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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 5.1910

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Everth, Erich: Der Sockel als ästhetischer Ausdruck von Schutzfunktionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3528#0048

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44 ERICH EVERTH.

ästhetischen Ausdruck von Schutzfunktionen hin untersucht habe, auch
auf den Sockel diese neue Fragestellung auszudehnen. Auch bei der
Plastik erhält sich trotz der Dicke und Massivität einige Besorgnis
um das edle Material und zugleich um den dargestellten Körper,
namentlich bei dem häufig steinernen, steifen, brüchigen und schweren
Werkstoff und bei gespreizterer Bewegung (auf welche freilich die
Bronzeplastik als Silhouettenkunst etwas mehr angewiesen ist und
wozu sie sich ästhetisch durch geringere Sprödigkeit des Stoffes eher
eignet als Marmor); doch zeigt sich zugleich auch, was nun der
Sockel gut machen kann. Er hat dabei nicht nur praktische, sondern
ebensogut ästhetische Zwecke, — als ein Ausdrucksgebilde, das die
realen Aufgaben, die es erfüllen muß, verdeutlicht und ihr ästhetisches
Bewußtwerden in den Gesamtkomplex des künstlerischen Eindrucks
hineinwebt. Stellen wir nun zuerst die Hauptfunktionen zusammen
und darauf eine breitere Sammlung von Erscheinungsweisen des
Sockels.

A. Die Hauptfunktionen.

1. Verwehren des Zugangs. Immobilität. Des Sockels sal-
vierende Rolle ist sehr deutlich zunächst durch seine den Zugang zur
Gestalt erschwerende Breite ringsum und durch seine Form, die recht
steinmäßig und klobig, gegenüber dem Dargestellten robust und hart,
zumal oft eckig abwehrend wirkt; die breiten Seiten und trotzigen
Kanten raten uns auszuweichen.

Er selber ruht außerdem noch wuchtig und breit, unbeweglich
fest am Platz, selber schon wie ein rocher de bronce, ein aes perenne,
ein monumentutn; beweglich dagegen und also herumstoßbar scheint
etwas, das sockellos ist, deshalb, weil erstlich das Werk leichter
umherbewegt werden kann ohne den schweren Ballast und Hemm-
schuh des Plinthenklotzes, der unten kantig und oft eckig-widerhakig
sich gegen ein Wegrücken sträubt und mit dem die Figur stofflich
zusammenhängt oder doch zwecklich zusammen zu bleiben bestimmt
erscheint, — und weil zweitens die Gestalt, nunmehr allein, ohne Ver-
bindung mit einer solchen toten Masse, mehr als Person und für jeden
Laien schon als »mehr Lebewesen denn Sache« wirkt; Lebendes aber
bewegt sich, und es scheint hier durch keine Fußfessel gehalten, zumal
bei der dann oft recht verschiedenen Färbung von Standfläche und
Figur. Deshalb sind auch auf Bauten Bildwerke durch eine ausdrück-
liche Platte deutlich festzumachen (ja selbst in Nischen bleibt die be-
sondere Basis nötig, mit der zusammen das Werk auch als Ganzes sich
weniger leicht abbrechbar ausnimmt). Dort ist zudem eine tektonisch
notwendige Postierung dankenswert, also ein Anbringen der Statue
 
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