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Kunstwart und Kulturwart — 26,1.1912

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1912)
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Seeliger, Johannes: Schützt die alten Holzkirchen!
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Avenarius, Ferdinand: Zu den Lehrer-Maßregelungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9024#0128

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darauf hingewiesen, daß ihr Gebiet sich im wesentlichen mit dem slawi-
schen deckt und daß sie dem Charakter dieses Volkes entsprechend in ihrer
niedrigen, dem Erdboden angeschmiegten Form etwas Träumerisches,
Melancholisches haben, im Gegensatz zu ihren lebhafteren, hochragenden
nordischen Geschwistern. Ietzt mögen in Schlesien etwa noch chO bis s70
vorhanden sein. Manche reichen bis an den Anfang des sechzehnten
Iahrhunderts zurück; die älteste bekannte in Oberschlesien ist die in
Pniow, Kreis Tost-Gleiwitz, vom Iahre s506, ihr nahe steht die in
Syrin, Kreis Ratibor, vom Iahre 1510. Die meisten sind zwischen zwei-
und dreihundert Iahren alt. Das har^reiche Nadelholz widersteht lange der
Verwitterung, zudem sind schadhaste Teile leicht auszuwechseln. Eher sind
sie der Vernichtung durch Feuer ausgesetzt. Am ärgsten aber sind sie be-
droht von der unseligen Neuerungsucht des Menschen, von dem Bestreben,
in jedes entlegene Dorf ein Stück Großstadt zu verpflanzen. Da wird nicht
geruht, bis das alte Kirchlein abgetragen und dafür ein steinerner Kasten
hingesetzt ist. Was damit an schlichter Schönheit und an Heimatgefühl ver-
loren geht, für immer verloren geht, ist unersetzlich. Es müßte schon ein
echter Künstler den Neubau beraten, wenn etwas Gutes zustande kommen
sollte, das in die dörsliche Umgebung paßt. Von den alten aber sind
viele Kunstwerke ersten Ranges, und von allen geht ein unbeschreiblicher
Zauber aus, eben weil sie so bodenständig aus den Bedingungen der

Heimat emporgewachsen sind. Sie gehören zur oberschlesischen Heimat

wie die Linden auf den Hügeln mit den Heiligenbildern, die Fasanen
und die weiten Wälder. Es genügt auch nicht, zu wissen, daß da oder
dort noch eine vorhanden ist, der Freund der Heimat sordert vielmehr: alle
noch vorhandenen sind nicht nur sorgfältig aufzunehmen, zu vermessen und
zu photographieren, sondern auch als kulturhistorisch und künstlerisch
wertvolle Denkmale unter Schutz zu stellen. Wird wegen Platz-
mangel (an den wir übrigens nicht ohne weiteres glauben, so wenig
wie an den „Verkehr" in den Städten) ein Neubau unternommen, so
sind die alten zu erhalten und die Kosten dafür sicherzustellen. Diese
Kosten sind oft mit ebensoviel Zehnmark-Stücken zu bezahlen, wie der
Neubau in Tausendern kostet. Vielleicht, daß einem neuen Zeitalter
beim Gegenüber des alten und des neuen Bauwerks noch einmal die

Augen aufgehen. Die Rettung aber muß geschehen und muß bald

geschehen, besonders in den Teilen Oberschlesiens, wo die noch zu er-
schließenden Bodenschätze in kurzer Zeit eine lärmende Industrie hervor-
zaubern werden, sonst sind wir Schlesier und ist damit ganz Deutsch-
land in wenigen Iahrzehnten einer unschätzbaren Zier für immer be-
raubt. Ioh. Seeliger

Zu den Lehrer-Maßregelungen

^^ehrer-Maßregelungen gab's in der letzten Zeit wieder oft, besonders
^ Esn Sachsen. Ich habe nicht den geringsten Grund, anzunehmen,
"^^daß irgendeiner der Maßregler aus Torheit oder gar aus un»
lautern Motiven gehandelt habe, obgleich ich für mein Teil dem Vor-
gehen in der großen Mehrheit der Fälle nicht nachfolgen könnte. Man
gesteht da und dort den Lehrern wohl eine Kritik anfechtbarer Verhältnisse
und neuer Gesetzvorlagen in Eingaben an ihre Behörden zu, nicht

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Kunstwart XXVI, 2 ^
 
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