Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 5.1910

DOI Artikel:
Besprechungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3528#0302

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
298 BESPRECHUNGEN.

zahlreichen Schulbücher mit ihren schwarzen und bunten Abbildungen enthalten ja
allerdings keine Anleitung darüber, wie man schattiert und Lichter aufsetzt, doch
werden diese trotzdem bisher vielen Lehrern genügt haben. Die Benutzung der
mit Kreide bedeckten Wandtafel zum Entwurf stimmungsvoller Stilleben und Land-
schaften lehrte schon 1898 Fritz Koch in einem reich illustrierten englischen Büch-
lein, aus dem seinerzeit verschiedene deutsche pädagogische Zeitschriften Auszüge
und Illustrationen brachten'). Ferner gab A. Eppl e r-Krefeld um das Jahr 1903
eine Reihe von sechs Heften mit bunten Tafeln über die Technik des Wandtafel-
zeichnens heraus (Verlag J. Zwißler, Wolfenbüttel). Materialien für landschaftliche
Skizzen an der Wandtafel aus allen Weltteilen stellte Franz Roesler-Leipzig in
einem besonderen Bande seines »Schnellzeichners« (Leipzig 1906, Verlag A. Hahn)
zusammen.

Nun zu den Tafeln selbst! Beim Durchmustern fallen jedem die eigenartigen,
geschickt komponierten und farbenprächtigen Stimmungsbilder auf. Auf sie legt der
Verfasser am meisten Wert, sie haben die Aufmerksamkeit und Kritik zahlreicher
Lehrer auf sich gelenkt, und ihretwegen verlieren viele von vornherein den Mut,
sich in das Werk zu vertiefen. Leider — denn es existiert bisher kein Werk, das in
gleicher Gründlichkeit das Material zusammengestellt hat und zur Vertiefung lockt.
Doch hat es sich Weber selbst zuzuschreiben, wenn er trotz seiner ausführlichen
Erläuterungen und Anleitungen nicht sofort Schüler findet.

Er, der schon in seiner Kindheit »eine unbezwingliche Lust zu bildlicher Gestal-
tung« besessen hat und es in seinem Lehrerberuf zu einer seltenen Fertigkeit ge-
bracht hat, kann sich offenbar nicht hineindenken, wie schwer es einem Lehrer von
heute ist, plötzlich Gedächtniszeichnen mit einem so eigenartigen Material, wie
Wandtafel und Kreide nun einmal sind, zu erlernen. Der Zeichenunterricht, wie er
noch vor einigen Jahren auf allen Schulen betrieben wurde, lieferte wohl tüchtige
Zeichner, doch tat er nichts für die Entwicklung des Formengedächtnisses und des
Flächensehens. Wissenschaftliche Schemata, wie Blütendurchschnitte, geologische
Profile, typische Baumformen, ja selbst Konturzeichnungen von Säugetieren kann
jeder bei gutem Willen durch wiederholtes Abzeichnen sich einprägen und dann
im Unterricht verwerten. Dafür gibt es ja heute Vorlagensammluugen — ich nenne
nur die Namen Fröbel, Eyth, van Dyck, Kuli, Wehrenfennig, Billeter, Seinig, Probst
und Roesler — und zahlreiche, des Zeichnens unkundige Lehrer und Erzieher
beiderlei Geschlechts sind stolz darauf, mit Hilfe eines dieser von bekannten geo-
metrischen Grundformen ausgehenden Anleitungswerke sich eine gewisse Formen-
kenntnis für ein Zeichnen aus dem Gedächtnis erworben zu haben. Weber ver-
wirft derartige Anleitungen und gibt den hilfesuchenden Anfängern den Rat: »der
rechte Zeichner läßt seine Naturformen nicht aus geometrischen Grundformen ent-
stehen, sondern er abstrahiert zur rascheren Orientierung und leichteren Gestal-
tung geometrischer Grundformen aus ungeometrischen, d. h. aus natürlichen
Formen.« Für den ersten Zeichenunterricht der Kinder hat Weber bis zu einem
gewissen Grade recht; wenn er Erwachsenen, die keine ausgeprägte künstlerische
Fähigkeit besitzen, die Fähigkeit Formen zu behalten und sie zu reproduzieren an-
erziehen will, muß er einen anderen Weg einschlagen. Da hätte der Verfasser

') Blackboard Drawing for teachers, by Fritz Koch. For sale by School Edu-
cation Co. Minncapolis, Minnesota, 26 Washington Avenue S. 1898. 12 Lessons.
IM. — Referate darüber: Zeitschr. für Pädagogische Psychologie und Pathologie
IL Jahrg., 3. Heft (Berlin 1900, Verlag Walther); Zeitschr. Kindergarten, Bewahr-
anstalt und Elementarklasse, 39. Jahrg., S. 194 (Berlin 1898).
 
Annotationen