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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 20.1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.14166#0344
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BESPRECHUNGEN.

ist das Buch nicht zusammenfassend im retrospektiven Sinne. Den Stand der Forschung
spiegelt es höchstens in der Formulierung der Probleme wider, nicht in deren Aus-
wahl und Lösung. Es ist bekannt, wie weit Schräders Ergebnisse über alles Bis-
herige hinausgehen. Sollten sie die Probe bestehen, so wäre ihnen eine außerordent-
liche Tragweite beizumessen. Es ist also dieses Phidiasbuch nicht so sehr Darstel-
lung als vorwärtsschreitende Untersuchung. In diesem Sinne haben die einzelnen
Kapitel ihren eigenen Wert. Umso mehr verdient es Bewunderung, wie geradlinig
diese Untersuchung geführt und wie lesbar sie vorgetragen ist, zumal wenn man
weiß, unter welchem Wust von Literatur diese Dinge verschüttet sind. Anmer-
kungen fehlen ganz; die Zitate stehen eingeklammert im Text, ohne den Fluß der
Erörterung zu stören. Dazu kommt das Ethos des Verfassers. Man müßte ganz emp-
findungslos für solche Dinge sein, wenn man nicht auf jeder Seite sein warmes
persönliches Verhältnis zu den Gegenständen spüren würde. Aber wohl das schönste
Zeugnis dafür ist es, daß er das Pathos nirgends heraufzubeschwören braucht. Und
nicht zuletzt die ungeheure persönliche Autorität, die für einen Forscher von den
Verdiensten Schräders ins Gewicht fällt!

Man sieht, es vereinigt sich vielerlei, um dieser Leistung eine ganz hervor-
ragende, folgenschwere Bedeutung zu verleihen, und wenn es nur an dem wäre,
daß die eine oder die andere von Schräders Thesen sich anfechten ließe, so würde
es sich doch ziemen, das Positive herauszuheben, das Problematische zu begrüßen
als Anregung zu weiterer Forschung und das Ganze als bedeutsame Etappe im
Fortschreiten der Wissenschaft zu kennzeichnen.

Es gilt also zunächst, zu den Hauptergebnissen Stellung zu nehmen. Und da
hat der Verfasser es seinem Leser leicht gemacht. Zu den sympathischen Zügen seiner
Arbeit gehört die entschiedene Neigung zur Formulierung ganz klarer positiver Resul-
tate, wie sie nur der Mut einer starken Überzeugung wagen darf. Denn der An-
griffsflächen werden dadurch natürlich umso mehr geboten. Doch kann ja auch hier
die Wahrheit nur einfacher Natur sein. So kommt es, daß die Hauptsache des
Inhalts sich fast katalogartig herausstellen läßt.

Von Phidias ist der olympische Zeus vor der Parthenos gefertigt. Auf Grund der
recensio unserer bildlichen Überlieferung dieser beiden Statuen werden ihnen zunächst
die Demeter vom Chercheltypus sowie die Kora Albani angegliedert und dann in
weiterer Folge und in jeweils gegenseitiger Abhängigkeit voneinander die folgen-
den Werke: Dresdner Zeus, Amazone Mattei, Anadumenos Farnese, Aphrodite-
statuette aus Scalanova (als Nachbildung der elischen Aphrodite), Athena Medici
(als Nachbildung der Promachos, mittelbar), Casseler Apoll, Eleusinisches Relief,
Athenarelief Lanckoronski, Athenarelief Landsdowne.

Dem Paionios weist Schräder wieder die Olympiaskulpturen zu bis auf die
Stücke aus pentelischem Marmor in den Ecken des Westgiebels. Und ausgehend
von wesentlichen stilistischen Unterschieden, durch die er die beiden Giebel des
Parthenon getrennt glaubt, sowie fußend auf Vergleichungen rein stilkritischer ArtT
will er auch im Parthenonwestgiebel den persönlichen Stil des Paionios wieder-
erkennen. Die Nike und der Ince-Blundell Apoll würden dann in der Zeit dazwischen
entstanden sein.

Den festen Punkt zur Bestimmung des Alkamenes geben für Schräder die
Frauen aus pentelischem Marmor im Westgiebel des olympischen Zeustempels.
Pausanias, der den Alkamenes neben Paionios als Meister der Giebel nennt, nament-
lich aber die Ähnlichkeit des weiblichen Kopfes A mit der Kora Albani sind ihm
die Hauptargumente. Der Knabenkopf 699 des Akropolismuseums wird unmittelbar
angeschlossen. Vervollständigt wird das Bild durch den Hermes Propylaios, die
 
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