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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 7.1933

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Nr. 10 (5. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44613#0044
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DIE W E L T K U N 8 T

Nachrichten von Überall

Münchener Staatl. Graphische
Sammlung
Die 200. Ausstellung der Staatl. Graphischen
Sammlung zeigt als Jubiläums-Schau die Neu-
erwerbungen der letzten 15 Jahre, also einer
Zeit der Hemmungen jeglicher Art, des Seins
oder Nichtseins. Nur die wichtigsten der er-
worbenen Blätter konnten in den beiden Sälen
— im ersten Holzschnitte und Kupferstiche

Kirchner, Klee, Kokoschka, Kollwitz, Kubin,
Laurencin, Liebermann, Toulouse-Lautrec,
Menzel, Munch, Nolde, Pechstein, Rops,
Schmidt-Rottluff, Sintenis, Slevogt, Unold,
Weißgerber, Zille, Zorn zu erwähnen.
Die deutsche Fassung der Gotik
In der Preußischen Akademie der
Wissenschaften sprach Geheimrat

alter Meister, im
zweiten Aquarelle
und Zeichnungen
des 19. Jahrhun-
derts — Raum fin-
den. Aber sie ge-
nügen zu der Fest-
stellung, daß quali-
tativer Ausbau das
Leitmotiv gewesen
ist. Nur in Ab-
drucken, wie sie
hier geboten wer-
den, lernt man die
großen Meister des
Griffejs wirklich
kennen. Wir ver-
weisen auf Cra-
nachs Farbholz-
schnitt „Ruhe auf
der Flucht“, auf
die „Passion“, das
„Große Turnier“,
auf Baldungs un-
vergleichlichen
Holzschnittt „Mark-
graf Christoph von
Baden“ und die
„5 Pferde“, auf Dü-
rers schöne „Kup-
ferstich - Passion“
und die Blätter
„Ritter, Tod und
Teufel“, „Raub der
Amymone“ und
„Hieronymus im
Gehäuse“. Viele Na-


men müßten hier
noch genannt wer-
den: Gg. Pencz,
Hans Wechtlin,

Gherardo Starnina, Madonna mit Heiligen
Holz, 54 : 51 cm — Slg. Heinrich Horten f, Köln
Versteigerung — Vente — Sale:
Kunstauktionshaus Julius Stern, Düsseldorf, 18. März 1933

Burgkmair, Hol-
bein, Aldegrever,
von den Niederländern Rembrandt, Ruisdael
und das graphische Werk 0 stades. F.

{Zu unseren Bericht auf Seite 1)

Künstler-Selbstporträts
Die Galerie Commeterin Hamburg
veranstaltet im März eine interessante und um-
fangreiche Ausstellung von Künstlerselbst-
bildnissen in der modernen Graphik, die einen
Querschnitt von Adolph von Menzel bis Paul
Klee zeigt. Aus der reichhaltigen Kollektion,
die etwa 250 Arbeiten umfaßt, sind besonders
die Bildnisse von Asselin, Barlach, Beckmann,
Paula Becker-Modersohn, Cezanne, Chagall,

Adolph Goldschmidt über deutsche Be-
sonderheiten in der gotischen Buchmalerei.
Bei der Übernahme gotischer Formen aus der
französischen und englischen Buchmalerei
zeigen sich deutliche Abwandlungen auf deut-
schem Boden, Zeugnisse der andersartigen An-
schauungsweise und ästhetischen Grundrich-
tung. Zwei Besonderheiten sind dies in der
Hauptsache: zum ersten eine besondere Be-
tonung des Ausdrucks, die eine größere Unab-
hängigkeit der einzelnen Teile von dem orga-
nischen Zusammenhänge bewirkt und die eine
stärkere Individualität an die Stelle der all-

Ausstellung der „Unabhängigen"
in Amsterdam — als Protest
geschlossen
Im Amsterdamer Städtischen Mu-
seum wurde am 18. Februar die Ausstellung
der „Unabhängigen“ eröffnet, die diesmal
auch eine größere Anzahl Arbeiten deutscher
Künstler umfaßte, die von der Berliner Kunst-
ausstellung 1932 zurückgewiesen worden
waren. Vor Eröffnung der Ausstellung ord-
nete der junger Kunst im allgemeinen recht
wohlgesinnte Direktor des Museums an, daß
zwei Bilder, je eines von einem holländischen
und einem deutschen Maler, entfernt werden;
ersteres, weil es in sittlicher Beziehung an-
stößig, letzteres, weil es durch seine (dem
Katholizismus feindliche Tendenz) für einen
großen Teil der Besucher verletzend sei. Der
Direktor ist hierzu auf Grund einer Bestim-
mung des Vertrages über die Vermietung von
Räumen des Städtischen Museums befugt.
Die Leitung der „Unabhängigen“- protestierte
bei dem Direktor und beschloß, die Aus-
stellung zum Zeichen des Protestes vorläufig
zu schließen. Dr. W. M.
Auszeichnung Wölfflins und
Barlachs
Nach dem Ableben der Ritter des Ordens
„Pour le merite für Wissenschaften und
Künste“ (Friedensklasse), Georg Dehio und
Max Slevogt, wurden an Stelle des ersteren
Heinrich Wölfflin in Zürich, an Stelle
des letzteren der Bildhauer Ernst Bar-
lach (Güstrow i. M.) neugewählt.
Personalien
Siegfried Lämmle, der bekannte
Münchener Antiquar, feierte seinen 70. Ge-
burtstag. Lämmle gründete seine Antiqui-
tätenhandlung im Jahre 1894 und hat ihr unter
den an Nuancen reichen Münchener Geschäften
dadurch eine besondere Note zu geben gewußt,
daß er nicht nur Erlesenes bot, sondern da-
neben Objekte bevorzugte, denen eine gewisse
Originalität anhaftet: astronomische, physika-
lische und Musikinstrumente, Werkzeug, Uhren
u. dgl. F.
Dr. Erwin Redslob, der deutsche
Reichskunstwart, ist von seinem Posten beur-
laubt worden.
Dr. J. G a n t n e r, der Herausgeber der
Zeitschrift „Die neue Stadt“, nimmt neben der
Weiterführung dieser Zeitschrift vom Sommer-
semester ab wieder seine Vorlesungen an der
Züricher Universität auf.
Vorträge
Über „Das Symbol in Kult und Kunst“ wird
der Direktor der Vorderasiatischen Abteilung der
Staatl. Museen, Prof. Dr. Dr. h. c. A n d r a e , auf
vielseitigen Wunsch im Anschluß an die drei
Vorträge dieses Winters (Symbolsprache von den
Sumerern bis zu den Hellenen) zusätzlich noch
an zwei Abenden im Vortragssaal des Pergamon-
Museums sprechen. Die Vorträge finden Sonn-

Corinth, Desboutin, Dix, Ensor, Fantin-Latour,
Gramatte, Seymour Haden, Heckel, Hodler,

Dorotheum-Wien I
Dorotheergasse 17
Versteigerung
des Nachlasses
Baronin
Helene Leitenberger
im Palais Wien I., Parkring 16
Stilmobiliar, französische Bronzen,
Porzellan, Silber und Gemälde
(Hauptwerke von Makart „Der
Tod der Kleopatra“, „Die ster-
bende Kleopatra“, Gabriel v. Max
„Licht“ und „Die hl. Julie am
Kreuz“, Rumpler „Der Tod König
Wenzel III. in Olmütz“, Carl u.
Eugen v. Biaas u. v. a.)
Ausstellung:
6. bis 9. März 1933
V ersteigerung:
10. und 11. März 1933


P. Palamedesz, Plünderung eines Dorfes
Holz, 23,5 : 32 cm — Signiert — Slg. Heinrich Horten f, Köln
Versteigerung ■— Vente — Sale:
Kunstauktionshaus Julius Stern, Düsseldorf, 18. März 1933
{Zu unserm Bericht auf Seite 1)

gemeinen und durchgehenden Typik setzt; das
andere ist ein Streben nach ornamentaler Wir-
kung. Diese Schmuckabsicht führt zu einer-
Übertreibung ursprünglich sachlich begründe-
ter Erscheinungen und verbindet die Grund-
lagen des Bildaufbaues, deren Leistung ur-
sprünglich für sich besteht, wie Rahmen,
Hintergrund, Figuren, Ornamente, stärker zu
einer malerischen Einheit. Goldschmidt wies
das an einzelnen Beispielen auf einem in sich
geschlossenen Gebiete nach, das sich vom An-
fang des 13. Jahrhunderts bis zu Albrecht
Dürer erstreckt.

abend, den 18., und Sonnabend, den 25. März,
abends 8 Uhr, statt. Die Eintrittsgebühr beträgt
0,80 M.
Die bekannte Kunstforscherin, Frau Dr. S t i -
a s s n y aus Wien, berichtet in der nächsten
Sitzung der Gesellschaft für Ostasiati-
sche Kunst über „Buddhistische Darstellungs-
formen in Ostasien“. Der Vortrag findet am
Dienstag, den 7. März, abends 8 Uhr, im Ros-
witha-Saal des Deutschen Lyzeum - Clubs E. V.,
Berlin, Lützowplatz 15, statt.
1OO Jahre Schlesischer Kunstverein
Am 24. Februar konnte der Schlesische Kunst-
verein auf ein hundertjähriges Bestehen zurück-
blicken.

Jahrg. VII, Nr. 10 vom 5. ftlärz 1933


„Graphologische Bildbetrachtung“ heißt ein
Aufsatz von Margot Rieß, vor kurzem
veröffentlicht, der endlich allem Streit um
Wert und Unwert eines Bildes ein Ende macht. '
Die Bedeutung des Artikels ist umgekehrt pro-
portional seiner Länge. Nicht als ob eine neue
Wahrheit auf Hunderten von Seiten dargelegt
werden müßte, — auch Einsteins Akademievor-
trag über die Relativitätstheorie füllt nur ein
dünnes Heft — Fräulein Rieß aber braucht
noch keine hundert Zeilen, um uns zu er-
leuchten.
Hören wir die Prophetin aber selbst. Sie
beginnt mit dem klaren Satz:
„Man mag von der Graphologie als praktisch
anzuwendender Wissenschaft halten was man
will: von noch gar nicht abzuschätzender Be-
deutung ist jedenfalls die Lehre, die sie als Me-
thode den andern ihr benachbarten „Deutungs-
wissenschaften“ — vor allem der Kunstbetraehtung
— gegeben hat (für den der Augen hat zu sehen).
. . . und zusammenfassend schließt die Ver-
fasserin :
Bedenkt man ferner auch die vielfachen Irr-
tümer, denen das Kunsturteil von jeher ausgesetzt
war und noch ist, wie oft man durch Neuheit,
vermeintliche Originalität geblendet wurde, so er-
gibt sich hier als folgerichtiger Vorschlag die
Graphologie als legitimierte notwendige Hilfs-
wissenschaft für die in den uferlosen Regionen
des Gefühls schwimmende Ästhetik zu verwenden.
Es wird z. B. nicht unverdächtig sein, wenn die
Handschrift eines Künstlers gar nicht zu seinen
Bildern „paßt“. Schreiben ist unbewußtes
Zeichnen, heißt ein Leitsatz der Graphologen. So.
kann man mit der Handschrift nicht gut bluffen,
mit dem Bilde — leider — ja! Deshalb sollte
man auch, bevor man es unternimmt, ein neues
Genie zu protegieren, sich vorerst einmal seine
Handschrift betrachten; man wäre dann wahr-
scheinlich weniger Enttäuschungen auf diesem an.
Enttäuschungen allzu reichen Gebiete ausgesetzt.“
Das Urteil der Geschichte über die alte
Kunst wird also zu revidieren sein.
Leonardos kleinliche Spiegelschrift enthüllt,
seinen Charakter: Verstellung, Geheimnis-
tuerei. Das Lächeln der Mona Lisa wird keinem
Menschen im Louvre mehr Rätsel aufgeben,,
dieses fatale Lächeln korrespondiert nur der
fatalen Spiegelschrift des Künstlers. Michel-
angelos klare, einfache Schrift sagt uns so-
wenig wie uns seine Werke fürder sagen
dürften. Menzels Exaktheit muß Schwindel
sein, denn seine Schrift ist verdächtig. Da-
gegen hätte Beethoven lieber malen anstatt,
komponieren sollen, — ein Blatt mit seiner
Handschrift zeigt alle Anlage zum tüchtigen
Impressionisten. In van Goghs Handschrift,
findet der sichere Blick sofort viel Zwei-
deutiges, mal echt, mal falsch Scheinendes,,
wie es durch die Wackerschen Bilder ja nun
sogar auch gerichtsnotorisch geworden ist.
Aber die Kontrolle der Alten wollen wir der
Zukunft überlassen. Wichtiger ist die Siche-
rung der kunstkritischen Gegenwart. Kein Ge-
schmack wird sich mehr frech hervorwagen,,
keine vorlaute Verliebtheit sich wieder für ein
Bild entscheiden. Der hundertprozentige Fach-
mann, der Graphologe, hält die Wage der
Gerechtigkeit in der selbstsicheren Faust. Jeder
bessere Händler wird sich seinen Scherman
halten. Die Juryfreien werden bei allen Aus-
stellungen Handschriftenproben neben Bild
und Graphik hängen lassen, um den Un-
würdigen, dessen Werk uns ziemlich gefällt,
zu entlarven. Wehe, wenn die Schrift des
Landschaftsmalers Eifersucht, Geiz, Neigung
zum Betrug oder zu Gewalttätigkeit verrät,,
oder man denke an das Porträt von dem an
seiner Handschrift schon erkannten nekrophilen
Sadisten.
Wenn die Kritiker erst Graphologen,
geworden sind, wird das Licht leuchten,
in der Finsternis. Welch exakte Sprüche
wird der Kunsthistoriker auf Grund der
Haar- und Grundstriche, der Zwischen-
räume und der Schleifen, der Haken und'
Häkchen jetzt abgeben können. Der ganze:
Unsinn von Stilvergleichung und Kunstpsycho-
logie und gar von Geschmack und Ästhetik ist
für immer erledigt und kein Kritiker braucht
mehr zu fürchten, daß die Nachwelt dem
Künstler gegen ihn recht geben wird. Der
wirklich gewissenhafte Kritiker aber wird sich:
überhaupt durch keine Ausstellung mehr irri-
tieren lassen und zu Hause bleiben. Er läßt
sich einen Brief des Künstlers schicken und'
hat mit der graphologischen Analyse auch:
gleich die Analyse des Kunstwerks. Und wenn
der Ductus der Zeichnung einmal den Ductus
des Briefes nicht deckt, so hat der Künstler
eben gelogen.
Zur Vereinheitlichung und Vereinfachung
der graphologischen Expertisen (und andere
wird es von jetzt an nicht mehr geben) wird
die „Weltkunst“ am 1. April dieses Jahres ein
graphologisch maniakisches Zentral-Labora-
toriuni eröffnen. Als Leitspruch für die Arbeit
ist der zu Anfang zitierte tiefenpsychologische
Satz gewählt worden:
„Man mag von der Graphologie als praktisch
anzuwendender Wissenschaft halten was man
will.“ S t u 11 u s

KUNSTHAUS MALMEDE
Köln a. Rhein
Unter Sachsenhausen 33
Antike Kunst
in Gemälden, Plastik, Gobelins, Möbeln,
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Direktion: F ritz - Ed u a r d Hartmann. Redaktion: Dr. Werner Richard Den sch, für moderne Kunst: Dr. Kurt Kusenberg. — Red. Vertretungen für München: Ludwig F. Fuchs / Rom: G Relnboth
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