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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 20.1926

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Glockner, Hermann: Philosophie und Ästhetik: ein Versuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.14166#0030
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20

HERMANN GLOCKNER.

zurückführen zu ihrem Ausgang: dem empirischen Faktum, dessen
Immanenz nun im einzelwissenschaftlichen Sinne theoretisch unter-
sucht wird.

Immer aber handelt es sich um Wissenschaft von etwas Außer-
wissenschaftlichem, um Theorie über etwas Atheoretisches. Die Welt,
die uns (theoretisch vergegenständlicht!) als »die unendliche Forde-
rung« »problematisch« wird im schönen Sinne, wird eben dieser
Problematik nach — die sich ursprünglich und auf ihre Weise im
Schaffen des Künstlers auslebt, werkverdichtet und schließlich selbst
überwindet — fragwürdig auf theoretische Weise. Die Möglichkeit
einer solchen heteroformen Vergegenständlichung ist es natürlich, auf
deren Deutung und Klärung alles ankommt. Aber diese prinzipiell
philosophische Aufgabe ist hier nicht in Angriff zu nehmen, da ihre
Lösung (im Sinne der tiefsten Erkenntnis Kants) einen wesentlichen
Bestandteil der ästhetischen Problematik selber ausmachen muß, inso-
ferne sie in dem zentralen Problem aller Philosophie mit inbegriffen
ist — nämlich in der Frage nach der Möglichkeit eines Systems, die
mit der Frage nach der Möglichkeit von »Welt überhaupt« zusam-
menfällt.

Abermals ist damit auf die Tiefenschicht hingedeutet, in der Philo-
sophie und mit ihr unter anderem zugleich Ästhetik als eine Fülle
von Aufgaben im Weltwesen wurzelt, das nichts anderes als die Auf-
gabenfülle selber ist. Die prägnante Umschreibung von »Ästhetik«,
die an der Spitze dieses Abschnittes steht, muß jetzt deutlich gewor-
den sein. Ästhetik ist Philosophie, das heißt sie betrifft die unend-
liche Problematik der Welt — sie ist aber Wissenschaft zugleich, das
heißt sie betrifft Welt auf eine bestimmte Weise, und schließlich ist
auch die Welt, die sie betrifft als den Inbegriff alles Möglichen, ein Mög-
liches von ganz bestimmter Art. Auf theoretische Weise vergegen-
ständlicht sie ein im Sinne möglicher Schönheit unendlich-problema-
tisches Universum. Sie ist die Wissenschaft von der Welt, insofern
sie schön ist.
 
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