ÜBER BÜHNE UND MALEREI.
U" ber die Wechselwirkung von Malerei und
Bühnenkunst ist oft gehandelt worden, lei-
der besitzen wir eine historische Forschung
darüber nicht. Und doch würde manches für
beide Künste Beherzigenswerte dabei heraus-
springen. Die Wechselwirkung begann, als die
Bühne den Kreis der Arena verlassen hatte
und unsere Guckkastenform mit der fehlenden
vierten Wand annahm. Aber bewußt wurde
dieser Einfluß erst nach Überwindung des Ro-
koko, da die Auffassung Allgemeingut gewor-
den war, daß „kein Genremaler je ausgezeich-
net gewesen, ohne zuvor wenigstens ein leid-
licher Geschichtsmaler gewesen zu sein" (Cochin
1771). „Die anerkannte und vielleicht glück-
liche Unmöglichkeit, die Natur mit absoluter
Genauigkeit wiederzugeben" (Diderot), ließ
damals in David den Meister der Malerei er-
kennen, einer historischen Malerei, die ihre
Beleuchtung, ihre Anordnung und ihre Gesten-
sprache der Bühne entlehnt hatte. Wir wissen
aus Berichten der Zeitgenossen, wie die Maler
zu ihrem Studium sich kleine Bühnen in den
Ateliers erbauten, und mit Kostümfiguren bei
passender künstlicher Lichtgebung alle Wir-
kungen ihres beabsichtigten Gemäldes studier-
XIX. Februar 1916. 5*
U" ber die Wechselwirkung von Malerei und
Bühnenkunst ist oft gehandelt worden, lei-
der besitzen wir eine historische Forschung
darüber nicht. Und doch würde manches für
beide Künste Beherzigenswerte dabei heraus-
springen. Die Wechselwirkung begann, als die
Bühne den Kreis der Arena verlassen hatte
und unsere Guckkastenform mit der fehlenden
vierten Wand annahm. Aber bewußt wurde
dieser Einfluß erst nach Überwindung des Ro-
koko, da die Auffassung Allgemeingut gewor-
den war, daß „kein Genremaler je ausgezeich-
net gewesen, ohne zuvor wenigstens ein leid-
licher Geschichtsmaler gewesen zu sein" (Cochin
1771). „Die anerkannte und vielleicht glück-
liche Unmöglichkeit, die Natur mit absoluter
Genauigkeit wiederzugeben" (Diderot), ließ
damals in David den Meister der Malerei er-
kennen, einer historischen Malerei, die ihre
Beleuchtung, ihre Anordnung und ihre Gesten-
sprache der Bühne entlehnt hatte. Wir wissen
aus Berichten der Zeitgenossen, wie die Maler
zu ihrem Studium sich kleine Bühnen in den
Ateliers erbauten, und mit Kostümfiguren bei
passender künstlicher Lichtgebung alle Wir-
kungen ihres beabsichtigten Gemäldes studier-
XIX. Februar 1916. 5*