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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Thiersch, Hermann: Antike Bauten für Musik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0054

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Es muß aber auch möglich sein, die ursprüngliche Bedeutung der «Thymele»1 auch
aus ihrer mehr verallgemeinerten Anwendung heraus wieder zu erkennen, vor allem in
den Stellen bei den Dichtern des 5. Jahrhunderts. Und das ist auch nicht nur mög-
lich, sondern ergibt sogar allein erst ihren richtigen Sinn.

Äscbylus, Hiketides 666 (Dindorf):
xai yspapoiai JtpsaßoroSöxot y=(j.övtcov ä-OfiiXai ©Xsövtcov (so Herrmann für cpXeYÖvcwv).

Der Chor betet zu Zeus, daß er die Stadt vor Unheil, Pest, Aufstand und Krieg
bewahre, daß ihre Bevölkerung blühen, wachsen und zunehmen möge, daß ihre Fülle
nie abnehme: der Jugend Blüte möge vor Ares' Grimm bewahrt bleiben, und den
Alten soll es die Freude und der strahlende Ruhm ihrer späten Tage sein, durch ihr Lied
zur Leier auf der Thymele dichte Zuhörerscharen um sich zu versammeln. Den Sänger,
an dessen Munde jedes Ohr hängt, wenn er anhebt «vom erhabenen Pfühl», dachte
man sich gerne als einen ehrwürdigen Greis wie Homer. In diesem Sinne heißen hier
die ■frojisXou jrpsaßoroSöxoi, sie sind der Platz, der ihren Ehrgeiz brennen lassen, entfachen,
aufflammen lassen kann. Eine solch freudig atemlos lauschende Festversammlung ist,
meine ich, der vom Dichter gewollte Kontrast zu dem xsvwaai der verödeten Stadt in
Vers 660. Die Stelle ist keineswegs verderbt, sie wird es erst, wenn man die «Altäre»
hineinbringt, die eben nicht hineingehören.

Besonders wichtig ist Euripides' Jon. Das Stück spielt in Delphi, dem vornehmsten
apollinischen Heiligtum, einem Hauptzentrum der antiken Musik. V. 46. Die Pythia
will das ausgesetzte Kind zuerst ganz hinausstoßen, verbannen aus dem heiligen Fest-
bezirk (orcsp §e 9-un.sXa? Stoptaai ;rpd{k>u.o? vjv). — V. 113 ff. Jon, der Tempeldiener, spricht
von den Lorbeerreisern, mit denen er den Boden kehrt:

xaXXiaTa? jrpOTtöXsojxa Satcvas,
ä rav (J'otßoD •frofieXav
aodpsi? ....

Er fegt damit den «Festplatz» des Gottes, ist also ein vswzöpo? im eigentlichsten,
buchstäblichen, wie im späteren allgemeinen Sinne dieses Wortes. — Vers 154 ff. Es
kommen Vögel vom Parnaß, die Jon verscheuchen muß. Zuerst ein Adler, der oben
auf das Kranzgesims des Tempels zustrebt. Dann heißt es Vers 167 ff.:

oSs Trpö? \ro[j,sXa<; pcXXö? speaaei

xdxvo? • odx aXXcc
yoiVHCOcpai] 7rö§a y.tv^ast?;
odSsv o' a cpopjAiyS a 4>otßoo
a6[J.(j.oX7ros tö£<dv pönale' av.

Träpays Trcspoyac,
Xtava? ercißa xäz AvjXtäSo?
al[xa£sis, sl [17] 7rsfost,
tag xaXXtyirÖYT00? <;)5äc.

1 Auch die Inschrift von Delos BCH. 1890, p. 397 ist am verständlichsten in diesem Zusammen-
hange. Es sind lauter Holzarheiten, in deren Mitte hier die #u;ji),7] toö ß(o|j.oö toü iv rjj v-rjocu genannt
wird: die 5p.a|a, verschiedene xXvjiSs?, SäoE?, TpütpoaT«, fl-öpa;, tpo/iXeta etc. . . . Und so werden auch die
neun Lindenholzbretter (cav^e? <piX6pivai svvsa), deren Transport (Äntevefiaotv tö tspöv) unmittelbar nach der
■8-Djj.EX-fi erwähnt wird, zur Ausbesserung eben dieses Musikpodiums gehören, die durch Philokrates (wohl
an ihrer zylindrischen Steinwandung) eine neue xovtasi; bekam.
 
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