PROFESSOR JOSEF HOFFMANN—WIEN.
UMBAU EINES ALTEN HAUSES. »VORRAUM«
KUNST-PATRIOTISMUS.
Eine Begleiterscheinung der europäischen
Zwistigkeiten, und keine erfreuliche, ist
das Streben der streitenden Völker, ihre Kultur-
bestände nach feindlichem Gut zu durchforschen.
In Sprache, Sitte, Wissenschaft und Kunst geht
es an ein Aufstöbern solcher Konterbande. Der
Zweck ist der entgegengesetzte wie beim Auf-
suchen materieller Konterbande: diese wird,
wo man sie erwischt, als gute Prise eingesteckt,
jene aber, die kulturelle Konterbande, wird mit
Abscheu aus dem Hause geworfen; oder wenig-
stens, weil dies nicht immer sofort auszuführen
ist, nach Kräften verunglimpft. Besonders eifrig
wird auf diesem Gebiete, auf dem ja die Be-
tätigung der Vaterlandsliebe verhältnismäßig
gefahrlos ist, in Frankreich gearbeitet. Eine
Zeit lang hörten wir jeden Tag von erstaunlichen
Entdeckungen deutscher Kultur-Konterbande
in Frankreich. Und mancher Deutsche mag erst
durch das zornige Geschrei der kulturellen Bil-
derstürmer drüben darüber belehrt worden
sein, wieviel feinsten kulturellen Export wir
nach Westen hatten und haben. Da wurden
die deutschen wissenschaftlichen Methoden als
rückständig und schwerfällig verleumdet. Die
deutsche Philosophie, die nicht nur in Frank-
reich bis dahin eine einigermaßen verdiente
Achtung genossen hatte, ward vom eleganten
Weltweisen des College de France, Bergson,
hochfahrend abgekanzelt — vielleicht in der
Hoffnung, es werde dadurch in den Geistern
Raum frei für seine eigene Weisheit, die ein
Franzose, nicht etwa ein Boche, eine philoso-
phie d'imbeciles genannt hat. Nietzsche, den
die Intellektuellen Frankreichs nicht weniger
verhimmelt hatten als diejenigen Deutschlands,
ward endlich als Barbar erkannt und geächtet.
Goethe ward als mäßiger Dichterling entlarvt.
Von Beethoven ließ sich zu seinem Glücke
nachweisen, daß er eigentlich Vlame ist, und so
UMBAU EINES ALTEN HAUSES. »VORRAUM«
KUNST-PATRIOTISMUS.
Eine Begleiterscheinung der europäischen
Zwistigkeiten, und keine erfreuliche, ist
das Streben der streitenden Völker, ihre Kultur-
bestände nach feindlichem Gut zu durchforschen.
In Sprache, Sitte, Wissenschaft und Kunst geht
es an ein Aufstöbern solcher Konterbande. Der
Zweck ist der entgegengesetzte wie beim Auf-
suchen materieller Konterbande: diese wird,
wo man sie erwischt, als gute Prise eingesteckt,
jene aber, die kulturelle Konterbande, wird mit
Abscheu aus dem Hause geworfen; oder wenig-
stens, weil dies nicht immer sofort auszuführen
ist, nach Kräften verunglimpft. Besonders eifrig
wird auf diesem Gebiete, auf dem ja die Be-
tätigung der Vaterlandsliebe verhältnismäßig
gefahrlos ist, in Frankreich gearbeitet. Eine
Zeit lang hörten wir jeden Tag von erstaunlichen
Entdeckungen deutscher Kultur-Konterbande
in Frankreich. Und mancher Deutsche mag erst
durch das zornige Geschrei der kulturellen Bil-
derstürmer drüben darüber belehrt worden
sein, wieviel feinsten kulturellen Export wir
nach Westen hatten und haben. Da wurden
die deutschen wissenschaftlichen Methoden als
rückständig und schwerfällig verleumdet. Die
deutsche Philosophie, die nicht nur in Frank-
reich bis dahin eine einigermaßen verdiente
Achtung genossen hatte, ward vom eleganten
Weltweisen des College de France, Bergson,
hochfahrend abgekanzelt — vielleicht in der
Hoffnung, es werde dadurch in den Geistern
Raum frei für seine eigene Weisheit, die ein
Franzose, nicht etwa ein Boche, eine philoso-
phie d'imbeciles genannt hat. Nietzsche, den
die Intellektuellen Frankreichs nicht weniger
verhimmelt hatten als diejenigen Deutschlands,
ward endlich als Barbar erkannt und geächtet.
Goethe ward als mäßiger Dichterling entlarvt.
Von Beethoven ließ sich zu seinem Glücke
nachweisen, daß er eigentlich Vlame ist, und so