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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 20.1926

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Thomae, Walter: Plastisch und Malerisch
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https://doi.org/10.11588/diglit.14166#0275
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PLASTISCH UND MALERISCH.

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men, die Rückseite nur erraten, desgleichen werden auch Rückseiten
der Teile des Gegenstandes, falls dieser stark unterschnitten ist, nicht
wahrgenommen, sondern erraten, z. B. das Innere einer Baumkrone.

b) Hat der Gegenstand einen großen und einen kleinen Durch-
messer, so ist er vom Sehpunkt 5X aus tief, von S2 aus flach.

c) Der perspektivische Zufall kann es bewirken, daß man von einem
Gegenstand mehr oder weniger Flächen sieht, z. B. von einem Würfel
zwei oder drei Flächen, womit zu-
gleich die Zahl der Töne von zwei
auf drei vermehrt wird.

Diese Eigenschaften der Wahr-
nehmung beeinflußen den formalen *^ ^__^ ^ ^

und den tonalen Eindruck und folg-
lich den Gebrauch der Begriffe male-
risch und plastisch, nämlich:

a) Durch die Unsichtbarkeit
der rückwärtigen Flächen wird
der Körper plastisch unbestimmter,
als ob er eine organische Störung
erlitten hätte, weil sich Überordnung # S1
und Beiordnung der Teile dem Auge
entzieht. Auf diesem Umwege also
wird er, nach dem Sprachgebrauch,
malerischer, die Empfindung beschäf-
tigt sich mehr mit den Tonwerten.

b) Der Körper mit zwei Durch-
messern ist bei allseitiger Wahrneh-
mung nur plastisch schlechthin; vom
Sehpunkt 5X aber plastischer=plastisch

energischer als von S2. Die größere Tiefenausdehnung hat für den
Beschauer etwas Angreiferisches, die Masse kommt gleichsam auf
ihn zu.

c) Im Falle des Übereck gestellten Würfels ist die Plastik gesteigert,
weil wir die Umrisse besser erfassen können, und weil er uns die
Kante zuwendet; gleichzeitig ist durch Vermehrung der Töne der
malerische Charakter gesteigert.

Die Vollplastik und ihr Unterschied von der Natur.

Die Elemente der Natur waren solche der Form, der Töne und
der Farben. Sie sind schon in Natur Träger einer Wirkung und gehen
 
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