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Belvedere: Kunst und Kultur der Vergangenheit; Zeitschrift für Sammler und Kunstfreunde — 8.1925

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Baum, Julius: Neuere Kunst im Ulmer Museum
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https://doi.org/10.11588/diglit.52316#0034

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JULIUS BAUM

in kurzer Zeit möglich, eine hervorragende Studie von Januarius Zick für sein Altar-
bild in Elchingen zu erwerben, eine Himmelfahrt Mariae, die zu den reizvollsten und
sorgsamsten Bildern des Künstlers gehört und ihn in Ulm auf das beste kennzeichnet
(Abb. 2). Als Gegenstück dazu gelangte die früheste Arbeit des mit Zick befreundeten
Josef Wannenmacher in das Eigentum des Museums. Es ist eine Verzückung der
hl. Theresa von 1741, von einer reizvollen, matten und dunklen Färbung. Eine Reihe
von Bildern des Kuen von Weißenhorn und des Josef Hueber, die aus Privatbesitz ge-
liehen worden sind, ergänzen diese Abteilung, die auch eine Reihe guter kleiner Ton-
bildwerke des 18. Jahrhunderts aufweist, auf das glücklichste. Unter den Bildern kleinen
Formats ist besonders lehrreich die freie Nachahmung eines oberschwäbischen Malers
nach Tintorettos Markuswunder in Venedig.
Im ig. Jahrhundert hat Schwaben die Vorherrschaft, die es noch im Beginn des 18. Jahr-
hunderts innerhalb der deutschen Kunst besaß, abgegeben. Mit der Säkularisation hörten
die Aufträge der großen Klöster auf; das schwäbische Kunstleben tritt in der Folgezeit
stark zurück. Unter den Schöpfungen schwäbischer Künstler, die sich fürstlicher Gunst
zu erfreuen hatten, könnten etwa die Arbeiten des Stuttgarters Schick als Werke von
mehr als lokaler Geltung in Frage kommen. Bilder von ihm gelangen jedoch kaum
in den Handel. Die übrigen Maler des Stuttgarter Hofes dieser Epoche hingegen sind
so wenig bedeutend, daß sich die Pflege einer Abteilung schwäbischer Klassizisten im
Rahmen eines Museums außerhalb Stuttgarts nicht lohnt. Ulm und seine Nachbarschaft
schufen im Beginn des ip. Jahrhunderts noch Kunstwerke, die von einem eigentüm-
lichen kräftigen, bäuerischen Gepräge waren. Von dem wichtigsten Meister dieser Kunst,
dem Biberacher Johann Baptist Pflug, besitzt das Museum wenigstens eine gute Leihgabe.
Ernsthaften Anspruch auf allgemeine Bedeutung können diese Bilder jedoch nicht erheben.
Die Entwicklung der Malerei des ip. Jahrhunderts vollzieht sich anfangs durchaus in den
großen Kunstmittelpunkten. Auf die Schöpfungen der Meister von allgemeiner Geltung
durfte daher nicht verzichtet werden. Die Durchführung des gesamten Programms, das
von Tiepolo, Turner und Constable über die großen Klassiker und Romantiker zu den
Impressionisten hinführen soll, ist naturgemäß nur im Laufe der Jahre möglich. Fürs erste
gelang es dem Museum, sich wenigstens eine vorzügliche kleine Farbstudie Eugene Delacroix’
(Abb. 1) zu seinem Früh werk, der Dante-Barke des Louvre, zu verschaffen, deren Provenienz
sich in Paris genau sichern ließ. Dieses kostbarste Stück französischer Romantik steht vor-
läufig in Süddeutschland und auch im Ulmer Museum selbst noch vereinsamt. Hieran
schließt sich ein großes, bisher noch vollkommen unbekanntes Bild des Hans von Marees
aus Ulmer Privatbesitz, 1860 datiert, eine Reitergruppe im Freien darstellend. Thoma und
sein Freund Lugo sind durch zwei schöne oberrheinische Landschaften vertreten. Die
Stuttgarter Freilichtmalerei des ausgehenden ip. Jahrhunderts konnte, teils durch Stücke
aus Museumsbeständen, teils durch Leihgaben einer größeren Anzahl von Gemälden aus

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