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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Kohte, Julius: Die Peterskirche in Leitzkau: der älteste Steinbau östlich der Elbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0290

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wieder dauernd an Deutschland zu bringen. Unter diesen günstigen äußeren Verhält-
nissen konnte Leitzkau sich weiter entwickeln. Erzbischof Norbert, der das Magdeburger
Liebfrauenkloster 1129 mit Prämonstratenser-Mönchen besetzte, soll diese in Leitzkau
schon im Jahre zuvor angesiedelt haben. 1136 wählte der Leitzkaucr Prämonstratenser-
Konvent den Propst des Liebfrauenklosters Wigger zum Bischof von Brandenburg, und
dieser bestätigte 1139 dem Konvent das Recht, den Bischof zu wählen. Als Sitz diente
dem Konvent damals die Peterskirche bei dem bischöflichen Hofe. Bald aber baute der
Konvent sich die größere Marienkirche, welche etwas höher als jene außerhalb des Ortes
gelegen ist und deshalb den Zusatz «in Monte» erhielt; sie wurde 1155 von Erzbischof
Wichmann in Gegenwart Albrechts des Bären geweiht. Noch vor 1150 wurde von Leitz-
kau aus ein Tochterkonvent nach Brandenburg gesandt und zunächst bei der Gotthards-
kirche angesiedelt. 1165 konnte in Brandenburg das Domstift wiederhergestellt und der
Grundstein zum Bau eines Domes gelegt werden. Leitzkaus Rolle als Sitz des Dom-
stifts ging damit zu Ende.

Wer heute Leitzkau besucht, wird lebhaft an die alte Zeit erinnert. Noch steht
die Marienkirche, trotz der Verstümmelung in wesentlichen Teilen ihres alten Bestandes
erhalten, während die Stelle des Klosters ein stattliches adeliges Schloß des 16. Jahr-
hunderts einnimmt. Noch steht auch die Peterskirche, freilich ebenfalls verstümmelt
und durch einen Umbau 1737 verändert. Es ist das Verdienst des früheren Ober-
pfarrers von Loburg, Ernst Wernicke, daß er in dem entstellten Bauwerk den ältesten
steinernen Kirchenbau östlich der Elbe erkannt hat. Da er aber nicht alle Einzelheiten
richtig erkannt und auch unterlassen hat, eine vollständige Aufnahme des ursprünglichen
Bestandes des Bauwerks mitzuteilen, so wird eine nochmalige Untersuchung erforderlich,
um die älteste Zeit der märkischen Baugeschichte aufzuhellen.1

Die Kirche ist aus Grauwacken-Bruchsteinen erbaut, die aus den nahen Brüchen
bei Gommern gewonnen wurden. Wie die Urkunde von 1114 besagt, ist sie eine Basilika
(Abbildungen 1—4). Sie hat im Chor und Mittelschiff das bescheidene Maß von 6,75 m
Breite. Der ursprüngliche Fußboden liegt mehr als 1 m unter dem umgebenden Erd-
reich und 50 cm unter dem derzeitigen Fußboden des Schiffes. Barocker Putz und
von Jahr zu Jahr sich ausbreitender Efeu verdecken manche Teile der Fronten. Beim
Umbau 1737, wenn nicht schon früher, wurden die Seitenschiffe des Langhauses abge-
brochen, die Kirche einschiffig umgestaltet, neue Fenster unter den alten eingebrochen
und statt der ursprünglichen geraden Decke ein flaches hölzernes Tonnengewölbe ein-
gespannt. Trotzdem sind genügende Reste vom ursprünglichen Bau geblieben, um die
Gestalt im einzelnen zu erkennen und in der Zeichnung wiederherzustellen.

Beginnen wir die Betrachtung im Osten (Abbildungen 1 und 2), so ist die halbrunde
Apsis durch eine barocke Sakristei ersetzt; doch sind bei dem vernachlässigten Zustande

1 Für die geschichtliche Darstellung kommen in Betracht: Riedel, Codex diplomaticus Branden-
burgensis. I. Hauptteil, Bd. 10, Berlin 1856. S. 64ff. — F. Winter, Die Prämonstratenser des 12. Jahr-
hunderts und ihre Bedeutung für das nordöstliche Deutschland. Berlin 1865. S. 121 ff. — E. Wernicke,
Der älteste steinerne Kirchenbau ostwärts der Elbe. Zentralblatt der Bauverwaltung 1887, S. 511, mit einem
Grundriß der Kirche. — Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen.
Heft 21. Die Kreise Jerichow, bearbeitet von E. Wernicke. Halle 1898. S. 129 ff. - G. Sello, Zur Ge-
schichte Leitzkaus. Geschichtsblälter für Stadt und Land Magdeburg. Bd. 26, 1891. S. 245 ff. — F. Curseh-
mann, Die Diözese Brandenburg. Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte der Mark Brandenburg.
Leipzig 1906. S, 71 ff.

Julius Kohle.
 
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