aber das ist uns gleich. Wir wollen
gründen, brauchen Geld und schlagen alles
Bewegliche und Unbewegliche los, selbst Emils
Pelzmantel. Fünftausendsechshundert bringt
der Erlös. Fünftausendzweihundert beschlag-
nahmt der Gerichtsvollzieher, der gegen Mittag
erscheint.
Jeder Einsichtige begreift, daß man mit
vierhundert Mark keine Gesellschaft gründen
kann. Wir lassen deshalb ab von unserem
Plan und verflüssigen das übriggebliebene
Stammkapital. Es gelingt uns in zwei Tagen.
Ich erwache an einem abgelegenen Ort, kehre
in meine Wohnung zurück und gehe meinem
Beruf nach. Emil sehe ich zuweilen. Er trägt
keinen Pelzmantel mehr, verkauft Streich-
hölzer und kennt mich nicht mehr. Ich ver-
stehe das nicht. Ich habe für ihn getan, was
in meinen Kräften stand. Simplex

KUNSTHAUS MALMEDE
Köln a. Rhein
Unter Sachsenhausen 33
Antike Kunst
in Gemälden, Plastik, Gobelins, Möbeln,
Antiquitäten
Ankauf Verkauf

Direktion- Fritz-Eduard Hartmann. Redaktion: Dr. Werner Richard Deusch, für moderne Kunst: Dr. Kurt Kusenberg. — Red. Vertretungen für M ü n c h e n : Ludwig F. Fuchs / Rom : G. Relnboth
Wien : Dr. St. Poglayen-Neuwall — Pariser Büro: 8, rue de Varenne. — Verantwortlich für Inhalt und Anzeigen: Theo Rose, Berlin. —-Erscheint im Welt kunst-Verlag G. m. b. H., Berlin W 62. Zuschriften sind
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