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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 11.1900

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Freund, Frank E. Washburn: Die Frühjahrsausstellung der Münchner Secession
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5771#0170

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323

Nekrologe. - Personalnachrichten.

324

viele, aber dem Lebens- und Seelenkundigen, dem
Forschenden wird Antwort auf seine Frage. Von
Uhde besitzt die Ausstellung noch mehrere Bilder,
von frischem Reiz der Darstellung vor allem das
Gruppenbild dreier junger Mädchen bei der Arbeit,
das für Uhde's Eigenart, gerade durch schlichte und
scharfe Charakteristik, einen innerlichen, ja sogar poe-
tischen Eindruck hervorzurufen, ganz besonders be-
zeichnend ist. — Unter den wenigen Porträts fällt ein
Cellospieler von Winternitz besonders auf durch ein-
fache, aber vornehme Charakterisierung des in sein
Spiel vertieften Mannes. — Leo Samberger hat einige
treffliche Kohlezeichnungen ausgestellt, darunter den
Pariser Maler Breal; etwas Müdes, Selbstironisierendes
und doch wehmütig Erwartendes liegt auf diesen
weichen, sehr an Heine erinnernden Zügen. Ernst
Würtenberger hat als einziger sich einen Märchenstoff
gewählt, und zwar den burlesken von den sieben
Schwaben; es steckt wohl Komik in dem Bild, aber
man merkt Absicht dabei, und das herzliche Lachen
bleibt aus. ~ Von Ferdinand Melly finden sich zwei
Stücke, darunter eine Tänzerin von recht roher auf
krassen Effekt ausgehender Mache. Aktstudien im
Freilicht, vornehmlich in wasserdurchtränkter schwerer
Seeluft, zeigt Landenberger in einer Reihe von Bildern,
von denen eines, ein paar Knaben im See, recht ge-
lungen ist. — Sonst findet sich von Akten nur ein
Rückenakt von Leonhard und ein -Dominantaccord«
betiteltes Bild, eine knieende Frau mit Kind in satten,
gegen die Umgebung stark abstechenden Farben, von
Kunz Weidlich. Unter den Tierstücken ragen vor
allen die zahlreichen von Schramm - Zittau hervor:
Truthühner, Enten und Schwäne im Weiher, Bilder
von grosser Lebendigkeit und Frische im Erfassen
des Augenblickes. — Auch Charles Tooby hat ein
paar recht gelungene Sachen. Herterich führt in
fast allzu kecker Manier zwei Ziegen vor.

Weit zahlreicher wie gesagt, ist nun das land-
schaftliche Element vertreten, und zwar spielen Dachau
und Flachlandschaften ähnlichen Charakters die Haupt-
rolle. Beständig wird eine kleine Reihe von Stim-
mungen: aus Herbst und Winter wiederholt, aber
nicht der frische Schnee- und Sonnenglanz, sondern
Schwermut, Trauer, Sehnsucht nach Ruhe, Todesschlaf
reizen diese Künstler immer und immer wieder zur
Darstellung. Fast wird es zu viel, man sehnt sich
nach heiterem Himmel, nach wärmeren Farben, nach
frischem, lebenspendenden Wind und Sturm! Aber
die grosse Ehrlichkeit, das Aufgehen der eignen Per-
sönlichkeit in der Landschaft, das dieser den Charakter
menschlicher Seelendokumente giebt, wirkt dennoch
suggestiv. Hier und da trifft dann auch einer dieser
Künstler einen Ton, der wie Auferstehung klingt: so
Holzel neben einem tieftraurigen Herbstgemälde in
seinem >Vorfrühling«: noch ist alles kahl und nackt
und öde und braun, und doch ahnt man förmlich,
dass dieses Land schon befruchtet ward, dass es in
seinem Schosse sprosst und keimt, und bald eine
reiche Fülle neuen Lebens erstehen wird. Land-
schaften solch elegischer Art sind in grosser Zahl zu
verzeichnen, so von Buttersack, Hayeck, Hegenbarth,

Holzel, Hummel u. a. m. — Eine andere Welt geht
auf in den Landschaften Leistikow's, die bei ihrer
Stilisierung zwar jenes ursprüngliche Weben und
Atmen der Natur nicht in sich bergen, aber, z. T. so-
gar brutal, uns in ihren Bann ziehen. Zwei Stücke
sind von besonderer Schönheit: die Sonne ruht noch

| auf den Wipfeln eines schweigenden Waldes, sie rot
übergiessend, im Weiher davor noch ein schwacher,
kühler Wiederschein all der Pracht, auf den Rasen
aber, den dunkler Schatten umfliesst, senkt es sich
schon wie silbriger Reif; das ganze atmet die fast
schneidende Frische eines Spätherbstabends. — Aus
deutschen Landen heraus führt uns Ernst Gerhard
in einige sehr gelungene, fein komponierte Land-
schaften aus der Bretagne. — Als tüchtige Leistungen
sind noch vor allen zu nennen solche von Richard
Kaiser, Meyer-Basel, Richard Pietzsch, der deutsche
Märchenpoesie liebt, Schnitze-Naumburg mit einer
Reihe köstlicher Skizzen, und Eugen Wolff. Bei der
Fülle des Wertvollen muss manches ungenannt bleiben.

Auch eine kleine Reihe trefflicher Zeichnungen
ist ausgestellt, unter denen die Städtebilder des Mit-
arbeiters bei der M. Jugend, Angelo Jank, vor allem
hervorragen. Etwas Altväterliches, Biederes und bei
aller leise anklingenden Philisterhaftigkeit des Klein-
städtischen, doch so reizvoll Poetisches, an alte ver-
gangene Zeiten und halb vergessene Lieder Gemahnen-
des ruht über diesen Schöpfungen, die mit Liebe und
Anhänglichkeit an dieses Stückchen trauten Lebens
abseits der grossen Welt geschaffen zu sein scheinen.
Ist es doch überhaupt ein Charakteristikum für die
grösste Zahl der Landschaften und nicht bloss dieser
Ausstellung, dass die Künstler sich von der hastenden
Welt und ihrem Treiben losmachen, Träumen und
inneren Stimmungen nachgehen, auf des Herzens
Stimme lauschen.

Das künstlerische Streben macht sich, wie diese

i Ausstellung wieder zeigt, jetzt nicht mehr in der In-
angriffnahme einer Fülle neuer Aufgaben geltend, die
oft genug zu flüchtigen skizzenhaften Improvisationen
über eine oft noch unklar der Phantasie vorschwebende

\ Idee führte, sondern in einem ruhigen Weitergehen
auf der beschrittenen Bahn, in einem eifrigen Arbeiten,
das tiefer zu dringen sucht, das versucht, das Ge-
wollte in innerlich erschauten und durchfühlten, ab-
geschlossenen Werken zu meistern.

München. frank e. w. freund.

NEKROLOGE
Wien. Hier starb am 17. März der Kunsthistoriker
Dr. Hermann Dollmayr im 35 Lebensjahre, der als Custos
an der Gemäldegalerie, Privatdozent an der Universität
und Lehrer an der Akademie der Künste eine umfassende
Thätigkeit entfaltete. Auch war er als Redakteur der Zeit-
schrift »Ver sacrum« thätig. **

PREISVERLEIHUNGEN

Düsseldorf. Professor Andreas Achenbach, der am
29. September a. c. 85 Jahre alt wird, feiert in diesem Jahre
ein seltenes Jubiläum. Es sind 50 Jahre vergangen, seit
er in Berlin die grosse goldene Medaille für Kunst erhielt.
Menzel ward die gleiche Auszeichnung erst 1857 zuteil.
 
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