H. GLÜCK / H. SCHWARZ
gearbeitet. Von ihnen lassen sich zwei Maler
identifizieren, die am Moghulhofe als Künstler
berühmt waren, Mir Säyyid Ali und Chödscha
Abd us Samad. Beide waren Perser, die Kaiser
Humayun in Täbriz kennen lernte und an seinen
Hof mitnahm. Läßt sich von der Anteilnahme
des ersteren nicht viel mehr als die Vermittlung
von Formen des Bihzäd, des berühmten Herater
Meisters und Begründers der Herater Malschule
nachweisen, so lassen sich einzelne Blätter, die
sich gegenüber den anderen durch Einheitlich-
keit und Geschlossenheit der Komposition, be-
sonders auch durch ihre Porträtkunst auszeichnen,
mit großer Wahrscheinlichkeit auf Abd us Samad
zurückführen. Ab ul Fazl, der Hofgeschichts-
schreiber Akbars, sagt von ihm unter anderem,
der Kaiser habe ihn bewogen „to turn from that
which is Form to that which is Spirit“, beiläufig
bemerkt, ein programmatisches Wort von um so
höherer historischer Bedeutung, als es dem Kaiser
in den Mund gelegt wird. Die von Prof. Glück dem
Abd us Samad zugeschriebenen Blätter scheinen
es zu bestätigen.
Das abschließende Urteil über die künstlerische
und kunsthistorische Bedeutung der Hämzä-Ulu-
strationen formuliert Glück sehr treffend dahin,
daß sie in der frühen Moghulperiode, unter
Humayun und während der ersten Hälfte der
Regierung Akbars entstanden sind und daher noch
einer Zeit des Sammelns der Kräfte entstammen.
„Noch fehlt ihnen eine bestimmte Zielsetzung, die
die Kräfte zusammenbindet. Soweit einzelne Künst-
lerpersönlichkeiten faßbar sind, geht jeder nach
seiner Richtung und die schwächeren Elemente
schließen sich ihnen mehr oder weniger an. Was aber
für uns Europäer als Stärke erscheinen würde, dieses
Recht des einzelnen Künstlers auf freie, persönliche
Entfaltung, das ist, vom orientalischen Standpunkte
gesehen, in unserem Falle noch Schwäche. Erst die
freiwillige Unterordnung des einzelnen Künstlers
unter ein von seiner Person unabhängiges, ja
selbst außerhalb des Künstlerischen stehendes
Gesetz würde die Kräfte nach vorderasiatischer
Art gebunden und vielleicht um so stärker zur
Forum
Entfaltung gebracht haben.“ Bei den Moghuln
verkörperte sich dieses Gesetz im reifen Akbar.
„In der Frühzeit seiner Herrschaft aber, als der
Hauptteil dieser Miniaturen entstand, standen die
verschiedenen Kräfte, das islamische Element
der Eroberer und das heimisch Indische noch
zu unvermittelt nebeneinander.“
Dem Amalthea-Verlag gebührt für den Mut, in
diesen schwierigen Zeitläufen eine so erstklassige
Prachtausgabe herzustellen, unumschränkte An-
erkennung. Der Band setzt die Reihe der schönen
Monumentalwerke über orientalische Kunst in
Wien seit dem großen Wiener Teppichwerk in
würdiger Weise fort. Die Leistungsfähigkeit der
Wiener Druckereien und graphischen Anstalten
ist auf ihrer alten Höhe geblieben. Nur die Auf-
traggeber haben sich geändert. Was früher der
Staat bezahlte, ohne auf Nutzen zu rechnen, muß
heute eine Privatfirma wagen und damit auch
gewinnen. Wir sehen nun, daß es auch so geht.
Ernst Diez
HEINRICH SCHWARZ: SALZBURG UND DAS
SALZKAMMERGUT
Eine künstlerische Entdeckung in hundert Bildern
des i g. Jahrhunderts. Verlag von Anton Schroll & Co.
in Wien 1926
Dieses Buch ist mehr als der unklare Titel verrät.
Nicht um Salzburg und das Salzkammergut, eine
künstlerische Entdeckung in hundert Bildern des
19. Jahrhundert geht es, sondern um einen wich-
tigen Beitrag zur Geschichte der Landschaftskunst
im frühen Jahrhundert. Es geht um die Bloß-
legung der Stilprobleme der Malerei der Romantik
und des Realismus, dargelegt an der künstlerischen
Entdeckung Salzburgs und des Salzkammergutes.
Das ist das Wesentliche: daß gerade diese Stadt und
diese Gegenden der österreichischen Länder die
Grundlagen für die künstlerischen Inhalte des Land-
schaftsproblems in der ersten Hälfte des 19. Jahr-
hunderts werden. Denn nur sie bieten, wie kein
anderer Bezirk die umfassenden und reinsten Vor-
aussetzungen für die geistig-künstlerischen An-
sprüche des neuen Menschentums. Wie nirgends
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gearbeitet. Von ihnen lassen sich zwei Maler
identifizieren, die am Moghulhofe als Künstler
berühmt waren, Mir Säyyid Ali und Chödscha
Abd us Samad. Beide waren Perser, die Kaiser
Humayun in Täbriz kennen lernte und an seinen
Hof mitnahm. Läßt sich von der Anteilnahme
des ersteren nicht viel mehr als die Vermittlung
von Formen des Bihzäd, des berühmten Herater
Meisters und Begründers der Herater Malschule
nachweisen, so lassen sich einzelne Blätter, die
sich gegenüber den anderen durch Einheitlich-
keit und Geschlossenheit der Komposition, be-
sonders auch durch ihre Porträtkunst auszeichnen,
mit großer Wahrscheinlichkeit auf Abd us Samad
zurückführen. Ab ul Fazl, der Hofgeschichts-
schreiber Akbars, sagt von ihm unter anderem,
der Kaiser habe ihn bewogen „to turn from that
which is Form to that which is Spirit“, beiläufig
bemerkt, ein programmatisches Wort von um so
höherer historischer Bedeutung, als es dem Kaiser
in den Mund gelegt wird. Die von Prof. Glück dem
Abd us Samad zugeschriebenen Blätter scheinen
es zu bestätigen.
Das abschließende Urteil über die künstlerische
und kunsthistorische Bedeutung der Hämzä-Ulu-
strationen formuliert Glück sehr treffend dahin,
daß sie in der frühen Moghulperiode, unter
Humayun und während der ersten Hälfte der
Regierung Akbars entstanden sind und daher noch
einer Zeit des Sammelns der Kräfte entstammen.
„Noch fehlt ihnen eine bestimmte Zielsetzung, die
die Kräfte zusammenbindet. Soweit einzelne Künst-
lerpersönlichkeiten faßbar sind, geht jeder nach
seiner Richtung und die schwächeren Elemente
schließen sich ihnen mehr oder weniger an. Was aber
für uns Europäer als Stärke erscheinen würde, dieses
Recht des einzelnen Künstlers auf freie, persönliche
Entfaltung, das ist, vom orientalischen Standpunkte
gesehen, in unserem Falle noch Schwäche. Erst die
freiwillige Unterordnung des einzelnen Künstlers
unter ein von seiner Person unabhängiges, ja
selbst außerhalb des Künstlerischen stehendes
Gesetz würde die Kräfte nach vorderasiatischer
Art gebunden und vielleicht um so stärker zur
Forum
Entfaltung gebracht haben.“ Bei den Moghuln
verkörperte sich dieses Gesetz im reifen Akbar.
„In der Frühzeit seiner Herrschaft aber, als der
Hauptteil dieser Miniaturen entstand, standen die
verschiedenen Kräfte, das islamische Element
der Eroberer und das heimisch Indische noch
zu unvermittelt nebeneinander.“
Dem Amalthea-Verlag gebührt für den Mut, in
diesen schwierigen Zeitläufen eine so erstklassige
Prachtausgabe herzustellen, unumschränkte An-
erkennung. Der Band setzt die Reihe der schönen
Monumentalwerke über orientalische Kunst in
Wien seit dem großen Wiener Teppichwerk in
würdiger Weise fort. Die Leistungsfähigkeit der
Wiener Druckereien und graphischen Anstalten
ist auf ihrer alten Höhe geblieben. Nur die Auf-
traggeber haben sich geändert. Was früher der
Staat bezahlte, ohne auf Nutzen zu rechnen, muß
heute eine Privatfirma wagen und damit auch
gewinnen. Wir sehen nun, daß es auch so geht.
Ernst Diez
HEINRICH SCHWARZ: SALZBURG UND DAS
SALZKAMMERGUT
Eine künstlerische Entdeckung in hundert Bildern
des i g. Jahrhunderts. Verlag von Anton Schroll & Co.
in Wien 1926
Dieses Buch ist mehr als der unklare Titel verrät.
Nicht um Salzburg und das Salzkammergut, eine
künstlerische Entdeckung in hundert Bildern des
19. Jahrhundert geht es, sondern um einen wich-
tigen Beitrag zur Geschichte der Landschaftskunst
im frühen Jahrhundert. Es geht um die Bloß-
legung der Stilprobleme der Malerei der Romantik
und des Realismus, dargelegt an der künstlerischen
Entdeckung Salzburgs und des Salzkammergutes.
Das ist das Wesentliche: daß gerade diese Stadt und
diese Gegenden der österreichischen Länder die
Grundlagen für die künstlerischen Inhalte des Land-
schaftsproblems in der ersten Hälfte des 19. Jahr-
hunderts werden. Denn nur sie bieten, wie kein
anderer Bezirk die umfassenden und reinsten Vor-
aussetzungen für die geistig-künstlerischen An-
sprüche des neuen Menschentums. Wie nirgends
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