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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 5.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.3528#0115

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BESPRECHUNGEN. 111

gestaltende Darstellung: wie der Verfasser aus dem Stoff große Zusammen-

ge, weite Perspektiven, oft künstlerisch reizvolle Bilder hervorholt — das verrät

^gewöhnliche Fähigkeiten. Freilich fehlt es ihm noch an Einfachheit. Misch preßt

'el in die Dinge hinein und zerstört dadurch von Zeit zu Zeit den festen Umriß

lgenen Gedanken; nicht selten empfindet man auch in seiner Auffassung und

Stellung etwas Gemachtes, Nachgebildetes, Unfreies. Aber diese kleinen Mängel

n nichts an dem Gesamteindruck einer hervorragenden Leistung.

Berlin.

Max Dessoir.

Kespeare in deutscher Sprache. Herausgegeben, zum Teil neu über-
setzt, von Friedrich Gundolf. — Bd. I, Bd. II. Berlin, Georg Bondi, 1908, 1909.
Bd. I: 409 S., Bd. II: 382 S.
Sohl 16Ser neue Shakespeare in deutscher Sprache knüpft an die Verdeutschung
Schi S an" ^r ^"D*; überarbeitet, was im Schlegel-Tieckschen Shakespeare von
gel stammt; was unter Tiecks Namen zu gehen pflegt, ist von Grund aus neu.
. eine Sache der Kunst dadurch eine ist, daß sie in sich selber beruht und
"cnts außer ihr verweist, so steht dieser neue deutsche Shakespeare im Range
Gl , Ingten Kunstwerks. Man nimmt ihn vor und hat es, nicht auf guten

nie'- 6n'- sonc'errl m der Tat, mit einem restlos genießbaren Geistigen zu tun. Ich
der i't'u 'S* n'cnt die Andeutung eines Dichterischen, das man sich erst jenseits
tzung zu ergänzen hat; die Sprache ist, was sie in einem dichterischen

q . . --«.uug zu erganzen nat; aie spracne ist, was sie in einem aicntenscnen
siel 'St: zuS'eich der Stoff und die erregende Prägung. Ihr Rhythmus hat von

aus die Macht, zu bewegen.
Per " 'eSe neUe Übersetzung steht gegen den englischen Shakespeare, wie eine aus
ein TY er Ergriffenheit gemachte Radierung gegen ihr Vorbild steht. Nun selbst
daR 'n^ ^'e Aufgabe, die sich für den Übersetzer, für jeden Nachbildner stellt:
lieh 6'n ^neignes wie em eigens Geschaffnes gebe, löst sich im leidenschaft-

Di 1 ebnis des Originals. Und hier finde ich ein Sich-getroffen-fühlen vom

g r» °as sich nicht anders helfen kann, als ihn in der Materie der eignen
aut _ e zu wiederholen. Ein so glühendes dem Dichter Nach-denken, daß es ihn
Leh n denkt. Hier will jemand fieberhaft über ein unsäglich empfundenes

loSe r-6rr werden- Satz um Satz fasziniert; denn er kommt wie aus einer ruhe-
Ark ., .ler> Jede Handbreit Text in ihrem ganzen Leben durchzumachen. Die
Shak auf allen Punkten gleichmäßig weit getrieben: es gibt im Körper der

Alle Peareschen Dichtung wie in einem animalischen Körper keinen toten Fleck.
tyJU Zelle und Pore. Neben dieser Übertragung sehen die, die sie ersetzen

sie d' UnC^ verdrossen aus. Wo die andern den Grundton anschlagen, hört

%ste M töne mit- Sie steht immer dicht an Shakespeare. Und nicht die flüch-
So-u h 'ene aU^ diesem immerfort verwandelten Menschengesicht, die nicht als ein
sehe; "ni a"ders angebetet und aufgefaßt würde. Die Formen dieses Gesichts
n wie aus einer leichten Verschüttung zu treten. Denn hier ist eine Indi

S

sPerrt ih

etwas r niCht die Wege; sie ist ihr noch flüssig, in Bereitschaft und wie gierig,

heit U Werden. Das Wort akkreditiert sich ihr nicht durch eine edle Vergangen-
em; ern durch den Ausdruck, den es besitzt. Es kann gemein sein und
schle; t • SC'n' es ls* von s'cn aus weder sittlich noch gefühlvoll. Und so ent-
S1ch das Shakespearesche Denken, sein Gefühl der Welt: wie es jenseits

vidjiaw~ "ut> einer leicnten versenuttung zu treten, uenn nier ist eine iiiui-

groß' ' die in der Zeit (und es hat hundert Jahre gebraucht seit dem ersten
was f- 1<esPeare in deutscher Sprache) so weit gekommen ist, daß in ihr,
sperrt "u Slla,<esPeare Welt war, ohne Hindernis Platz greifen kann. Die Sprache
 
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