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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Thiersch, Hermann: Antike Bauten für Musik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0046

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Ansicht, Sannion sei nur an der Türe beteiligt gewesen, nicht ganz erklären kann, zeigt
sich nun gerechtfertigt. Die Bezahlung des Kommodion beträgt rund fünfmal soviel
wie die des Sannion (1765 Drachmen gegen 359 Drachmen [a. a. OL, p. 30 ff.]).

Nachdem Kommodion den Entwurf für die auszuführenden Ornamente in einem
Modell (7rotpä8eiYf-a) hergestellt hat, geht er gleich an die Ausführung, d. h. an das
skizzierende Anlegen der Ornamente auf den Werkstücken selbst. Er muß gleich ein
großes Stück darin gefertigt haben (Zeile 94: v.am*i'kv>\xü.yxy. ev zoiv ata&jioiv xai xorcaXoßeöai),
die Türpfosten ganz und ein gut Teil der Fensterbank: aus der Größe der ihm dafür
ausgezahlten Summe (1100 Drachmen) kann man das schließen. Unterdessen ist San-
nion beschäftigt, die Ornamente an den ihm zugewiesenen Fensterbänken auszuarbeiten
(an die Tür, wo Kommodion noch an den Pfosten vorarbeitet, kann er zunächst nicht
heran) und dann am Türsturz (Zeile 96: twv IyyXdp.jji7.tcov kpfctalat ev toi? xataXoßsöai zat
t(j> 05tepi&op<|i und zwar twv §eSoxi[i.aa|j.ev(öV, also auch hier so, wie sie nach dem Ent-
wurf des Kommodion werden sollten). Unterdessen schreitet das Vorarbeiten durch
Kommodion rüstig fort. Er bekommt dafür 550 Drachmen. Es kann jetzt nur an den
xataXoßsi? sein, was unter dieser jwcafXutpTj ohne nähere Bezeichnung (Zeile 102) — eben
als einfache Fortsetzung der zuletzt Zeile 94 von ihm genannten ganz gleichartigen
Arbeit — gemeint ist. Und offenbar macht Kommodion die Abbozzierung des Gesimses
an der ganzen Fensterbank ringsum, bis er auf der anderen Seite wieder bei der Türe
anlangt. Es fehlt endlich nur noch das letzte Stück (tö liriXonrov iä? xata^Xocpä?, Zeile 104).
Auch das macht er noch; es war nicht mehr sehr viel, wie man aus der ihm dafür
ausgezahlten Summe (65 Drachmen U/2 Obolen) ersieht. Dann tritt er ab, seine Arbeit
ist getan. Sannion hatte unterdessen an der Ausführung der von Kommodion für den
Türsturz entworfenen wie der von ihm an der Fensterbank angelegten Ornamente
weitergearbeitet (Zeile 104/5: ev u$ D7ispiK>ptt> xal xaraXoßei EYYXo[xjj.äTtov). Aber immer
noch fehlt, scheint es, ein Friesstreifen am Türsturz. Der Meister ist nicht mehr da
und Sannion bringt es fertig, sich schon bei der ersten Skizzierung des noch Fehlenden
(Zeile 110 v.azv.'f'kütpät; sv «j> uirsp'&Dpcö) Strafgelder zuzuziehen. Es sieht fast so aus, als
wäre es zur Ausführung dieser Dinge durch ihn überhaupt nicht mehr gekommen,
Zeile 117 berichtet von neuer Rückständigkeit und Strafe bei ihm.

Endlich standen die Orthostaten mit ihrer Deckschicht und der Türrahmen fertig
da. Damit war tatsächlich der Abschluß einer Bauperiode in technischem Sinne
erreicht, und zwar genau in derselben Weise wie zu Hierapytna auf Kreta, und wie
ihn Keil (a. a. 0., S. 89) schon gern konstatiert hätte und hätte konstatieren können,
wenn damals die Bedeutung des xaraXoße&s ganz klar gewesen wäre. Es lag eine gute
Praxis in dieser Regel, einen länger dauernden Bau gerade dann ruhen zu lassen, wenn
durch das deckende Gesimsglied, den xaTocXoßsös, der untere Mauerteil gegen die von oben
eindringende Witterung geschützt war. Ich erinnere mich im Peloponnes unfertige Land-
kirchen in ganz analoger Unfertigkeit überwintern gesehen zu haben.

Als ich diese Beobachtung, daß die Tholos Fenster gehabt haben müsse, W. Dörpfeld
schrieb und ihn um sein Urteil darüber befragte, teilte er mir mit, daß er nicht nur
ebenfalls jenes Gesims als an tiefer Stelle fenstertragend ansehe, sondern sogar zwei
Fensterpilaster aus Marmor unter den Werkstücken der Tholos gesehen habe. Sie
sind allerdings noch nie aufgenommen worden und tragen nach Dörpfelds Mitteilung
ein feines Antenkapitell.
 
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