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DIE WELTKUNST
Jahrg. VII, Nr. 49 vom 3. Dezember 1933
• •
Nachrichten von überall
Neuerwerbungen
des Prado-Museums, Madrid
Die Goya-Abteilung des Prado hat jetzt
drei neue Stücke hinzubekommen: Drei Rund-
bilder, die Allegorien des Ackerbaues, der In-
dustrie und des Handels darstellen, und die
wahrscheinlich zu Ende des 18. Jahrhunderts
gemalt wurden. Goya malte sie für den Palast
seines Gönners, des Marineministers Godoy,
desselben, der später Goyas nackte und beklei-
dete Maya erwarb, die dann im Katalog seiner
Kunstsammlung als „Zigeunerinnen“ figurier-
ten. Die drei neuen Bilder gehören gewiß
nicht zu den besten Goyas dieser Periode.
Immerhin sind sie eine willkommene Bereiche-
rung der Werke des Künstlers im Prado; denn
Goyas Schaffen in dieser Zeit war hier bisher
nicht hinreichend genug vertreten.
Ein recht interessantes Stück ist das Frag-
ment eines Werkes von G. B. Tiepolo, das der
900 Seiten das gesamte Kunstinventar des Mu-
seums umfaßt (insgesamt 2570 Nummern). Der
letzte Katalog von 1920 ist einer gründlichen Re-
vision unterzogen worden. In wesentlichen Punk-
ten wurde eine Reihe von Zuschreibungen und
Datierungen geändert, wobei das Katalog-Vorwort
die Mitarbeit Max Friedländers und Hermann
Voß’ für die Untersuchung der Werke der flä-
mischen Schule und des italienischen Manieris-
mus vermerkt. W. G.
Das Osthaus-Archiv für Marburg
Das bisher dem Albert Langen-Georg Mül-
ler-Verlag in München, früher dem Benno-Fil-
ser-Verlag in Augsburg gehörende photogra-
phische Kar.l Ernst Osthaus-Archiv
ist mit allen Rechten in den Besitz des
Ku n s t g e s c h i c h 11 i c h e n Seminars
der Universität Marburg über-
gegangen. Das Osthaus-Archiv besteht aus
etwa 15 000 Originalplatten von Aufnahmen
europäischer — hauptsächlich deutscher — und
außereuropäischer Kunst. Seine Bestände be-
„Der Tanz von Barcelona“. Aus der Folge der „Geschichte des Don Quichotte“
Tapisserie der Manufacture royale des Gobelins, 18. Jahrh., nach Entwurf von Charles Coypel
375:547 cm — Slg MM. X . . . — Kat. Nr. L
Versteigerung: Me.A Bellier, MM. Hessel, Feral, Catroux, Ancel, Treves, Bourdariat, Cailac
Paris, 19, Avenue d’Jena, 16. Dezember 1933
mert. Aber die massiv goldene Krone mit
ihrem reichen Besatz von Filigran und Perlen
sowie der silberne Thron waren unversehrt, da
sie nicht in der Schatzkammer waren, als der
Raub geschah. Jetzt ist das Ganze auf Grund
von Abbildungen wieder auf gebaut worden; nur
eine wesentliche Änderung hat Witte einge-
fügt. Er hat die barock geformten Köpfe, die
aus dem Jahre 1664 stammten, durch solche im
hochromanischen Stil der Entstehungszeit des
Werkes ersetzt, um die Figur einheitlicher er-
scheinen zu lassen. Die dankenswerte Er-
neuerung ist durch die Provinz Hannover er-
möglicht worden, die die Mittel dafür be-
willigte.
Ausgrabungen in Lorsch
Durch Einsatz des freiwilligen Arbeits-
dienstes ist es Prof. Dr. Friedrich B e h n vom
Römisch-Germanischen Zentral-Museum in
Mainz möglich gewesen, an der Stätte der
karolingischen Bauten in Lorsch neue Aus-
grabungen zu veranstalten. Die Anlage auf
der Kreuzwiese, wenige 100 m östlich des
Klosterhügels am Rande der Weschnitz hat
sich als das Mutterkloster von Lorsch heraus-
gestellt. Die Baugeschichte ist in wenigen
Etappen verlaufen. Offenbar ist der fränkische
Hof dem Grundriß des im Rheinland bekannten
Typus des römischen Gutshofes nachgebildet
und mit dem Material irgendeines römischen
Baues ausgeführt worden. Wie Behn in der
„Denkmalspflege“ betont, lehrt dieses älteste
auf deutschem Boden aufgedeckte Kloster, daß
die ersten derartigen Siedlungen ebenso wie
die ersten Kirchen keine architektonischen
Neuschöpfungen, sondern dem Erbgut der an-
tiken Baukunst entnommen waren. Auf der
Höhe der Düne ist dann das größere Kloster
nach wenigen Jahren erbaut worden, mit
neuem Typus. Die deutsche Altertumforschung
hat in der Lösung der schwierigen Fragen, die
das karolingische Reichskloster Lorsch mit
seinen viel bewunderten Bauten stellt, eine be-
sonders ehrenvolle Aufgabe. Das nächste Ziel
wird die Untersuchung der Klausur sein.
Ausgrabungsschätze aus Krain
Im Dezember sollen in New York im Auf-
trage der Herzogin Marie Antoinette
von Mecklenburg die Ergebnisse der
Ausgrabungen versteigert werden, die die ver-
storbene Herzogin Friedrich Paul mit Unter-
stützung Kaiser Wilhelms II. und mit be-
sonderer Erlaubnis Kaiser Franz Josephs in
den österreichischen Alpenländern unternom-
men hat.
Prado jetzt aus dem Kunsthandel erworben
hat. Das Fragment, eine kleine Leinwand mit
einem Engel, der einen Kranz weißer Lilien
krönend emporhält, wurde von Sanchez Can-
ton, dem 2. Prado-Direktor, identifiziert, der
in ihm ein Fragment des stark beschnittenen
„Hlg. Joseph“ der Sammlung Moret, Madrid
sieht. Jedenfalls gehört es zweifellos zu einem
der spätesten Werke Tiepolos. Der Engel, der
zu den reizendsten gehört, die Tiepolo malte,
hat jene weich verschwimmenden, duftigen
Farbtöne, die typisch für die Altersperiode des
Meisters sind.
Gleichzeitig mit den Neuerwerbungen erscheint
jetzt nach 13 Jahren ein neuer Katalog des Prado-
museums, der in handlichem Format auf etwa
GALERIE
HABERSTOCK
BERLIN W9, BELLEVUESTRASSE 15
kaufen
eine sehr bedeutende
frühe
Thoma-
Landschaft
möglichst
mit Figuren
reichern und ergänzen aufs glücklichste das
Plattenarchiv des Kunstgeschichtlichen Semi-
nars in Marburg, das nunmehr über einen Be-
sitz von etwa 80 000 eigenen Aufnahmen von
Kunstwerken aller Zeiten und Völker verfügt
und unermüdlich bestrebt ist, diese der Wissen-
schaft und dem kunstliebenden Laien nutzbar
zu machen.
Die Goldene Maria
von Hildesheim
Die als „Goldene Maria von Hildesheim“ be-
rühmte Marienfigur der dortigen Domschatz-
kammer, eine hervorragende Arbeit der deut-
schen Kunst des hohen Mittelalters, ist jetzt
von dem Aachener Domgoldschmied Bernhard
Witte wiederhergestellt worden. Diese Dar-
stellung der thronenden, gekrönten Gottes-
mutter, eine Schöpfung der spätromanischen
Kunst des 13. Jahrhunderts, war im März 1920
mit 17 anderen Kostbarkeiten aus der Dom-
schatzkammer gestohlen worden. Nach wenigen
Tagen fand man aber den ganzen Raub in einer
Müllgrube in Berlin wieder. Doch hatten die
Einbrecher einzelne Kunstwerke zu be-
quemerem Fortbringen rücksichtslos zerstört,
darunter auch das goldene Marienbild. Der
Goldmantel der Gottesmutter war in viele
kleine Fetzen zerschnitten, und der Lindenholz-
kern des 60 cm hohen Bildwerkes war zertrüm-
Es sind etwa 20 000 Bronze- und Eisengegen-
stände, die die Entwicklung der dortigen Zivili-
sation während der frühen Eisenzeit, vom 8. bis
4. Jahrtausend v. Chr., erläutern. Die Aus-
grabungen, die von Fachleuten wie Oscar Mon-
telius und Paul Dechelette geführt wurden,
sind in Fortsetzung der Ausgrabungen südöst-
lich von Hallstatt unternommen worden. Die
Hauptstücke der Sammlung, die seit langer
Zeit in der Schweiz war, sind die sog. Watsch
Situla, ein Kultgefäß mit reichem Zierfries, das
lange im Laibacher Museum stand, dann
Helme, Schwerter, kleine Figuren, Fingerringe
und Ketten.
V. Allgemeine
Unabhängige 1933
Berlin
Der fünften Ausstellung der Juryfreien
gegenüber, zu der aus ganz. Deutschland nicht
weniger als zweihundert Künstler vierhundert
Werke in die Berliner Bellevuestraße geschickt
haben, ist die Ausstellungsleitung machtlos
gewesen. So ist es gekommen, daß von den
Wändbn ohne überzeugende Hängegliederung,
die ja auch bei einer Masse von Bildern dieser
Art zur Unmöglichkeit wird, eine im Durch-
schnitt sehr gemeinverständliche Kunst in allen
nur möglichen Stilarten und Anklängen, vom
DIAMANTEN-REGIE
Alte Gemälde
Juwelen
BERLIN W15z KURFURSTENDAMM 23
Kitsch bis zur neuen Sachlichkeit triumphiert.
Der kritische Besucher empfindet das Ganze
als wunderliches Durcheinander, das ihm un-
wirklich und wie jenes Traumreich vorkommt,
von dem Goethe einmal an Herder schreibt, es
wäre „wie ein falscher Lostopf, wo unzählige
Nieten und höchstens kleine Gewinnstchen
untereinander gemischt sind“. Er ist schon zu-
frieden, wenn er sich in diesem Wirrwar an
einige bekannte Namen halten kann. So wird
ihm das große Waldbild von Jaeckel ebenso
auffallen, wie einige Stücke von C r o d e 1, R.
Ewald, dem Grafen H. Luckner und eine
Landschaft von Hans Licht. Aber selbst diese
Beispiele charakterisieren' bereits das bunte
Vielerlei der Veranstaltung, in der die Plastik
noch am besten abschneidet. Mit guten hand-
werklichen Leistungen sind hier der Stettiner
Schwerdtfeger und die Münchnerin Eck-
hardt vertreten, auch die Formungen von
N i e d n e r fallen auf. Man notiert ferner
noch einige Blätter von S and ku h 1,
Aquarelle von Max Hamburger, Walter
Schleppegrell und A. Hesse, Radierun-
gen von G. Rotermund und ein sehr ein-
dringliches Kinderbildnis von Georg K i n z e r.
Aber auch das sind nur zufällige Begegnungen
in einer Menge, in der die Beziehungen der
einzelnen zueinander nicht wirksam werden.
Zk.
Personalien
Hofrat Eduard Leisching, der ehemalige Direk-
tor des österreichischen Museums für Kunst und
Industrie, Verfasser zahlreicher wichtiger Werke
zu der Geschichte der Bildnisminiatur, des Kunst-
handwerkes und der Kunsterziehung, der Kunst-
berater der Gemeinde Wien, ist 75 Jahre alt ge-
worden.
Raum- und Bildkunst
Ein besonders glücklicher Typ der Gemälde-
handlung scheint in Berlin von Major a. D. Kurt
Rohde in seinen Räumen, Uhlandstraße 31, ge-
schaffen worden zu sein: Unaufdringlich präsen-
tieren sich in geschmackvoll-zurückhaltend einge-
richteten Zimmern die Sammlung der Gemälde,,
die in ihrer Qualität vom Spitzenwerk bis zu der
hier besonders gepflegten Kunst der Kleinmeister
nicht nur dem Kennersinn des langsam in diese
Materie hineingewachsenen ehemaligen Offiziers
das beste Zeugnis ausstellt, sondern auch in der
historischen Weite vom gotischen Altarbild bis.
zum Werk der Romantik eine Vielseitigkeit der
Interessen erkennen läßt, die in der Zeit des.
Spezialistentums erstaunlich ist. Die in den Aus-
stellungsräumen (siehe Abbildungen S. 2, 4)
zur Schau gestellten Sammlungen umfassen vor
allem auch eine Reihe darstellungsmäßig und
kunsthistorisch seltener und eigenartiger Werke.
Eigenhändiges Gedicht Goethes
an Hofrat Dr. Schütte (verkleinert)
Aus dem Besitz der Fa. Leo Liepmannssohn
Antiquariat, Berlin SW 11, Bernburger Str. 14
Berliner Kupferstichkabinett
Um dem werktätigen Publikum, das sich für
graphische Kunst interessiert, die Möglichkeit zu
bieten, Sonntags neben den Ausstellungen des
Kupferstichkabinetts auch die in Mappen befind-
lichen Zeichnungen und Drucke zu studieren, wird
der Studiensaal des Kupferstichkabinetts im
Winter Sonntags (ab 3. Dezember) von 10 bis
2 Uhr offengehalten werden.
Vortrag: Am Mittwoch, dem 6. Dezember 1933,
20 Uhr, spricht im Lichthof des ehemaligen Kunst-
gewerbe-Museums, Prinz-Albrecht-Straße 7, in der
Sonderveranstaltung des Kampfbundes für deut-
sche Kultur, Alfred Rosenberg. Anschlie-
ßend Führung durch die Ausstellung „Deutsches
Heimatwerk“ durch die Herren Hans Kaiser, Erich
Ziegert. Eintritt 0,50 J(.
KUNSTHAUS MALMEDE
Köln a. Rhein
Unter Sachsenhausen 33
Antike Kunst
in Gemälden, Plastik, Gobelins, Möbeln,
Antiquitäten
Ankauf Verkauf
Direktion: Fritz-Ednard Hartmann. Schriftleiter: Dr. Wer n er Ri ch ar d D eus ch. — Red.-Vertretungen fflr Manchen: Ludwig F. Fuchs / Paris: M. L. Szecsi, 232 Bld. St. Germain, Tel.: Littre 56-18 / Rom: W. Rein-
both /Wien: Dr. St. Poglayen-Neuwall. — Verantwortlich für Inhalt und Anzeigen : Theo Rose, Berlin. — Erscheint im Weltkunst-Verlag Gr. m. b. H., Berlin W 62. — Zuschriften sind an die Direktion der Weltkunst, Berlin W <>2.
Kurfiirstenstraße 76-77, zu richten. Anzeigenannahme bis Donnerstag heim Weltkunst-Verlag. Inseratentarif auf Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverständnis des Verlags, auszugsweiser Nachdruck nur mit Quellen-
angabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte wird nicht übernommen und jegliche Verantwortung, auch hinsichtlich des Veröffentlichungstermins und der Rücksendung, abgelehnt. Der Verlag übernimmt,
durch Erwerbung eines Manuskripts alle Verlagsrechte für dasselbe. Druck 11. S. Hermann H. m. b. H., Berlin SW 19.
DIE WELTKUNST
Jahrg. VII, Nr. 49 vom 3. Dezember 1933
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Nachrichten von überall
Neuerwerbungen
des Prado-Museums, Madrid
Die Goya-Abteilung des Prado hat jetzt
drei neue Stücke hinzubekommen: Drei Rund-
bilder, die Allegorien des Ackerbaues, der In-
dustrie und des Handels darstellen, und die
wahrscheinlich zu Ende des 18. Jahrhunderts
gemalt wurden. Goya malte sie für den Palast
seines Gönners, des Marineministers Godoy,
desselben, der später Goyas nackte und beklei-
dete Maya erwarb, die dann im Katalog seiner
Kunstsammlung als „Zigeunerinnen“ figurier-
ten. Die drei neuen Bilder gehören gewiß
nicht zu den besten Goyas dieser Periode.
Immerhin sind sie eine willkommene Bereiche-
rung der Werke des Künstlers im Prado; denn
Goyas Schaffen in dieser Zeit war hier bisher
nicht hinreichend genug vertreten.
Ein recht interessantes Stück ist das Frag-
ment eines Werkes von G. B. Tiepolo, das der
900 Seiten das gesamte Kunstinventar des Mu-
seums umfaßt (insgesamt 2570 Nummern). Der
letzte Katalog von 1920 ist einer gründlichen Re-
vision unterzogen worden. In wesentlichen Punk-
ten wurde eine Reihe von Zuschreibungen und
Datierungen geändert, wobei das Katalog-Vorwort
die Mitarbeit Max Friedländers und Hermann
Voß’ für die Untersuchung der Werke der flä-
mischen Schule und des italienischen Manieris-
mus vermerkt. W. G.
Das Osthaus-Archiv für Marburg
Das bisher dem Albert Langen-Georg Mül-
ler-Verlag in München, früher dem Benno-Fil-
ser-Verlag in Augsburg gehörende photogra-
phische Kar.l Ernst Osthaus-Archiv
ist mit allen Rechten in den Besitz des
Ku n s t g e s c h i c h 11 i c h e n Seminars
der Universität Marburg über-
gegangen. Das Osthaus-Archiv besteht aus
etwa 15 000 Originalplatten von Aufnahmen
europäischer — hauptsächlich deutscher — und
außereuropäischer Kunst. Seine Bestände be-
„Der Tanz von Barcelona“. Aus der Folge der „Geschichte des Don Quichotte“
Tapisserie der Manufacture royale des Gobelins, 18. Jahrh., nach Entwurf von Charles Coypel
375:547 cm — Slg MM. X . . . — Kat. Nr. L
Versteigerung: Me.A Bellier, MM. Hessel, Feral, Catroux, Ancel, Treves, Bourdariat, Cailac
Paris, 19, Avenue d’Jena, 16. Dezember 1933
mert. Aber die massiv goldene Krone mit
ihrem reichen Besatz von Filigran und Perlen
sowie der silberne Thron waren unversehrt, da
sie nicht in der Schatzkammer waren, als der
Raub geschah. Jetzt ist das Ganze auf Grund
von Abbildungen wieder auf gebaut worden; nur
eine wesentliche Änderung hat Witte einge-
fügt. Er hat die barock geformten Köpfe, die
aus dem Jahre 1664 stammten, durch solche im
hochromanischen Stil der Entstehungszeit des
Werkes ersetzt, um die Figur einheitlicher er-
scheinen zu lassen. Die dankenswerte Er-
neuerung ist durch die Provinz Hannover er-
möglicht worden, die die Mittel dafür be-
willigte.
Ausgrabungen in Lorsch
Durch Einsatz des freiwilligen Arbeits-
dienstes ist es Prof. Dr. Friedrich B e h n vom
Römisch-Germanischen Zentral-Museum in
Mainz möglich gewesen, an der Stätte der
karolingischen Bauten in Lorsch neue Aus-
grabungen zu veranstalten. Die Anlage auf
der Kreuzwiese, wenige 100 m östlich des
Klosterhügels am Rande der Weschnitz hat
sich als das Mutterkloster von Lorsch heraus-
gestellt. Die Baugeschichte ist in wenigen
Etappen verlaufen. Offenbar ist der fränkische
Hof dem Grundriß des im Rheinland bekannten
Typus des römischen Gutshofes nachgebildet
und mit dem Material irgendeines römischen
Baues ausgeführt worden. Wie Behn in der
„Denkmalspflege“ betont, lehrt dieses älteste
auf deutschem Boden aufgedeckte Kloster, daß
die ersten derartigen Siedlungen ebenso wie
die ersten Kirchen keine architektonischen
Neuschöpfungen, sondern dem Erbgut der an-
tiken Baukunst entnommen waren. Auf der
Höhe der Düne ist dann das größere Kloster
nach wenigen Jahren erbaut worden, mit
neuem Typus. Die deutsche Altertumforschung
hat in der Lösung der schwierigen Fragen, die
das karolingische Reichskloster Lorsch mit
seinen viel bewunderten Bauten stellt, eine be-
sonders ehrenvolle Aufgabe. Das nächste Ziel
wird die Untersuchung der Klausur sein.
Ausgrabungsschätze aus Krain
Im Dezember sollen in New York im Auf-
trage der Herzogin Marie Antoinette
von Mecklenburg die Ergebnisse der
Ausgrabungen versteigert werden, die die ver-
storbene Herzogin Friedrich Paul mit Unter-
stützung Kaiser Wilhelms II. und mit be-
sonderer Erlaubnis Kaiser Franz Josephs in
den österreichischen Alpenländern unternom-
men hat.
Prado jetzt aus dem Kunsthandel erworben
hat. Das Fragment, eine kleine Leinwand mit
einem Engel, der einen Kranz weißer Lilien
krönend emporhält, wurde von Sanchez Can-
ton, dem 2. Prado-Direktor, identifiziert, der
in ihm ein Fragment des stark beschnittenen
„Hlg. Joseph“ der Sammlung Moret, Madrid
sieht. Jedenfalls gehört es zweifellos zu einem
der spätesten Werke Tiepolos. Der Engel, der
zu den reizendsten gehört, die Tiepolo malte,
hat jene weich verschwimmenden, duftigen
Farbtöne, die typisch für die Altersperiode des
Meisters sind.
Gleichzeitig mit den Neuerwerbungen erscheint
jetzt nach 13 Jahren ein neuer Katalog des Prado-
museums, der in handlichem Format auf etwa
GALERIE
HABERSTOCK
BERLIN W9, BELLEVUESTRASSE 15
kaufen
eine sehr bedeutende
frühe
Thoma-
Landschaft
möglichst
mit Figuren
reichern und ergänzen aufs glücklichste das
Plattenarchiv des Kunstgeschichtlichen Semi-
nars in Marburg, das nunmehr über einen Be-
sitz von etwa 80 000 eigenen Aufnahmen von
Kunstwerken aller Zeiten und Völker verfügt
und unermüdlich bestrebt ist, diese der Wissen-
schaft und dem kunstliebenden Laien nutzbar
zu machen.
Die Goldene Maria
von Hildesheim
Die als „Goldene Maria von Hildesheim“ be-
rühmte Marienfigur der dortigen Domschatz-
kammer, eine hervorragende Arbeit der deut-
schen Kunst des hohen Mittelalters, ist jetzt
von dem Aachener Domgoldschmied Bernhard
Witte wiederhergestellt worden. Diese Dar-
stellung der thronenden, gekrönten Gottes-
mutter, eine Schöpfung der spätromanischen
Kunst des 13. Jahrhunderts, war im März 1920
mit 17 anderen Kostbarkeiten aus der Dom-
schatzkammer gestohlen worden. Nach wenigen
Tagen fand man aber den ganzen Raub in einer
Müllgrube in Berlin wieder. Doch hatten die
Einbrecher einzelne Kunstwerke zu be-
quemerem Fortbringen rücksichtslos zerstört,
darunter auch das goldene Marienbild. Der
Goldmantel der Gottesmutter war in viele
kleine Fetzen zerschnitten, und der Lindenholz-
kern des 60 cm hohen Bildwerkes war zertrüm-
Es sind etwa 20 000 Bronze- und Eisengegen-
stände, die die Entwicklung der dortigen Zivili-
sation während der frühen Eisenzeit, vom 8. bis
4. Jahrtausend v. Chr., erläutern. Die Aus-
grabungen, die von Fachleuten wie Oscar Mon-
telius und Paul Dechelette geführt wurden,
sind in Fortsetzung der Ausgrabungen südöst-
lich von Hallstatt unternommen worden. Die
Hauptstücke der Sammlung, die seit langer
Zeit in der Schweiz war, sind die sog. Watsch
Situla, ein Kultgefäß mit reichem Zierfries, das
lange im Laibacher Museum stand, dann
Helme, Schwerter, kleine Figuren, Fingerringe
und Ketten.
V. Allgemeine
Unabhängige 1933
Berlin
Der fünften Ausstellung der Juryfreien
gegenüber, zu der aus ganz. Deutschland nicht
weniger als zweihundert Künstler vierhundert
Werke in die Berliner Bellevuestraße geschickt
haben, ist die Ausstellungsleitung machtlos
gewesen. So ist es gekommen, daß von den
Wändbn ohne überzeugende Hängegliederung,
die ja auch bei einer Masse von Bildern dieser
Art zur Unmöglichkeit wird, eine im Durch-
schnitt sehr gemeinverständliche Kunst in allen
nur möglichen Stilarten und Anklängen, vom
DIAMANTEN-REGIE
Alte Gemälde
Juwelen
BERLIN W15z KURFURSTENDAMM 23
Kitsch bis zur neuen Sachlichkeit triumphiert.
Der kritische Besucher empfindet das Ganze
als wunderliches Durcheinander, das ihm un-
wirklich und wie jenes Traumreich vorkommt,
von dem Goethe einmal an Herder schreibt, es
wäre „wie ein falscher Lostopf, wo unzählige
Nieten und höchstens kleine Gewinnstchen
untereinander gemischt sind“. Er ist schon zu-
frieden, wenn er sich in diesem Wirrwar an
einige bekannte Namen halten kann. So wird
ihm das große Waldbild von Jaeckel ebenso
auffallen, wie einige Stücke von C r o d e 1, R.
Ewald, dem Grafen H. Luckner und eine
Landschaft von Hans Licht. Aber selbst diese
Beispiele charakterisieren' bereits das bunte
Vielerlei der Veranstaltung, in der die Plastik
noch am besten abschneidet. Mit guten hand-
werklichen Leistungen sind hier der Stettiner
Schwerdtfeger und die Münchnerin Eck-
hardt vertreten, auch die Formungen von
N i e d n e r fallen auf. Man notiert ferner
noch einige Blätter von S and ku h 1,
Aquarelle von Max Hamburger, Walter
Schleppegrell und A. Hesse, Radierun-
gen von G. Rotermund und ein sehr ein-
dringliches Kinderbildnis von Georg K i n z e r.
Aber auch das sind nur zufällige Begegnungen
in einer Menge, in der die Beziehungen der
einzelnen zueinander nicht wirksam werden.
Zk.
Personalien
Hofrat Eduard Leisching, der ehemalige Direk-
tor des österreichischen Museums für Kunst und
Industrie, Verfasser zahlreicher wichtiger Werke
zu der Geschichte der Bildnisminiatur, des Kunst-
handwerkes und der Kunsterziehung, der Kunst-
berater der Gemeinde Wien, ist 75 Jahre alt ge-
worden.
Raum- und Bildkunst
Ein besonders glücklicher Typ der Gemälde-
handlung scheint in Berlin von Major a. D. Kurt
Rohde in seinen Räumen, Uhlandstraße 31, ge-
schaffen worden zu sein: Unaufdringlich präsen-
tieren sich in geschmackvoll-zurückhaltend einge-
richteten Zimmern die Sammlung der Gemälde,,
die in ihrer Qualität vom Spitzenwerk bis zu der
hier besonders gepflegten Kunst der Kleinmeister
nicht nur dem Kennersinn des langsam in diese
Materie hineingewachsenen ehemaligen Offiziers
das beste Zeugnis ausstellt, sondern auch in der
historischen Weite vom gotischen Altarbild bis.
zum Werk der Romantik eine Vielseitigkeit der
Interessen erkennen läßt, die in der Zeit des.
Spezialistentums erstaunlich ist. Die in den Aus-
stellungsräumen (siehe Abbildungen S. 2, 4)
zur Schau gestellten Sammlungen umfassen vor
allem auch eine Reihe darstellungsmäßig und
kunsthistorisch seltener und eigenartiger Werke.
Eigenhändiges Gedicht Goethes
an Hofrat Dr. Schütte (verkleinert)
Aus dem Besitz der Fa. Leo Liepmannssohn
Antiquariat, Berlin SW 11, Bernburger Str. 14
Berliner Kupferstichkabinett
Um dem werktätigen Publikum, das sich für
graphische Kunst interessiert, die Möglichkeit zu
bieten, Sonntags neben den Ausstellungen des
Kupferstichkabinetts auch die in Mappen befind-
lichen Zeichnungen und Drucke zu studieren, wird
der Studiensaal des Kupferstichkabinetts im
Winter Sonntags (ab 3. Dezember) von 10 bis
2 Uhr offengehalten werden.
Vortrag: Am Mittwoch, dem 6. Dezember 1933,
20 Uhr, spricht im Lichthof des ehemaligen Kunst-
gewerbe-Museums, Prinz-Albrecht-Straße 7, in der
Sonderveranstaltung des Kampfbundes für deut-
sche Kultur, Alfred Rosenberg. Anschlie-
ßend Führung durch die Ausstellung „Deutsches
Heimatwerk“ durch die Herren Hans Kaiser, Erich
Ziegert. Eintritt 0,50 J(.
KUNSTHAUS MALMEDE
Köln a. Rhein
Unter Sachsenhausen 33
Antike Kunst
in Gemälden, Plastik, Gobelins, Möbeln,
Antiquitäten
Ankauf Verkauf
Direktion: Fritz-Ednard Hartmann. Schriftleiter: Dr. Wer n er Ri ch ar d D eus ch. — Red.-Vertretungen fflr Manchen: Ludwig F. Fuchs / Paris: M. L. Szecsi, 232 Bld. St. Germain, Tel.: Littre 56-18 / Rom: W. Rein-
both /Wien: Dr. St. Poglayen-Neuwall. — Verantwortlich für Inhalt und Anzeigen : Theo Rose, Berlin. — Erscheint im Weltkunst-Verlag Gr. m. b. H., Berlin W 62. — Zuschriften sind an die Direktion der Weltkunst, Berlin W <>2.
Kurfiirstenstraße 76-77, zu richten. Anzeigenannahme bis Donnerstag heim Weltkunst-Verlag. Inseratentarif auf Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverständnis des Verlags, auszugsweiser Nachdruck nur mit Quellen-
angabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte wird nicht übernommen und jegliche Verantwortung, auch hinsichtlich des Veröffentlichungstermins und der Rücksendung, abgelehnt. Der Verlag übernimmt,
durch Erwerbung eines Manuskripts alle Verlagsrechte für dasselbe. Druck 11. S. Hermann H. m. b. H., Berlin SW 19.