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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Editor]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 20.1895

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Heft 4
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Keil, Bruno: Die Rechnungen über den epidaurischen Tholosbau, 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.38033#0424

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4 ÖS

B. KEIL

geplant in einem jener für das griechische Leben so charakte-
ristischen Momente, wo in einer Gemeinde das Bewusstsein
ihrer Kraft erwacht und sie in frohem Stolze der Welt ihr
Können zeigen will. Wann so diese echte griechische μεγαλο-
ψυχία in einer Gemeinschaft auflodert und wirkt, dann steht
ihr gesamtes inneres Leben in bedeutsamer Entwicklung. Als
die Arbeiten am Asklepieion, dem ersten Neubau im Hieron,
begonnen wurden, war eine neue Zeit für Epidauros schon
angebrochen ; die Inschriften bezeugen sie. So wurde auf dem
Boden, der uns die Denkmäler bewahrt, das Alle, um Neuem
Platz zu machen, gerade in dem Augenblicke zerstört, wo die
Sprache als ein Factor des gesamten Culturlebens auch in eine
neue Entwicklungsstufe trat. Die Denkmäler der älteren Stufe
sind mit dem alten Hieron dahin gegangen ; nur in die neue Zeit
fällt das neue Heiligtum. Deshalb fehlen uns die alten Steine1.
Wir bedauern es; denn die wenigen uns gebliebenen kurzen
Weihinschriften lassen erkennen, wessen wir durch den Um-
bau beraubt worden sind. Die kaum sechs Druckzeilen füllen-
den archaischen Inschriften liefern schon eine ganze Reihe
von Spracherscheinungen, derer die jüngeren Inschriften er-
mangeln Aus ihnen lernen wir auch als epidaurisch die reli-
gionsgeschichtlich wichtige Form Αίσκλα-ιό: (Nr 8; vgl. U.von
Wilamowitz, lsyllos S. 93), welche gleichfalls als trozanisch

' Auch in der späteren Zeit hat das Hieron stark gelitten. Liv. XLV 28,3
berichtet den Besuch des Hieron durch Aemilius Paulus 167 y. Chr. mit
den Worteu: inde (adit) haut parem opibus Epidaurum, sed inclytam Aescu-
lapi nobili templo, quod quinque milibus passuum ab urbe distans, nunc ve~
stigiis revolsorum donorum, tum (167 vor Chr.) donis dives erat, quae reme-
diorum salularium aegri mercedem sacraverant deo. Es ergiebt dies aber keine
chronologische Bestimmung, weil die Worte nunc vestigiii ff. in den poly-
bianischen Bericht eingeschoben sind, ohne dass ihre Provenienz sicher
stünde (Nissen, Untersuchungen über die Quellen . . . des Liv. S. 276).
Möglicherweise ist das Hieron bis zum Ende des 2. Jahrhunderts annähernd
verschont geblieben; sicher steht die Beraubung durch Sulla (Plut. Sulla
12; Paus. 1X7,5) und die Brandschatzung durch den Flibustierstaat der
Seeräuber (Plut. Pomp. 24). Endlich haben im Altertume selbst noch die
von Pausanias bezeugten Renovationsarbeiten im 2. Jahrhundert nach Chr.
zweifellos älteres Material beseitigt.
 
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