DER ZEICHNER.
»War ich in Ge-
sellschaft, so sefjte
ich mich so, daß
ich die Gesellschaft,
oder eine Gruppe
aus derselben, oder
auch nur eine ein-
zige Figur übersehen
konnte, und zeichne-
te sie so geschwind,
oder auch mit so
vielem Fleiß, als es
die Zeit oder die
Tätigkeit der Per-
sonen erlaubte. Bat
niemals um Erlaub-
nis, sondern suchte
es so verstohlen wie
möglich zu machen;
denn wenn ein Frau-
enzimmer — und
auch zuweilen Man-
nespersonen — weiß,
daß man's zeichnen
will, so will es sich
angenehm stellen
und verdirbt alles,
die Stellung wird ge-
zwungen. Ich ließ
es mich nicht ver-
drießen, wenn man
mir auch, wenn ich
halb fertig war, da-
vonlief, es war doch
so viel gewonnen.
Was habe ich da zu-
weilen für herrliche
Gruppen mit Licht
und Schatten, mit
allen den Vorzügen,
die die Natur, wenn
jks>öltq) uns ein?
gesundes Sqbncben>
FERDINAND STAEGER-MÜNCHEN. ZEICHNUNG: »GEBURTS-ANZEIGE«
sie sich selbst über-
lassen ist, vor all
den so gerühmten
Idealen hat, in mein
Taschenbuch einge-
tragen. Auch des
Abends bei Licht
habe ich das oft
getan; kein besseres
Studium, um große
Partien Licht und
Schatten hervorzu-
bringen.......Ich
habe nach Gemäl-
den wenig, nach
Gips etwas, viel
mehr nach der Na-
tur gezeichnet. Bei
ihr fand ich die
meiste Befriedigung,
den meisten Nutjen;
sie ist meine einzige
Lehrerin, meine ein-
zige Führerin, meine
Wohltäterin. Wo
ich sie finde, werfe
ich ihr einen Kuß,
wenn es auch nur in
Gedanken ist, zu:
dem reizenden Mäd-
chen, dem prächtigen
Pferde, der herr-
lichen Eiche, dem
Strauche, dem Bau-
ernhause, dem Pa-
laste , der Abend-
sonne und dem
Mondlicht. Alles ist
mir willkommen, und
mein Herz und Grif-
fel hüpfen ihm ent-
gegen.« Adolf Menzel.
302
»War ich in Ge-
sellschaft, so sefjte
ich mich so, daß
ich die Gesellschaft,
oder eine Gruppe
aus derselben, oder
auch nur eine ein-
zige Figur übersehen
konnte, und zeichne-
te sie so geschwind,
oder auch mit so
vielem Fleiß, als es
die Zeit oder die
Tätigkeit der Per-
sonen erlaubte. Bat
niemals um Erlaub-
nis, sondern suchte
es so verstohlen wie
möglich zu machen;
denn wenn ein Frau-
enzimmer — und
auch zuweilen Man-
nespersonen — weiß,
daß man's zeichnen
will, so will es sich
angenehm stellen
und verdirbt alles,
die Stellung wird ge-
zwungen. Ich ließ
es mich nicht ver-
drießen, wenn man
mir auch, wenn ich
halb fertig war, da-
vonlief, es war doch
so viel gewonnen.
Was habe ich da zu-
weilen für herrliche
Gruppen mit Licht
und Schatten, mit
allen den Vorzügen,
die die Natur, wenn
jks>öltq) uns ein?
gesundes Sqbncben>
FERDINAND STAEGER-MÜNCHEN. ZEICHNUNG: »GEBURTS-ANZEIGE«
sie sich selbst über-
lassen ist, vor all
den so gerühmten
Idealen hat, in mein
Taschenbuch einge-
tragen. Auch des
Abends bei Licht
habe ich das oft
getan; kein besseres
Studium, um große
Partien Licht und
Schatten hervorzu-
bringen.......Ich
habe nach Gemäl-
den wenig, nach
Gips etwas, viel
mehr nach der Na-
tur gezeichnet. Bei
ihr fand ich die
meiste Befriedigung,
den meisten Nutjen;
sie ist meine einzige
Lehrerin, meine ein-
zige Führerin, meine
Wohltäterin. Wo
ich sie finde, werfe
ich ihr einen Kuß,
wenn es auch nur in
Gedanken ist, zu:
dem reizenden Mäd-
chen, dem prächtigen
Pferde, der herr-
lichen Eiche, dem
Strauche, dem Bau-
ernhause, dem Pa-
laste , der Abend-
sonne und dem
Mondlicht. Alles ist
mir willkommen, und
mein Herz und Grif-
fel hüpfen ihm ent-
gegen.« Adolf Menzel.
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