LOVIS CORIXTH- BERLIN.
STILLEBEN »OBST UND PFEFFERLINGE«
MIT GENEHMIGUNG VON BRUNO CASSIRKR-BERLIN.
DIE AUSSTELLUNG DER BERLINER SECESSION.
Der Teil der Mitglieder der „alten" Berliner
Secession, der sich seinerzeit bei der be-
kannten Spaltung unter die Führung Corinths
stellte, während die Majorität um Liebermann
und Cassirer sich nunmehr „Freie Secession"
nennt, veranstaltete in seinem eigenen neuen
Heim am Kurfürstendamm trotz Krieg seine
erste Ausstellung. Daß sie unter diesen Um-
ständen ihren Verein soweit förderten, ist eine
anerkennenswerte Leistung. Die Kunstpolitik,
die damals zur Spaltung führte und diese Gruppe
in die Opposition trieb, wollen wir heute nicht
noch einmal aufrollen und auch nicht näher
untersuchen inwieweit ihr eigenes jetziges Ver-
halten im Einklang mit ihren damaligen Oppo-
sitionsmotiven steht. —
Die Ausstellung, die den Räumen entspre-
chend gering an Zahl ist, sie umfaßt 146 Num-
mern an Bildern und Plastiken und einige Rah-
men Lithographien der Serie „ Krieg und Kunst",
macht in manchen Punkten keinen unsympathi-
schen Eindruck. Da wäre an erster Stelle der
noch jugendliche Maler Willi Jaekel zu nen-
nen. Wir begegneten ihm schon auf früheren
Ausstellungen, doch trat sein Wesen uns noch
nie so klar umrissen entgegen, wie dieses Mal.
Er ist, wenn wir nicht irren, als Schüler aus der
Breslauer Akademie hervorgegangen, wo er,
unter des soliden Kaempffers Leitung wahr-
scheinlich, den Grund zu seinem ansehnlichen
zeichnerischen Können legte. Aber nicht nur
hierdurch, auch durch einen zweiten nicht all-
täglichen Zug unterscheidet er sich wesentlich
vom Geistesdurchschnitt seiner — oder muß
man schon sagen der vorigen? — Generation:
er besitzt wieder stoffgestaltende Phantasie!
Freilich wird es für ihn ein Notwendiges sein,
diese Anlage zu läutern, zu klären, damit der
Gegenstand vereinfacht in die reine Form em-
porwachse, um nicht im Illustrativen wuchernd
zu verwildern. Dann wird seine Linie noch an
Kraft, wie seine Komposition an Einfachheit
gewinnen, und seine Farbe — mit den male-
rischen Absichten der letzten Generation hat
XIX. Januar 1916 1
STILLEBEN »OBST UND PFEFFERLINGE«
MIT GENEHMIGUNG VON BRUNO CASSIRKR-BERLIN.
DIE AUSSTELLUNG DER BERLINER SECESSION.
Der Teil der Mitglieder der „alten" Berliner
Secession, der sich seinerzeit bei der be-
kannten Spaltung unter die Führung Corinths
stellte, während die Majorität um Liebermann
und Cassirer sich nunmehr „Freie Secession"
nennt, veranstaltete in seinem eigenen neuen
Heim am Kurfürstendamm trotz Krieg seine
erste Ausstellung. Daß sie unter diesen Um-
ständen ihren Verein soweit förderten, ist eine
anerkennenswerte Leistung. Die Kunstpolitik,
die damals zur Spaltung führte und diese Gruppe
in die Opposition trieb, wollen wir heute nicht
noch einmal aufrollen und auch nicht näher
untersuchen inwieweit ihr eigenes jetziges Ver-
halten im Einklang mit ihren damaligen Oppo-
sitionsmotiven steht. —
Die Ausstellung, die den Räumen entspre-
chend gering an Zahl ist, sie umfaßt 146 Num-
mern an Bildern und Plastiken und einige Rah-
men Lithographien der Serie „ Krieg und Kunst",
macht in manchen Punkten keinen unsympathi-
schen Eindruck. Da wäre an erster Stelle der
noch jugendliche Maler Willi Jaekel zu nen-
nen. Wir begegneten ihm schon auf früheren
Ausstellungen, doch trat sein Wesen uns noch
nie so klar umrissen entgegen, wie dieses Mal.
Er ist, wenn wir nicht irren, als Schüler aus der
Breslauer Akademie hervorgegangen, wo er,
unter des soliden Kaempffers Leitung wahr-
scheinlich, den Grund zu seinem ansehnlichen
zeichnerischen Können legte. Aber nicht nur
hierdurch, auch durch einen zweiten nicht all-
täglichen Zug unterscheidet er sich wesentlich
vom Geistesdurchschnitt seiner — oder muß
man schon sagen der vorigen? — Generation:
er besitzt wieder stoffgestaltende Phantasie!
Freilich wird es für ihn ein Notwendiges sein,
diese Anlage zu läutern, zu klären, damit der
Gegenstand vereinfacht in die reine Form em-
porwachse, um nicht im Illustrativen wuchernd
zu verwildern. Dann wird seine Linie noch an
Kraft, wie seine Komposition an Einfachheit
gewinnen, und seine Farbe — mit den male-
rischen Absichten der letzten Generation hat
XIX. Januar 1916 1