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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Thiersch, Hermann: Antike Bauten für Musik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0052

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38

allenfalls in Betracht kommen könnte. Aber wie mir Dörpfeld mündlich versicherte,
machte es ihm damals, als er das Stück in Händen hatte, den Eindruck, als gehörte
es eher zu einem niedrigen Stufenkranz, der auf der breiten Randzone innen um das
Rhomben-Pflaster aufgelegen haben könnte.

Ich vermute nun, daß sich eben jener niedrige Stufenkranz innen in der Mitte
des Rhomben-Pflasters um ein kreisrundes Podium (Holzboden auf zylindrischem Stein-
kranz) gelegt haben wird, und daß dieses die fehlende Überdeckung der offenen Boden-
mitte gewesen ist. Was mich darauf führt, ist die alte, in der Bauinschrift selbst an-
gewandte Bezeichnung des Gebäudes «Tbymele». Von dem Bema in der Mitte, einer
richtigen <8-o;jiXrj, ist diese Bezeichnung offenbar übertragen worden zuerst auf den Innen-
raum des Gebäudes, dessen Mitte eben jenes Podium bildete, und dann auf das ganze
Gebäude. Leider ist gerade der für uns darin interessanteste Teil der Inschrift, die
Partie über die Herstellung dieses Thymelepodiums, verloren gegangen.

Thymele ist vor allem das hölzerne Podium, auf dem die Musiker postiert

wurden, und zwar ausschließlich die Instrumen-
talmusik, Kithara und Flöte, nicht der Chor,
also höchstens zwei bis drei Mann. Das beden-
ken die nicht, welche einwenden, das Podium
wäre hier viel zu klein. Es durfte aber gar nicht
größer sein, denn die Chorsänger standen so ge-
wiß nicht auf dem Podium, sondern auf dem

^ Steinpflaster ringsum, wie die Choreuten in der

Abbildung 6. Bodenbelag der Tholos inner- i . t mi j a i i r> t.

o„ , ■ , ürchestra des lheaters. Auch da saßen nur die
halb des inneren Saulenkranzes.

Nach Kabbadias. zwei ^s drei Instrumentalisten auf dem Holz-

podium. Dieses, aber nicht ein Altar — der
übrigens auch in keiner einzigen Theaterruine an dieser Stelle gefunden worden ist —
stand in der Mitte der Orchestra. Es ist falsch und irreführend, Thymele für Altar
oder einen Teil des Altars zu nehmen. Das ist sie nie gewesen.^/

Uber das schwierige Wort «Thymele» ist schon soviel geschrieben worden,
daß ich mich hier gerne kürzer fassen möchte. Allein es ist nötig, etwas weiter aus-
zuholen, um den Begriff in seinen verschiedenen Wandlungen sicher zu stellen. Es
sind hauptsächlich zwei Erörterungen, die sich gegenseitig ergänzen, die nach Aus-
scheidung des Irrigen darin und mit Zuziehung eines bisher allerdings übersehenen
Moments zusammen die rechte Erklärung von {bjiiXYj ergeben. C. Robert (Hermes
1897, 438 ff.) hat das Verdienst zuerst gezeigt zu haben, daß die Thymele nie ein Altar
gewesen sein kann, daß sie etwas anderes gewesen sein muß, daß die späterantiken
Erklärungen, die das Wort von ■fröeiv ableiten (und eben deshalb wohl auf die Gleich-
setzung mit Altar gekommen sind), keineswegs für alle Fälle bindend sind. Robert hat
ferner gezeigt, wie das Wort im 5. Jahrhundert ausschließlich bei Dichtern, vor allem bei
Euripides vorkommt. Dann aber hat er diesem Dichtergebrauch des Wortes einen sehr
wenig poetischen Begriff, eine höchst nüchterne, fast bautechnische Vorstellung
«Unterbau» = xkjiiXta, -/.psstSwjia zugemutet. Darin hat er nicht recht getan. E. Reisch
hingegen, in Dörpfelds Theaterbuch, S. 278 ff. (auch schon früher Bethe, Prolegomena,
S. 272), hat nachdrücklich betont, wie das Wort in sich verallgemeinernder Bedeutung
seinen Begriff auch auf den seinen ursprünglichen Kern umgebenden Platz ausgedehnt
 
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