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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Bühlmann, Josef: Das Mausoleum in Halikarnaß
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0020

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6 J. Bühlmann.

woraus man schließen kann, daß es damals in seiner Gesamterscbeinung noch er-
halten war.

Das berühmte Bauwerk hatte seine lange Erhaltung vielleicht dem Umstände zu
verdanken, daß es ein Grabmal und nicht ein Tempel war und so von den fanatischen
Verwüstern der alten Heiligtümer verschont blieb. Zu welcher Zeit es zuerst in
Trümmer fiel, ist nicht bekannt, wahrscheinlich hat, nach der Auffindung einiger Beste
der Quadriga zu schließen, ein Erdbeben den Zusammenbruch der oberen Teile des-
selben verursacht. Im Jahre 1402 nahmen die Johanniterritter Besitz von der Stätte
des alten Halikarnaß, indem der Platz für ihre Seeherrschaft von besonderer Wichtig-
keit war, und begannen auf der felsigen Halbinsel am Hafen ein Schloß zu bauen, das
sie dem hl. Petrus zu Ehren Petronia benannten. Dem deutschen Bitter Schlegelholt,
der als Erbauer des Schlosses genannt wird, bot die Buine des Mausoleums willkom-
menes Baumaterial. Man wird zuerst die heruntergestürzten Pyramidenstufen und Gebälk-
stücke und nachher das Mauerwerk des Aufbaues und die Bekleidung des Unterbaues
verwendet haben, bis nichts mehr übrig blieb als eine unförmliche Masse des inneren
Mauerwerkes. Beim Herannahen der Türken im Jahre 1522 wurde für den nötigen
Ausbau des Schlosses auch dieser Rest abgebrochen, bei welchem Anlaß die noch un-
versehrte Grabkammer zum Vorschein kam (Abb. 3).

Unter der nun folgenden Herrschaft der Türken, die den Namen des Schlosses
Petronia mit «Budrun» sich mundgerecht machten, welche Benennung auch auf die
spärliche Ansiedlung auf der Stätte des einstigen Halikarnaß übertragen wurde, ging die
Erinnerung an das Denkmal völlig verloren. Die Archäologen des Abendlandes be-
gannen jedoch die Aufmerksamkeit wieder auf die Stätte desselben zu lenken, als wieder-
holt englische Beisende in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts von zahlreichen
Skulpturen berichteten, die sie in den Mauern des Kastells Budrun gesehen hatten.
Eine Anzahl Beliefplatten wurden 1846 aus den Wänden herausgehoben und nach Lon-
don verbracht. Dem Archäologen C. T. Newton, Kustos am Britischen Museum, gelang
es, nachdem er sich durch wiederholte Besuche in Budrun von dem wahrscheinlichen
Erfolge einer Ausgrabung überzeugt hatte, die englische Regierung zur Ausrüstung einer
Expedition zu veranlassen, welche die Untersuchung der Überreste des Mausoleums
zum Ziele haben sollte und an deren Spitze er gestellt wurde. Die Ausgrabungen be-
gannen Ende des Jahres 1856 an einer Stelle, an welcher schon früher Donaldson aus
dem Vorhandensein vieler Architekturfragmente die einstige Stelle eines prachtvollen
und großen Bauwerkes aus weißem Marmor vermutete, das in jonischem Stile errichtet
war. Diese Stelle stimmte mit der von Vitruv angegebenen Lage des Denkmals wohl
überein und erwies sich bald als der wirkliche Platz desselben. Nach Ankauf der auf
ihr befindlichen Häuschen und Gärten konnte man zur Wegräumung der den Eeisboden
deckenden Erd- und Schuttmasse schreiten und gelangte durch die Untersuchungen,
die sich das folgende Jahr hindurch ausdehnten, in der Hauptsache zu nachbenannten
Ergebnissen:

1. Es wurde eine in den FeJs geschnittene rechteckige Vertiefung aufgedeckt, die
bestimmt war, die Fundamente des Gebäudes aufzunehmen. Die Abmessungen des
Rechteckes, 108 zu 127 engl. Fuß, stimmten, wenn man die Stufenerweiterung des Ge-
bäudes und den für die Fundamentmauerung ringsum nötigen freien Raum in Betracht
zieht, ziemlich gut mit dem von Plinius angegebenen Umfang überein und zeigten eben-
 
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