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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 5.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.3528#0614

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610 BESPRECHUNGEN.

am Gegenstand vergriffen. Dasselbe muß aber auch von dem Buch gesagt werden.
Es ist ein erschreckliches Zeichen der Demokratisierung unserer Zeit, wenn jedes
kleine Talent einen Herold und Biographen findet. Nicht daß man es diesen Leuten
nicht gönnen möchte. Wie aber muß der Ruhm entwertet werden, wenn dieselben
Töne, die für das Höchste aufgespart werden sollten, jedem Mittelmaß bereits ge-
sungen worden sind. Immerhin, wer sich wirklich für die Kunst Arthur Volkmanns
interessiert, der mag zu dem Buche von Wasielewsky greifen. Es ist mit Hin-
gebung, Nachdenken und in jenem getragenen Ton geschrieben, mit dem auch
Volkmann das Banale seiner Kunst über den Erdboden zu erheben sucht.
Steglitz.

Richard Hamann.

Edwin Redslob, Das Kirchenportal. (Deutsche Plastik I.) 38 S. mit 18 Ab-
bildungen und 92 Tafeln. Hermann Costenoble, Jena.
Ein psychologisch- oder philosophisch-ästhetisch gerichteter Betrachter dieser
umfassenden Sammlung von prachtvollem Material fühlt sich leicht angeregt, seine
Eindrücke schließlich in allgemeine, zusammenfassende Sätze über den ästhetischen
Sinn eines Tores überhaupt einzufangen. Mancher wird sich fragen: was bedeutet
das überhaupt, eine Tür, welches ist ihre spezifische Wirkung, was für ein Leben
sehen wir da hinein? Solcherlei Themen sich zu stellen, hat die Kunstwissenschaft
lange verabsäumt. Sie ist mit ihrer Betrachtung einerseits bei elementar-ästhetischen
Gebilden wie Linien und dergleichen geblieben und anderseits bei viel komplexeren
Dingen, etwa einzelnen Gebäuden oder dem Gesamtoeuvre eines Künstlers oder
ganzen historischen Schulen, Zeiten und Landschaften; ähnlich wie — der Vergleich
trifft freilich nicht ganz zu — auf Iiterar-ästhetischem Gebiet eine rege Wissenschaft
von den verschiedenen Versmaßen und allen Arten des Reimes im Schwange war,
ehe jemand den Rhythmus selbst und den Reim als solchen ins Auge faßte; oder
wie anderseits das Drama und Epos vielfältig untersucht wurden auf ihre Struktur
und Eigentümlichkeiten hin, während das Lied noch lange nicht so weit war. Einen
ähnlichen Gedanken drückt auch die Einleitung des vorliegenden Buches so aus:
»Die Kunstgeschichte hat ihre Ergebnisse zumeist durch Monographien über einzelne
Persönlichkeiten und nur ausnahmsweise durch Behandlung künstlerischer Schaffens-
probleme der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Bei Monographien über einzelne
Städte aber müssen historische und kulturelle Gesichtspunkte in einer Weise vor-
herrschen, welche die reine Hingabe an das Kunstwerk und die Vertiefung in die
ihm innewohnenden Probleme in den Hintergrund drängt.« Dieser Band und die
ihm folgenden sollen versuchen, »in sachliche Themen einzuführen«.

Vor langem hat Jakob Burckhardt einen unvergeßlichen Abschnitt über die
Säule geschrieben; aber man kann sich noch viel mehr ähnliche Aufgaben stellen,
d. h. auch andere Bauteile, die gleichfalls schon in sich komplex und organisch
sind, jedoch noch Teile bleiben, in einer ästhetisch-wissenschaftlichen Betrachtung
aufs Korn nehmen; dabei wird sogar sehr viel herauskommen. Was z. B. eine
Brücke oder eine Tür überhaupt sei und bedeute, das hat, soviel ich weiß, als
selbständige Frage längeren Nachdenkens und als Thema für einen kleinen eigenen
Aufsatz zum überhaupt ersten Male Simmel behandelt (im »Tag«, 15. September
1909). Sonst ist mir namentlich von Adolf Hildebrand eine Ausführung (im »Pro-
blem der Form«) über romanische Tür- und Fensteröffnungen erinnerlich; er sieht
auch da sein Reliefprinzip wirksam, das in den abgestuften Schichten der Laibung
das Auge, linde entspannend, allmählich in die Raumtiefe hineinführt, vom eigenen
Leibe des Beschauers immer mehr hinweg, und dem Betrachter nicht die umge-
 
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