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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Thiersch, Hermann: Antike Bauten für Musik, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0105

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drücklich wieder das Allerheiligste des Temenos — zu Ehren der SaE;j.ovsc, d. i. in diesem
Falle vor allem des Heros Antigonos selbst und daneben wahrscheinlich des Pan,
angestimmt wurden (a. a. 0., S. 33 ff.). Auch die kallimacheischen Hymnen bezeichnet
Usener als für den Kultus, nicht für die Lektüre gedichtet.

Die Parallele mit Epidauros ist hier in Knidos so vollständig, wie man sie sich nur
wünschen kann: ein Bau, der ■ö-d^.sXtj heißt, und aotSot, die sich seiner bedienen.
Wenn dies hüben und drüben der Fall ist, darf man auf Gleichheit schließen auch im
dritten Punkt und sagen: auch die Thymele von Knidos war ein Rundbau. In einem
anderen Sinne geht der Bau von Knidos parallel mit dem Philippeion zu Olympia: ein
entscheidender Sieg ist. der Anlaß zur Erbauung in beiden Fällen (hier der Seesieg des
Antigonos, dort der Sieg bei Chäronea).1 Als Dankanatheme für glückliche politische Ereig-
nisse stellen sich also diese jüngeren Rundbauten dar. Und nicht nur die syrischen,
auch die pergamenischen Erben Alexanders folgten darin seinem Vorgang. Vergl.
unten zu Pergamon. Den Übergang zu den Römern macht dann ein Fall in Chalkis.
Diese Stadt brachte dem römischen Feldherrn, der für sie Fürsprache eingelegt hatte,
Opfer und verherrlichte ihn zusammen mit der Dea Roma noch in späterer Zeit durch
einen Hymnus. (Plutareh, Flaminmus 16), vergl. Hahn, Rom und Romanismus, S. 30.

Wieder einen Schritt weiter und die nächst jüngere Fortsetzung treffen wir,
ebenfalls im hellenistischen Kulturgebiet, in: Pergamon. Pergamon ist der erste Ort
der griechischen Welt, in dem der Kaiserkult offiziell eingerichtet wurde. Vergl. Korne-
mann, Klio I, S. 98 ff. Pergamon eröffnet damit die Epoche, in der «das Kaisertum
auch der religiöse Mittelpunkt für alle Bewohner des Reiches werden sollte».2

Im Jahre 29 v. Chr. wurde hier der Kult des Augustus (Isßaotoö v.a.1 ösä?
P&injc) eröffnet. Bei diesem Kult spielte der musikalische Teil eine bedeutende Rolle.
Durch eine Inschrift aus hadrianischer Zeit (Inschr. von Pergamon II, No. 374) ist ein
Kollegium von »[xvwSoi fl-soo Esßaoroö xai #cäg Tco^c gesichert, welches die Geburtstage
der Kaiser, das römische Neujahr, ein dreitägiges Rosenfest im Mai und im Juni ein
Mysterienfest mit seinen Gesängen zu verherrlichen hatte. (Vergl. auch den in Inschr.
von Pergamon, No. 523, Zeile 10 genannten üjavcüSö? -ö-soö Ao-jobazoo.) Und wenn in
derselben Inschrift gesagt wird, daß diese Hymnodoi bekränzt sein sollen, und daß am
Mysterienfest auch «das Hymnodeion» bekränzt sein solle (a. a. 0., S. 262 B. Zeile 16:
«.al xolq ji.uc5T7]p[ois atsipävcoatv Iv tip ou,vto§s:<o), so kann dies djj.vwSslov genannte Gebäude
wohl kein anderes als das Festlokal selbst sein, nach hellenistischem Sprachgebrauch:
die «Thymele» für die ao'.Soi. Ich trage kein Bedenken, auch dies pergamenische
Hymnodeion für einen Rundbau zu erklären, wenn seine Reste auch noch wirklich unter
dem heutigen Türkenviertel von Bergama verborgen liegen sollten. (So Fabricius a. a. 0.,
S. 264; er spricht von dem Bau direkt als «Augusteion».)

1 Vergl. den Päan, mit dem die Athener im Jahre 307 den siegreichen Demetrius Poliorketes
empfingen. „Wie er kommt mit seinem Gefolge, erscheint er ihnen wie die Sonne und die liehen Sterne,
als Sohn Poseidons und Aphroditens. «Die andren Götter sind ja doch weit fort, sind überhaupt nicht oder
hören uns doch nicht. Dich aber sehen wir Auge in Auge, nicht in Holz oder Stein, sondern leibhaftig.
Darum beten wir zu dir, gib uns Frieden, denn du bist der Herr!» Er ist ihnen Helfer und Heiland
(aiuiTjp), der praesens deus." (Wendland, Die hellenistisch-römische Kultur, S. 75.)

2 Über die Kaccapela, die natürlich nicht auf diese kleinen runden Musikbauten beschränkt waren,
das SEßaaxsiov zu Alexandria etc. vergl. Hahn, Rom und Romanismus, S. 100 ff.

Zeitschrift für Geschichte der Architektur. II. 12
 
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