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Winghart, Stefan [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]; Kaspar, Fred [Bearb.]; Gläntzer, Volker [Bearb.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Güter, Pachthöfe und Sommersitze: Wohnen, Produktion und Freizeit zwischen Stadt und Land ; [... 23. Jahrestagung der nordwestdeutschen Hausforscher im März 2011 ...] — Hameln: Niemeyer, Heft 43.2014

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Güter Adeliger, Lebens- und Wirtschaftsformen
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Adam, Bernd: Die Häuser und Gärten des hannoverschen Oberhofbaudirektors Friedrich Karl von Hardenberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.51273#0216
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Güter Adeliger, Lebens- und Wirtschaftsformen


3 Heinsen, Hardenbergscher Gutshof, Entwurf für die Umzäunung mit Brunnenschalen vor dem Herrenhaus. Tobias Henry
Reetz, um 1732.

war hier das Konzept eines eingeschossigen Herren-
hauses mit Gartensaal im Erdgeschoss, die Anord-
nung seitlicher Korridore neben der Eingangsdiele
sowie die Unterbringung von Toiletten im Gebäude-
innern. In für die Region ungewöhnlich prächtigen
barocken Formen sind der Mittelrisalit aus Werkstein
mit dem Haupteingang sowie die vorgelagerte ge-
schwungene Freitreppe gestaltet. Auf das Grund-
konzept des eingeschossigen Herrenhauses mit aus-
gebauter Mansarde und einer Vielzahl direkter Ver-
bindungen über Treppen zum Garten griff Harden-
berg später auch bei der Errichtung seiner eigenen
Dienstwohnung in Herrenhausen zurück (Abb. 4).
Das normale hannoversche Herrenhaus der Zeit war
zweigeschossig und sein Saal lag im Obergeschoss.
Ein weiteres einstöckiges Herrenhaus ließ sich Har-
denbergs Ministerkollege, der Geheime Rat Heinrich
Grote, auf seinem Gut Bettensen gut 10 km südlich
von Hannover in den Jahren 1735-38 und somit direkt
vor seiner Ernennung zum Kammerpräsidenten durch
den hannoverschen Hofzimmermeister Joseph
Schaedler errichten.6
Berühmt war in Heinsen vor allem die 1738 angeleg-
te Druckwasserleitung, die von einer hoch gelegenen
Quelle gespeist wurde. Diese Wasserversorgung
ermöglichte es, bis zu 7 m hohe Fontänen aus kupfer-
nen Schalen auf den mittleren Sandsteinpfeilern der

Hofumzäunung vor dem Haus springen zu lassen
(Abb. 3).7 Das dürfte beim Empfang hochrangiger
Gäste einen recht imposanten Eindruck hinterlassen
haben. Nach meinem Wissen sind dies die kräftigsten
Wasserspiele, die in Norddeutschland im 18. Jahrhun-
dert in einem Privatgarten betrieben wurden. Die
Aussparungen für die längst entfernten Metallrohre
der Springbrunnen sind noch heute an den Pfeilern
ablesbar. Abzweiger der Leitung führten auch durch
einige der Wirtschaftsgebäude und dienten dort unter
anderem der Abfallbeseitigung. Wahrscheinlich gab
es auch eine durchgängig fließende Spülung unter
den im Herrenhaus gelegenen Toilettenanlagen.
Die Arbeiten am Herrenhaus in Heinsen zogen sich
wenigstens bis 1732 hin. Ein Brief aus diesem Jahr
berichtet vom Streit des Architekten mit den beteilig-
ten Handwerkern.8 Ähnliche Probleme gab es auch im
Hofbauwesen und bald stellte sich heraus, dass der
Baumeister Reetz unter weitreichenden Gedächtnis-
ausfällen litt, die ihn misstrauisch gegen alle Mitar-
beiter werden ließen. In der folgenden Untersuchung
musste Reetz zugeben, indessen sey bekandt, daß er
seit 2 Jahr incommodiret gewesen und es sehr stark
im Kopfe gehabt habe, so, daß wenn er 2 Stunden
gearbeitet, in 4 und mehr Stunden nachher ihm nicht
möglich gewesen auf das geringste zu gedenken.9
Diese Schwierigkeiten waren Hardenberg nicht ver-
 
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