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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 20.1904

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Heft 2
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Schmiedel, Carl: Das neue Polizeigebäude in Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.44901#0025

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1904

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft '2


Das neue Polizeigebäude Architekten: Geheimer Baurat Julius Temper in Dresden
in Dresden. und Landbauinspektor Carl Schmiedel in Plauen.
Detail.
Das neue Polizeigebäude in Dresden.
„Was du ererbt von deinen Vätern hast,
Erwirb es, um es zu besitzen!“
Das Dichterwort gilt ganz besonders für die Baukunst. In der Nutz-
anwendung möchte es etwa lauten: Suche die guten Fundamente,
welche die Altvordern hinterlassen, und strebe darauf weiterzubauen! Doppel-
mühe, wer erst Eigenfundament sich gründen zu müssen glaubt; der hat
zu schaffen, daß er nicht im Grunde stecken bleibt Welche bewährte
Grundlagen waren nun im künstlerischen Sinne für den Bau eines Polizei-
gebäudes vorhanden? Nicht viele. So mußte denn auf benachbarte Pfeiler
gegründet werden, Gerichtsgebäude, Kaserne und Festung; eine Ver-
schmelzung dieser drei soll, seinem Innern entsprechend, das Äußere geben,
der Trophäenschmuck zugleich eine Erinnerung bewahren an das frühere
Heim der Behörde, das alte Coselsche Palais.
Die gegenüberliegenden nackten Häuser bilden gegenwärtig noch
eine schlechte Folie für den Bau; wenn aber an ihre Stelle fünfstöckige
Großstadtbauten getreten sein werden, wenn dann die in Anregung ge-
brachte und in den Dresdener Stadtbauplan aufgenommene breite Zufahrt
nach dem Haupteingange geschaffen sein wird, dann sollen die Eck-
und Mitteltürme über die, voraussichtlich viel reicheren Nachbarn hinweg
sagen: hier steht ein öffentliches Gebäude, der Hort der Sicherheit! Die
Langseiten und ihre mit Profilen geizenden Fenstermotive dürften wohl
kaum reich zu nennen sein, und die hohe Attika ist nicht bloße Zier, wie
oft gemeint wird, sie ist bis zum letzten Zoll ausgenützt als Umfassungs-
mauer. Herr Geheime Baurat Temper, unter dessen Oberleitung den Bau
zu entwerfen und auszuführen mir vergönnt war, hat dadurch einen be-
deutenden Raumgewinn erzielt. Es sind in dem so gewonnenen Dachge-
schoß — die Bedachung ist Holzzement auf Stampfbetonkappen zwischen
Eisenträgern — untergebracht außer den für ein derartiges Gebäude erforder¬

lichen Bodenräumen die ausgedehnten Kleiderablage-, Warte- und Unter-
suchungsräume der Sittenabteilung, ein Betsaal und ein Kriminalmuseum,
das seinesgleichen sucht und den ganzen Stolz des Herrn Oberregie-
rungsrat Köttig bildet, der ebenso wie der Herr Polizeipräsident Lemaistre
an dem Wohlgelingen des Baues stets regen Anteil genommen und vom
Augenblicke des ersten Baugedankens an mit großer Hingabe mitgewirkt,
daß das Kleid, das dem Knaben angemessen, dem wachsenden Manne
passen lernte. Es war nicht leicht, in dem alten, räumlich beschränkten
Hause die Bedürfnisse genau festzustellen für das neue vierfach größere
Heim, zumal diese Bedürfnisse mit den bedeutenden Einverleibungen von
Dresdens Vororten stetig sich wandeln.
Durch das vorerwähnte Dachgeschoß konnte dem letzteren Umstande
ganz besonders entgegengekommen werden; denn in den so entlasteten
Hauptgeschossen ergaben sich verfügbare Räume, die zunächst zu Dienst-
wohnungen —
bei der Über¬
gabe waren es
deren sechzehn
teilweise sehr
ausgedehnte —
sowie zur Auf¬
nahme des Kgl.
Oberverwal¬
tungsgerichts bis
zur Gewinnung
eines eigenen
Heimes dienen,
später aber zur
Vermehrung der
Dienstzimmer
willkommene Ge -
legenheit bieten.
An größe¬
ren Räumen birgt
das Haus ferner
den Rapport-und
den großen In¬
struktionssaal,
die Hauptmelde¬
halle, das Evi¬
denzbureau, ein
Gefangenhaus
mit getrenntem
Männer- und
Weiberflügel
und zusammen
über 200 Einzel¬
zellen, Stall¬
räume für die be¬
rittene Gendar¬
merie und ein
mit allen Bequemlichkeiten ausgestattetes photographisches Atelier im An-
schluß an die Bertillonaufnahmen.
Auf technische Einzelheiten einzugehen, liegt außerhalb des Rahmens
dieses Blattes; daß sie aber alle eingehend durchdacht und erwogen worden
sind, dafür bürgt der Name des Herrn Geheimen Baurat Temper, des
Schöpfers des Dresdener Fernheiz- und Elektrizitätswerkes. Das neue
Polizeigebäude ist zugleich der entfernteste Abnehmer (1 km) genannten
Werkes für Licht und Wärme und verdankt ihm, von Kohle und Ruß ver-
schont, an Stelle des sonst erforderlichen Kesselhauses wesentlichen Ge-
winn an Raum und in dem freigewordenen Mittelhofe den unentbehrlichen
i Reitplatz für die „Berittenen“. Carl Schmiedel.

Architekten: Geheimer Baurat
Julius Temper in Dresden und
Landbauinspektor Carl Schmie-
del in Plauen.

Das neue Polizeigebäude
in Dresden.
Detail.



Das neue Polizeigebäude in Dresden.

Architekten: Geheimer Bau rat Julius Temper in Dresden und Landbauinspektor Carl Schmiedel in Plauen.

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