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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 5.1910

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Schmarsow, August: Anfangsgründe jeder Ornamentik, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3528#0355

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ANFANGSGRÜNDE JEDER ORNAMENTIK.

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kennen läßt. Wie reichen sich in der Ornamentik dieser schlichten
Erzeugnisse eigener Körpergestaltung der Sinn für die struktive Form
und die Verteilung des begleitenden Zierats in vollem Einvernehmen
die Hand; wie arbeiten sie einander vertraut schon in dem Krug aus
einem Steingrab Dänemarks mit geradem hohen Halse und zwei Ösen
unmittelbar beim Beginn des Bauches, dessen obere Hälfte vom Hals-
ansatz bis zur Peripherie des weitesten Umfangs mit Parallelstrichen
belebt ist und dann in einem Kranz von herabhängenden dreieckigen
Zacken ihren Abschluß findet gegen die untere Hälfte, die wieder glatt
gelassen ist wie der Hals (bei Sophus Müller, a. a. O. S. 67, »aus einer
kleinen Stube«). Wo die Fläche glatt geblieben ist, tritt die Struktur
(Fig. 36) des Gefäßes an sich hervor, und unter dem gerade aufsteigen-
den Zylinder des Halses weisen die feinen Parallelritzen des anstoßen-



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Fig. 3. Aus S. Müller, Nordische Altertumskunde, I. Bd., Trübner, Straßburg.

den Teiles bereits die Richtung der Konzentration und des Aufstiegs,
die da kommen sollen. Bei den übergleitenden Glockenformen der
vorigen Beispiele tritt kein tektonischer Gegensatz in die Rechnung
ein; desto mannigfaltiger sind die Kontraste zwischen dem schlichten
Grunde und den Zierstreifen, deren Reizelemente unter sich abwechseln
und, die Form begleitend, doch in übersichtlicher Abfolge ihre Motive
wiederholen, im schmiegsamsten Zusammenklang mit Einziehung und
Ausweitung des Umfangs. Schon die Anbringung eines Henkels gibt
der gegenüberliegenden Seite den Vorzug der Schauseite, ein sym-
metrisch angesetztes Paar von Ösen oder Griffen teilt den Umfang
des Ganzen weiterwirkend in zwei Hälften, und in beiden Fällen tritt
das Übergewicht des Stillstands zugunsten eines oder zweier fester
Standpunkte der Betrachtung ein.

Nur selten noch kommt die Folgerung vor, den so dargebotenen
 
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