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Belvedere: Kunst und Kultur der Vergangenheit; Zeitschrift für Sammler und Kunstfreunde — 8.1925

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Baldass, Ludwig: [Rezension von: Wilhelm Hausenstein (Hrsg.), Das Bild. Atlanten zur Kunst]
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https://doi.org/10.11588/diglit.52316#0189

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W. HAUSENSTEIN: DAS BILD

DAS BILD. ATLANTEN ZUR KUNST
I lerausgegeben von WilhelmHausenstein. 7.Tafel-
malerei der alten Franzosen, Auswahl und Nach-
wort von WilhelmHausenstein. 8—g. Das deutsche
Bild des XVI. Jahrhunderts, Auswahl von Her-
mann Eßwein und Wilhelm Hausenstein. 10.
Vermeer von Delft. Nachwort von Benno Reifen-
berg. Anmerkung von Wilhelm Hausenstein.
Verlag R. Piper & Co., München.
Die drei neuesten Bände der Serie „Das Bild“
bringen technisch wieder alleVorzüge der früheren,
die zugleich Vorzüge des Piperschen Verlages sind :
ausgezeichnete Klischees und geschmackvolle Aus-
stattung. Deutlich offenbaren sie die Absicht, vor
allem als Bilderbücher zu wirken, der Leser soll
in erster Linie ein Beschauer sein, der Text ist
nur ein Nachwort, das erst nach dem Studium
der Abbildungen zu Rate gezogen werden soll.
Diese Ehrlichkeit berührt nur sympathisch, Mate-
rialsammlungen sollen anders betrachtet, anders
bewertet werden als kunstgeschichtliche Abhand-
lungen.
Über den Herausgeber der Serie W ilhelm Hausen-
stein, der zu den prominentesten unter den moder-
nen Kunstschriftstellern gehört, hat Otto Fischer
(Kunst und Antiquariat, Jahrgang I, Februar 1925)
so treffende Worte geschrieben, daß hier kaum
etwas hinzugesetzt werdenkann. Und als ein Schüler
Hausensteins offenbart sich auch Hermann Eß-
wein, der in der deutschen Malerei des 16. Jahr-
hunderts nicht das Problem, sondern nur eine
einzige moderner Betrachtung besonders entgegen-
kommende Seite der Periode sieht. Es ist charak-
teristisch, daß nicht nur Grünewald, sondern auch
Cranach vor Dürer behandelt werden, der über-
haupt ebenso wie Holbein nur als eine Art fatale
und nicht zu umgehende Nebenperson durch die
Zeilen schreitet. Bedeutend sympathischer berührt
das warm, lebendig dabei aber anspruchslos
und klar geschriebene Nachwort Reiffenberg zu
Vermeer.
Aber der Text soll ja bei diesen Bänden Neben-
sache sein. Das Buch hat auf alle Fälle Wert,
wenn die getroffene Auswahl und Anordnung der

Bilder berechtigten Erwartungen entspricht und
ein klares Bild vom Wesentlichen der betreffenden
Kunstepoche bietet. Der Band über die Tafel-
malerei der Franzosen zeigt uns klar die Grenzen
der von Fischer so richtig charakterisierten moder-
nen Kunstschriftstellerei. Sie kann alles, sie kann
sich für Picasso oder Beckmann genau so be-
geistern wie für die Altdeutschen oder die
romanische Plastik, für Fra Angelico wie für
Brueghel. „Die Kunstgeschichte ist ja so reich,
Photographien gibt es genug und die Gelehrten
haben vorgearbeitet.“ Es gibt aber Gebiete, wo
die Gelehrten leider nicht genügend vorgearbeitet
haben, beziehungsweise wo jemand, der sich mit
der Materie auch nur oberflächlich beschäftigt,
zeigen muß, daß er sich selbst eine Meinung
bilden kann und wo es nicht genügt, kritiklos
andere zu zitieren und zu diesen Gebieten ge-
hört die französische Tafelmalerei des 14. bis
16. Jahrhunderts. Die Gelehrten kennen hier eine
verhältnismäßig kleine Reihe ausgezeichneter
Werke, aber sie haben die wenigsten verankern
und untereinander verbinden können und in
einzelnen Fällen sind die hervorragendsten unter
ihnen nicht einig, ob eine Folge von Tafel-
bildern nordfranzösischen, burgundischen, proven-
zalischen oder catalanischen Ursprunges ist. Es ge-
nügt aber doch nicht, das Werk über die fran-
zösische Primitivenausstellung von 1904 und
eine Anzahl von Photos herzunehmen, eine will-
kürliche Auswahl zu treffen, diese vollkommen
willkürlich durcheinander zu würfeln und dann
darunter zu schreiben : „Der Meister von Moulins“
(nach anderen unbekannter Französischer Meister
des 15. oder 16. Jahrhunderts) (Tafel 61) oder „Jean
Perreal“ (nach anderen Schule der Picardie um
1500) (Tafel 69/70) oder auch nur „dem Johann
Fouquet zugeschrieben“ (Tafel 55). Das klingt sehr
bescheiden und sieht so aus, als wäre es noch
nicht gelungen, diese Bilder näher zu bestimmen.
Diese Bescheidenheit ist aber eine Vortäuschung
falscher Tatsachen, denn es wird kaum jemand
zweifeln, daß alle diese vier Bilder niederländisch
sind und mit französischer Malerei gar nichts zu

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