Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 5.1910

DOI Artikel:
Besprechungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3528#0622

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
618 BESPRECHUNGEN.

oder der Veranda wird man die ganze Hochfläche (hier) und den Blick in die Täler
und über das unendliche Gelände vor sich haben« (S. 23), denn man sieht doch
auch nicht ringsum aus dem Haus.

Sodann der Garten selbst als architektonische Raumschöpfung. Bei den ver-
schiedenen Beetbepflanzungen möge darauf geachtet werden, daß »die Höhen des
Wuchses sich auswiegen«; dabei könne dem »Gegensatz ruhiger Flächen und der
reich bewegten Büsche und Stauden auf den Beeten« freie Entwicklung gegönnt
sein. Die Form der einzelnen Staude sollte nicht im Gebüsch unterdrückt werden,
alles vielmehr licht und heiter bleiben. Neben den koloristischen Wirkungen stehen
die formalen als gleichberechtigte; und z. B. zwischen den Buschformen wieder er-
geben sich Abwechslungen und Kontraste; etwa kugelige folgen auf obeliskenartige
und dergleichen. Und »wichtig ist auch, daß nirgends die Übersicht abgeschnitten
wird. Man muß überall einen Gesamtorganismus fühlen und an jeder Stelle wissen,
wo man sich befindet. Das Gefühl des Verirrtseins müßte im Garten so wenig
aufkommen, wie in einem Hause, einer Partitur oder vor einem Gemälde« (S. 25).
Auch die ganze Anlage des Gartens, sein Grundriß ist ein Wesentlichstes. Z. B.
»vor dem Hause braucht man einen halbrunden oder rechteckigen freien Platz, auf
dem sich wohnen läßt« (S. 26); »ein Hauptweg müßte an der Hecke entlang um
den ganzen Garten führen, denn von dort aus gibt es die schönsten Blicke über
den Garten. Die Verbindung dieser breiteren Wege, auf denen man in Gesell-
schaft geht, kann durch schmälere Querwege und ganz schmale Pfade, auf denen
ein Einzelner einzelne Pflanzen besehen mag, hergestellt werden. Die rhythmische
Wirkung der Gesamtanlage wird durch solche Abstufung der Wegebreiten nur ge-
winnen« (S. 27). Büsche können dabei Ecken betonen, paarweise als Wegwächter
auftreten und Ein- und Ausgänge der Wege akzentuieren. Ein reicher Naturstoff ist
vorhanden für alle diese Zwecke, »Bedingung ist nur, daß er die Ausstattung eines
regelmäßigen Gartens bildet. Erst auf geraden Beeten erhält die Pflanze selb-
ständige Bedeutung. Was draußen am Abhang, am Feldrain, auf der Heide, am
Waldrand oder in der Lichtung nur einen kleinen Fleck ausmacht, kommt auf dem
geraden Beet als Einzelwesen zur Geltung, und die ungestörte Entwicklung wird
die Formen erst recht zur Vollendung führen. Auch die Farbe gewinnt dabei. Was
als punktartiger Tupfen im Gras nur in der Harmonie mitspricht, wirkt mit uner-
warteter Glut, wenn es auf dem Beet eine breite Masse bildet« (S. 35/36). »Es
muß nur dafür gesorgt werden, daß nirgends das Weiß fehlt, das zur Herstellung
harmonischer Wirkungen zwischen dem Purpur, Violett, Rot und Gelb unentbehr-
lich ist und die Eigenart jeder einzelnen Nachbarfarbe erst herausholt« (S. 37).
»Nur die Kunst, die nicht darauf ausgeht, durch die scheinbare Natürlichkeit die
Natur nachzuahmen, kann dahin führen, die Schönheit des Aufbaues und der Farbe
aller einzelnen Gewächse zu erschließen« (S. 42). — »Die Bepflanzung der Beete
(im Heidegarten) müßte nach einem etwas anderen Grundsatz geschehen als im
Bauerngarten, wo die Blumen einzeln stehen und viel Boden sichtbar lassen. In
der Heide muß der Boden ganz bedeckt sein, damit er nicht ausdörrt und verweht
wird« (S. 36). »Hat der Boden aber überhaupt keine ausgesprochene Eigenart, so
mag eine Lieblingsblume ... in ihren Spielarten und Gattungsverwandten den Aus-
gangspunkt bilden . . . Für einen Irisgarten bedarf es eines anderen Grundrisses
als für den Aster-, Lilien- und Veronikagarten« (S. 43).

Doch das schöne Buch soll hier nicht exzerpiert werden, ist auch die Ver-
suchung groß; wo möchte man hier nicht zitieren, wo damit aufhören! Das zweite
Kapitel haben wir darum gar nicht angerührt. Das Buch ist selber wie ein Garten,
geordnet und sprießend, man pflückt nur ungern einzelne Blumen heraus. So hübsch
 
Annotationen