Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 37.1915-1916

DOI Artikel:
Michel, Wilhelm: Volkstümliche Kunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8533#0233

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
GUSTAV CRECELIUS t KARLSRUHE. »BLUMEN- UND FRÜCHTE-STILLEBEN«

VOLKSTÜMLICHE KUNST.

Es ist nur mit gewissen Schwierigkeiten mög-
lich, diesen Gegenstand zu behandeln, denn
der Begriff „Volkstümliche Kunst" hat im
Sprachgebrauch mehrere Bedeutungen. Er be-
deutet sowohl Kunst, die das Volk selbst
hervorbringt, als auch Kunst, die, ohne aus
dem namenlosen Volke selbst zu stammen, doch
dem volksmäßigen Empfinden in beson-
derem Grade angemessen ist. Unter die
erstere Bedeutung fällt beispielsweise die so-
genannte Volkskunst (der in der Dichtung
etwa das Volkslied entspricht); unter die zweite
Bedeutung fällt das Schaffen aller jener Künst-
ler, die in ihrer Ausdrucksweise und in ihren
Gegenständen dem Verständnis breiter Volks-
kreise günstig liegen. Man hat dabei etwa an
Namen wie Ludwig Richter, Schwind und ver-

wandte Erscheinungen zu denken. Es ist dies
Kunst von durchaus ernster Art, der man keinen
Abtrag tut, wenn man zwischen ihr und der im
eigentlichen Sinne „großen" Kunst einen We-
sensunterschied feststellt. Aber der Begriff
Volkstümliche Kunst hat noch eine dritte Be-
deutung , entsprechend einer dritten Art von
Beziehung zwischen der Kunst und der natio-
nalen Gemeinschaft, der sie entstammt. Es ist
eine häufig gemachte Beobachtung, daß das
Höchste der Kunst nur dann erreicht wird, wenn
der Künstler aus den Tiefen der Volksseele
schöpft. Die nationale Gemeinschaft ist der
eigentliche Nährboden für alle Höchstleistungen
des menschlichen Geistes. Das große Kunst-
werk entsteht nur da, wo sich der Geist des
Einzelnen mit den im Volke schlummernden
 
Annotationen