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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 7.1933

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Nr. 38 (17. September)
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DIE WELTKUNST

Jahrg. VII, Nr. 38 vom 17. September 1933

dem Dreiklang des Cremegelb, Türkisblau und
Rosa nähert, behauptet er sich durchaus eben-
bürtig neben seinen Vorbildern. Nicht minder
bedeutend ist die Darstellung Rebekkas und
Eleazars am Brunnen. Zwei Figuren, groß in
eine weite Landschaft gestellt, aus kupfrigem
Lokalkolorit, mit dem das stumpfe Rosa und
Grün der Gewandung des Mädchens ver-
schmilzt, als einziger farbiger Akzent das Blau
der Gewandung Eleazars herausleuchtend.
Minder günstig, wenn auch immerhin durch


-Tasohenreliquiar. VIII. Jahrhundert
Sammlung Lederer, Wien
rAusstellung: Frühe christliche Kunst
W„ien, Kunsthistorisches Museum
einige charakteristische Stücke, wird das kolo-
ristische Genie eines Maulbertsch veranschau-
licht. Da ist der aus dem Widerstreit von
Licht und Finsternis geballte, impetuose Wurf
der Kreuzaufrichtung aus Stift Lambach. Das
großformatige Abendmahl der Pfarre Fisch-
amend, das kompositionell hinter Kremser-
schmidts Schöpfung zurücksteht, läßt trotz der
schlechten Erhaltung den Farbenzauber, der
ihm einst eignete, ahnen. Doch sind die klei-
neren Skizzen, die zur Schau gestellt sind, an-
sprechender und bezeichnender.
Zu bedauern ist, daß mit Troger (der
Kremserschmidt und Maulbertsch zeitlich vor-
angeht) einer der größten österreichischen
Barockmaler ganz unzulänglich vertreten ist.
In den Ausgang von Kremserschmidts
Schaffen fällt der Höhepunkt der Tätigkeit des
in seinen erzählenden Darstellungen eine völlig
andere Welt veranschaulichenden F. H. Füger.
In den idealisierten, hellenisch tuenden
Akteuren seiner zum Teil recht unbeholfen ge-
stellten, langweiligen Massenszenen zu Klop-

Inhalt Nr. 38
Xtr. TS t. P o p~ 1 a. .v e r» - N o. n w a 1 1 •
Kirchliche Kunst Österreichs (m. 5 Abb.) . 1/3
G. Reinboth, Rom:
t''Die italienische Kunsthandels-Organisation 2
Stäatl. Kunstausstellung München III 3
Nordische Kunst in Italien (m. 2 Abb.) ... 3
A u k t i o n s v o rb e r i c h t e . 3
Auktionskalender. 3
Nachrichten von Überall. 4
Betrachtungen: Baden . 4
Abbildungen:
Gösser-Kasel.1
Grablegung Christi.1
Bronze-Aufsatz.1
T as ch enreiiquiar...2
Herzogin Katharina von Österreich als
Muttergottes.2
R. C a s t agn i n o, Bronze.3
B. Ge s i n u s, Landschaft.3
A. van Dyck, Heiliger Sebastian.4

Stocks Messiade und der Kreuzigung, dem matt-
farbigen Kolorit, offenbart sich der Maler des
Klassizismus, dem jedoch die monumentale Ge-
sinnung dieses Stiles abgeht. Auch ist er gleich
seinem ganzen Zeitalter, religiöser Innerlich-
keit bar.
Mit den Nazarenern und Romantikern, und
da vor allem dem sehr sensiblen J. E. Scheffer
von Leonhardshoff und Führich, kommt ein
frischerer Zug in die religiöse Malerei. Doch
die Süßlichkeit des Biedermeier lähmt den
Höhenflug der religiösen Kunst. Verwässerter
Raffael (Ender), banalisierter Barocci (Dan-
hausers „Noli me tangere“), Venezianer (Rahl,
Engerth und L. Mayer) und Bolognesen (Wald-
müller) feiern in der Kunst des Spätbieder-
meier und zweiten Rokoko eine unrühmliche
Auferstehung. Mit dem zunehmenden Ra-
tionalismus und Materialismus schwindet die
Gläubigkeit und damit die Fähigkeit, ein An-
dachtsbild zu schaffen.

Religiöse Graphik
Die beiden Graphikausstellungen in Al-
bertina und Kunstgemeinschaft
laufen parallel zu den Ausstellungen im Hagen-
bund und Künstlerhaus, zu denen sie eine wich-
tige Ergänzung bilden: Die Verherrlichung
Mariae, die Schilderung des leidenden Christus
sind die beiden Hauptthemen der religiösen
Kunst der deutschen Lande von den Zeiten der
Gotik bis herab ins 19. Jahrhundert.
Die Marienverehrung, zu der von den Zister-
ziensern und Prämonstratensern im 12. Jahr-
hundert der Grund gelegt wird, findet in der
Graphik der Gotik, in den Blättern des Meisters
E. S. und des „Meisters der Spielkarten“, vor
allem aber in den Stichen Martin Schongauers
ihren Widerhall. Noch nachhaltiger ist die
Wirkung, die der Marienkult auf die Graphik
der deutschen Frührenaissance, auf Dürer (der
mit zehn Handzeichnungen und sechsund-
zwanzig Graphiken zur Geltung kommt) und
seinen Kreis: Hans Süß von Kulmbach, H. L.
Schäufelein, Hans Baldung Grien, auf Cranach
den Älteren, Jörg Breu und die Vollender des
von L. Cranach eingeleiteten Donaustiles, Alt-
dorfer und Wolf Huber, ausgeübt hat.
In den Glaubenskämpfen des 16. Jahr-
hunderts tritt die Anteilnahme in der religiösen
Kunst in den westlichen Ländern zurück, um
erst wieder mit dem Einsetzen der Gegen-
reformation an Boden zu gewinnen. Die Macht-
entfaltung des habsburgischen Kaiserhauses
nach der Niederringung des Protestantismus
und der Abwehr der Türkengefahr, und der
Hand in Hand damit gehende Machtzuwachs
des Klerus haben eine Hochblüte der religiösen
Kunst auf österreichischem Boden im Gefolge,
die auch in der Graphik der großen öster-
reichischen Barockmeister ihren Ausdruck
findet.
Die Ausstellung schließt, nach einem kurzen
Eingehen auf das Interesse des Klassizismus,
mit den Nazarenern und Romantikern, in deren
Telig’iößGt? Kwnst tvocVi einznal die G-esValt- dor
reinen Jungfrau Maria im Mittelpunkte steht.
Kustos Dr. O. Benesch, der Schöpfer
der eindrucksvollen Schau gibt überdies, gleich-
sam anhangweise, einen kulturhistorisch über-
aus interessanten Überblick über die Stätten
der Marienverehrung, an Hand von Stichen,
Holzschnitten und Handzeichnungen, vom
16. Jahrhundert bis auf unsere Zeit.
Ähnlich der Ausstellung in der Albertina
setzt auch die kleine Auswahl von Ecce-Homo-
Bildem, die der Kustos der Albertina, Reg.-Rat
Dr. H. Reichel, im Rahmen der Kunst-
gemeinschaft zeigt, mit dem Ausgang der
Gotik ein, um in den Arbeiten der deutschen
Frührenaissance, von Dürer und seinem Kreis,

Cranach und Burgkmair zu gipfeln. Mit den
schönen, manieristisch beeinflußten Blättern
von Daniel Hopfer klingt die Reihe aus.
Künstlerisch Bemerkenswertes findet sich erst
wieder unter den Arbeiten des ausklingenden
Barock, unter den Blättern nach Kremser-
schmidt und Maulbertsch, zu deren Pathos die
Banalitäten des 19. Jahrhunderts in schroffem
Gegensatz stehen.
Neue Kirchenbaukunst
Das Schwergewicht der Ausstellung in der
Sezession, in der der bildenden Kunst, in
kluger Erkenntnis ihrer Unzulänglichkeit auf
dem Gebiet der religiösen Darstellung, nur eine


Herzogin Katharina von Österreich
als Muttergottes. Um 1370
Ausstellung: Mittelalterliche religiöse Plastik
Wien, Hagenbund

untergeordnete Rolle eingeräumt wurde, ist auf
eine Darbietung der neueren österreichischen
Kirchenarchitektur gelegt worden. Kommt
doch gerade hier, auf dem Wege des Zweck-
lichen, die moderne Kunst religiösen Forderun-
gen am nächsten.

Bewunderswert ist das absolute und doch
keineswegs der persönlichen Note entbehrende
Einfühlungsvermögen mancher Architekten in
den Geist der alten Architektur, wie es Um-
bauten und Erweiterungsbauten bisweilen for-
dern. Von der bedeutendsten derartigen
Leistung, Peter Behrens’ monumentalem Er-
weiterungsbau von St. Peter in Salzburg, liegen
zahlreiche photographische Aufnahmen vor;
ebenso von den vielen Umbauten von Clemens
Holzmeister, der in der Sezession (deren Aus-
stellung sein Werk ist) mit einer umfang-
reichen Sonderschau zu Worte kommt. So hat
Holzmeister, der heute wohl der auch in
Deutschland am meisten beschäftigte Kirchen-
bauer ist, auch das Innere der Hedwigskirche
in Berlin umgestaltet. In St. Anton am Arl-
berg und in Dornbach (bei Wien) hat er Er-
weiterungsbauten durchgeführt und deren für
die Kirche von Untermais bei Meran und für
Traisen entworfen.
Aber nicht nur der Bau als solcher, auch
die Inneneinrichtung beschäftigt ihn. Eine der
wichtigsten Aufgaben der Inneneinrichtung, die
sich Holzmeister gestellt hat, ist das Problem
der Anbringung von Orgel und Sängerchor zur
Steigerung der akustischen Wirkung. So hat
er den Orgelchor in St. Hedwig für die Sänger
freigemacht und dafür zu beiden Seiten ober-
halb des Hochaltars Orgeln angebracht. Ein
Vorgang, den Holzmeister auch bei einer Kirche
im Saargebiet und in dem Entwurf des Kar-
dinal Piffl-Gedächnisbaues für Gloggnitz mit
geringen Abweichungen wiederholt hat.
Im Gegensatz zu Peter Behrens, der in dem
mit Alexander Popp geschaffenen genialen
Entwurf zu der Kirche in Linz-Urfahr in der
Gestaltung des Außenbaues radikal mit der
Überlieferung bricht, um die Kirche dem
Charakter moderner Industriebauten anzu-
nähern, geht Holzmeister, auch wenn es sich
um Neubauten handelt, wie etwa bei der Kirche
von Batschuns (Tirol) oder Vorkloster (Vor-
arlberg) oder der Gedächtniskirche für Kar-
dinal Piffl und dem Ignaz Seipel-Gedächtnis-
bau, gerne von der überlieferten lokalen Stil-
form aus, an der er, auch wenn er sie im Geiste
moderner Baugesinnung umgestaltet, festhält.
Das Bestimmende aber ist und bleibt für ihn
die unmittelbare Umgebung des Baues. So stellt
er in der „Krim“, dem Arbeiterviertel des
XIX. Bezirkes, mitten zwischen die Arbeiter-
häuser ein schlichtes, hausähnliches Gebäude
auf, das nur durch einen darüber hinausragen-
den Turm als Kirche gekennzeichnet ist. Und
ebenso paßt er den anspruchslosen Entwurf
des Seipel-Baues dem Charakter der Arbeiter-
vorstadt an.
Dieses Streben nach Einfügung des Baues
in das Landschaftsbild ist auch für die Arbeiten
der übrigen Aussteller, im besonderen für jene
der Schüler von Behrens und Holzmeister, be-
zeichnend. Es kommt auch in den Entwürfen
des greisen K. Holey zum Ausdruck, der gleich
Holzmeister in der Ausstellung mit einer Son-
de2-kollektion vertreten ist und namentlich im
Burgenland vieles gebaut hat, worin er sich
den Forderungen einer neuen Zeit anzupassen
trachtet.
Kunsthandiäerk
Im Oesterreichischen Museum
für Kunst und Industrie hat man sich
bei der Zusammenstellung der Schau alten
kirchlichen Kunstgewerbes, wobei Direktor Dr.
Ernst und Prof. Haerdtl (der Assistent
Josef Hofmanns) zusammenwirkten, auf eine
Auswahl aus dem Bestand des Museums be-
schränkt. Im Eingangsraum sind Glasfenster
des 14.—15. Jahrhunderts ausgestellt, während
man im Hauptraum die reichen Meßgewänder

Die italienische
Kunsthandels-Organisation

Der gesamte italienische Kunsthandel ist in
der „Federazione Nazionale Fascista del Com-
mercio di Arte Antica2 Moderna e di prodotti
dell’artigianato“ zusammengefaßt« Hier sind
insgesamt 12 000 Unternehmer organisiert.
Aber das weite Gebiet dieses Handels verlangte
eine weitere Gruppeneinteilung, sollten alle
Arbeitsgebiete wirklich erfolgreich vertreten
werden können. So hat man acht „Categorie“,
Fachgruppen geschaffen. Zu ihnen gehört als
neunte noch der Handel mit alten Büchern, der
außerhalb der Federazione blieb. Die acht
Kategorien sind folgende: 1. Händler mit anti-
ker Kunst, 2. Händler mit „reiner“ moderner
Kunst, 3. Händler mit Heiliger Kunst und
Kirchenausstattung, 4. Händler mit künstle-
rischen Erzeugnissen, 5. Händler mit Erzeug-
nissen des dekorativen Handwerkes, 6. Auk-
tionshäuser, 7. Händler mit Spielzeugen, und
8. Händler für Philathelie. Die Zusammen-
fassung dieser Gruppen zur übergeordneten,
durch den Staat als einzig rechtlich bestehend
anerkannten Berufsvertretung ist vollkommen,
so daß die Federazione mit ihren Gruppen sich
bereits außerordentlich arbeitsfähig erwiesen
hat. Die Berufsfragen der Händler konnten
deswegen gerade unter der faschistischen
Federazione zu einer früher nicht erreichbaren
Lösung geführt werden, da die Berufsgrup-
pen, mit denen dieser Kunsthandel zu tun hat,
unter dem Faschismus ebenfalls syndikal oder
federal zusammengefaßt worden sind, nämlich
die Künstler in den „Sindacati professionisti
ed artisti“, die Handwerker in der „Federa-
zione autonoma dell’artigianato“, die Experten
in den oben erwähnten Syndikaten unter Bil-
dung einer Sondergruppe usw. Durch die er-
reichte Dauerverbindung zwischen der Han-
delsfederazione und den Organisationen der als
Lieferanten fungierenden anderen Berufen er-
gab sich nach der Überwindung alter Schwie-
rigkeiten ein gutes und ziemlich reibungsloses
Zusammenarbeiten. Prinzipiell sind es jetzt

nicht mehr die Einzelhändler, die mit den ande-
ren Kategorien in Verbindung treten und
natürlich ausschließlich für sich sorgen, dabei
freilich manchmal dem Interesse des ganzen
Standes gedient haben, es ist immer die Ge-
samtberufsvertretung, die mit der Partner-
organisation Verabredungen trifft. Die Be-
schlüsse gelten dann nicht nur für die in der
Federazione gebundenen Händler, sondern für
alle italienischen Händler. Denn es gehört zu
der Eigenart der faschistischen Berufsorgani-
sationen, daß sie zwar freiwillig bleiben und
keinen Eintritt erzwingen, daß sie aber mit
allen ihren Aktionen bindend für das gesamte
Gewerbe werden, und zwar gleichgültig, ob der
einzelne Berufsangehörige Faschist ist oder
nicht, in die Organisation eintrat oder nicht
(wozu er wieder nicht Faschist zu sein
braucht).
Einen wichtigen Punkt hat die Federazione
des Kunsthandels zu erreichen versucht, und
zwar gleichzeitig im nationalen wie im Berufs-
interesse : die Bereinigung innerhalb
der Händlerschaft. Man machte dabei
geltend, die moralisch nicht kontrollierte Händ-
lerschaft gefährde die Nationalinteressen durch
heimliche Ausfuhren, Fälschungen und einen
nicht hinreichenden Schutz des Kunstver-
mögens in Italien selbst. Infolgedessen hat
die Federazione für den Kunsthändler ein
Qualitätskriterium aufgestellt, das der Präsi-
dent G i a c o m i ni folgendermaßen formu-
lierte: „Wir betrachten als Kunsthandlung nur
dasjenige Unternehmen, das technisch so aus-
gerüstet ist, daß es regelmäßigen Kontakt mit
dem Ausland unterhalten kann und welches
ein dauerndes Instrument für internationalen
Austausch darzustellen in der Lage ist. Denn
es handelt sich um einen außerordentlich
wichtigen Handelszweig, bisher leider bei uns
durch die zerstörerische Aktion nicht wün-
schenswerter Elemente vernachlässigt, die bar
jeder Kunstkenntnis und jener besonderen Wer-

tungsfähigkeiten, die das Grundwesen unserer
Berufstätigkeit formen, gewesen sind. Welche
Wichtigkeit dem Handel zukommt, geht daraus
hervor, daß U. S. A. 1931 aus Italien für
9 Millionen Lire künstlerische Objekte impor-
tiert hat. Das ist die Ziffer der italienischen
Statistik; die amerikanische Statistik nennt
45 Millionen Lire. Der Gegensatz zwischen den
beiden Ziffern sagt deutlich aus, daß dieser
fünffache Verkehr entweder durch ausländische
Häuser oder aber — und das ist wahrschein-
licher —■ heimlich und zum Schaden Italiens
vorgenommen worden ist.“
Die Beziehungen zu den Künstlersyn-
dikaten werden vornehmlich durch die von
Mussolini fixierten Ausstellungen bestimmt,
von denen die Biennale von Venedig, die
Quadriennale von Rom, die Triennale von Mai-
land die wichtigsten sind und die sämtlich
auch Verkauf der ausgestellten Werke zum
Ziele haben. Ergänzend zu dieser Arbeit des
Staates sind in der Periode 1923—32 in den
großen Städten Italiens verschiedene Privat-
galerien gegründet worden, die mit ihrer Aus-
stellungsarbeit die staatlichen Unternehmen er-
gänzen. Der Künstler findet sich demnach
nicht mehr völlig isoliert einem preisdrücken-
den Handel gegenüber, sondern wird durch sein
Syndikat gestützt. Die Folge ist eine Har-
monie in der Funktion von Künstlerschaft und
Händlerschaft bei Umgrenzung der Funktionen,
da andererseits die Künstlergewerkschaft
wiederum durch das faschistische Arbeitsrecht
gehindert ist, Handel mit den Erzeugungen der
Angeschlossenen zu betreiben und dieses Tätig-
keitsfeld zwar überwachen, aber nicht aus-
üben kann, demnach dem Kunsthandel seinen
Platz lassen muß. Die Tätigkeit der Syndikate
bleibt somit auf Auswahl, Wertung und Förde-
rung beschränkt, bleibt aber immer dem end-
gültigen Urteil des Marktes unterworfen. Es
ist das eine Aufteilung der Funktionen, die die
beiden Gruppen aufeinander angewiesen er-
scheinen läßt und jedem eine feste Achse gibt,
von der aus die eigene Aktivität aufgenommen
werden kann.
Der Versuch einer vollkommenen Moralisie-
rung und Bereinigung des italienischen Kunst-
handels dehnt sich auch auf die Expertise

aus. Obwohl die Experten nicht in der Kunst-
handelsfederazione, sondern in der Confede-
razione Professionisti ed artisti organisiert
sind, hat die Kunsthandelsorganisation zur
Säuberung aktiv mitgearbeitet. Zunächst han-
delte es sich um die Disziplinierung der „bandi-
tori“, d. h. kaufmännischen Experten bei Ver-
steigerungen, deren Tätigkeit und Befähigungs-
nachweis noch durch keinerlei Gesetz ge-
regelt ist. Die Federazione hat ein Kriterium
aufgestellt, welches Kenntnis, Zuständigkeit
und Moralität als Hauptpunkte umfaßt und
welches zum Ziel hat, besondere Experten-
patente erteilen zu können. Sie hat daher an
die Conf. Professionisti Artisti die Eingabe ge-
richtet, man möge bei der Aufnahme der Ex-
perten in die Fachgruppe ein Qualitätskrite-
rium einführen. Grundlegend soll dabei das
Urteil der Provinzialwirtschaftsräte werden,
also die persönliche Kenntnis der Ortshandels-
behörde korporativen Charakters. Ferner soll
auf Antrag der Kunsthandelsfederazione eine
Sondergruppe der Experten geschaffen werden,
die alle die Herren umfaßt, die als wirkliche
„Experten für alte und moderne Kunst“ auf-
treten können, und dann nicht mehr mit den
„banditori“ (Banditori heißt wörtlich Ausrufer
und kann auch für das bei Versteigerungen zur
Verwendung kommende Personal in Anwen-
dung kommen) zusammengeworfen werden.
Für diese Experten soll sodann ein Berufs-
album geschaffen werden.
Um die bisherige Tätigkeit der Kunst-
handelsfederazione ganz zu beschreiben, sei
noch auf das Übereinkommen mit dem Kunst-
handwerk hingewiesen; dort ist man bekannt-
lich zu einer permanenten Zusammenarbeit in
einem paritätischen Komitee zwischen Hand-
werk und Handel gekommen, um eine Erfas-
sung aller Qualitätswaren ermöglichen zu
können. Erinnert man sich noch an das un-
kontrollierbare Chaos, welches der italienische
Kunsthandel bis vor wenigen Jahren darstellte,
so wird diese moralische Durchpflügung, die
Klärung mit Gesetzen und Vorschriften — für
lateinische Länder bleibt die Arbeitsrechts-
schöpfung und legale Fixierung immer Grund-
lage einer Ordnung — schon jetzt bewunderns-
wert sein, in Zukunft aber gewiß Früchte
tragen. Gerhard Reinboth (Rom)
 
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