Kunslpatriotismus.
kam er mit einer posthumen Expatriierung da-
von. Aber die übrige deutsche Musik! Wagner,
der Rohling! Strauß, der musizierende Nigger!
Es schlug die Stunde ihrer Demaskierung. Schon
vor dem Kriege erklang es: „Qu'allons-nous
donc, Francais, chercher hors de chez nous?"
Da nunmehr alle Höflichkeit unter den Völkern
beiseite gesetzt ist, werden auf diese Melodie
jetzt bedeutend gröbere Verse gesungen. Laut
wird die kulturelle Selbstgenügsamkeit der gal-
lischen Rasse verkündigt. Und diese Verkün-
digung fällt um so lauter aus, je weniger fest
der Glaube an das Selbstgenügen Frankreichs
in Wirklichkeit sitzt. Die Krise im Latinismus,
die seit mehreren Jahrzehnten besonders in
Frankreich zu bemerken war, ist zwar bei uns
wenig beachtet worden, aber sie ist eine ernst-
hafte Erscheinung, die sehr wahrscheinlich auch
durch so heftige nationale Reaktionen, wie sie
seit einigen Jahren in Frankreich gezüchtet
werden, nicht aufzuhalten sein wird. Der Eifer
und die Einseitigkeit, mit der die kulturpatrio-
tischen Lächerlichkeiten in Frankreich betrieben
werden, ist geradezu ein Beweis für den Mangel
wurzelechten vaterländischen Selbstgefühls.
— Am kecksten gebärden sich Frankreichs
neueste Kulturpatrioten natürlich in Dingen der
Kunst und des Kunstgewerbes. Hier sind
wir ja im eigentlichen Herrschaftsbereich des
französischen Geschmackes. Hier sind frische
Wunden zu salben, frische Demütigungen zu
rächen. . . Da stellt sich denn im Lichte des
jungen Hasses heraus, daß die deutsche Malerei
des neunzehnten Jahrhunderts, soweit sie über-
haupt etwas taugte, lediglich ein eifriges Ab-
malen der französischen Vorbilder war. Und
im Kunstgewerbe? Nun, da dürfen sich die
Möbelkitschiers des Faubourg St. Antoine end-
lich einmal ins Fäustchen lachen. Vor dem
Kriege mußten sie mit verständnisloser Sorge
Deutschlands jungen Aufschwung mitansehen
und mußten von den Künstlern ihres eigenen
Landes zahllose Anrempelungen zähneknir-
schend ertragen. Noch im November 1913
schrieb Jean-Aubry gelegentlich eines Berichtes
über den Herbstsalon: „ Si les meubliers anglais
ou munichois n'etaient pas venus exposer ä
Paris et donner quelque inquietude ä ces mes-
kam er mit einer posthumen Expatriierung da-
von. Aber die übrige deutsche Musik! Wagner,
der Rohling! Strauß, der musizierende Nigger!
Es schlug die Stunde ihrer Demaskierung. Schon
vor dem Kriege erklang es: „Qu'allons-nous
donc, Francais, chercher hors de chez nous?"
Da nunmehr alle Höflichkeit unter den Völkern
beiseite gesetzt ist, werden auf diese Melodie
jetzt bedeutend gröbere Verse gesungen. Laut
wird die kulturelle Selbstgenügsamkeit der gal-
lischen Rasse verkündigt. Und diese Verkün-
digung fällt um so lauter aus, je weniger fest
der Glaube an das Selbstgenügen Frankreichs
in Wirklichkeit sitzt. Die Krise im Latinismus,
die seit mehreren Jahrzehnten besonders in
Frankreich zu bemerken war, ist zwar bei uns
wenig beachtet worden, aber sie ist eine ernst-
hafte Erscheinung, die sehr wahrscheinlich auch
durch so heftige nationale Reaktionen, wie sie
seit einigen Jahren in Frankreich gezüchtet
werden, nicht aufzuhalten sein wird. Der Eifer
und die Einseitigkeit, mit der die kulturpatrio-
tischen Lächerlichkeiten in Frankreich betrieben
werden, ist geradezu ein Beweis für den Mangel
wurzelechten vaterländischen Selbstgefühls.
— Am kecksten gebärden sich Frankreichs
neueste Kulturpatrioten natürlich in Dingen der
Kunst und des Kunstgewerbes. Hier sind
wir ja im eigentlichen Herrschaftsbereich des
französischen Geschmackes. Hier sind frische
Wunden zu salben, frische Demütigungen zu
rächen. . . Da stellt sich denn im Lichte des
jungen Hasses heraus, daß die deutsche Malerei
des neunzehnten Jahrhunderts, soweit sie über-
haupt etwas taugte, lediglich ein eifriges Ab-
malen der französischen Vorbilder war. Und
im Kunstgewerbe? Nun, da dürfen sich die
Möbelkitschiers des Faubourg St. Antoine end-
lich einmal ins Fäustchen lachen. Vor dem
Kriege mußten sie mit verständnisloser Sorge
Deutschlands jungen Aufschwung mitansehen
und mußten von den Künstlern ihres eigenen
Landes zahllose Anrempelungen zähneknir-
schend ertragen. Noch im November 1913
schrieb Jean-Aubry gelegentlich eines Berichtes
über den Herbstsalon: „ Si les meubliers anglais
ou munichois n'etaient pas venus exposer ä
Paris et donner quelque inquietude ä ces mes-