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Belvedere: Kunst und Kultur der Vergangenheit; Zeitschrift für Sammler und Kunstfreunde — 8.1925

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Berichte aus den Kunstzentren
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https://doi.org/10.11588/diglit.52316#0135

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FRANKFURT A. M. STÄDELSCHES INSTITUT

die erst kürzlich identifizierte Kreuzigungstafel des
Domenico Veneziano, mit ihrer gefühlszarten Zeich-
nung und dem schimmernden Weiß der Malerei
dem in diesem Raum angeschlagenen Klang ein.
Giovanni di Paolo hat den Ehrenplatz im Saal
der italienischen Renaissance. Seine große, voll-
signierte Madonna, vor nicht langer Zeit aus dem
Palazzo Saraceni in Siena erworben, ist für den
deutschen Besitz von erheblicher Bedeutung
(R. v. Hirsch, Kat. 84). Noch lebt in ihr die Süßig-
keit frommer Minne, weltfern und voller Sinn-
lichkeit. Ein Funkeln und Glitzern köstlicher
Farbe, ein Quirlen und Tosen sich bäumender
Linien. Blumen streuen Buntheit über goldne
Flächen. Engelflügel schwingen gleich einer Glorie
um die Gestalt. Anders als hier wirkt Mittel-
alterliches nach in dem bekannten Madonnen-
tondo des Fra Angelico (früher Schäfer, Darmstadt,
jetzt O. Henkell-Wiesbaden, Kat. 66), das wohl-
erhalten im alten Rahmen geborgen steht. Ruhiger,
gemessener und tiefer durchfühlt, doch ohne die
phantastische Fülle des Lineaments. Es reiht sich
an eine Auswahl typischer Madonnenwerke der
Frührenaissance. Dem Atelier des Botticelli, seinen
reiferen Werken nahe, gehört ein Tondo mit Maria,
Christus und Johannes (R. Bauer, Kat. 21), groß
in der Form, mit jener Inbrunst gemalt, die uns
den Italiener des späten Quattrocento so nahe bringt.
Von Cosimo Roselli sieht man eine Anbetung des
Kindes, von Botticini eine kleine fragmentarische
Tafel, von Rafaelino del Garbo eine seiner typischen
ganzfigurigen Kompositionen im Rund. Wichtiger
ist die kleine Sitzmadonna des Verrochio (v.Mumm,
nicht im Kat.), eine seiner seltenen gemalten Dar-
stellungen, charakteristisch durch die gespannte
Form und lichte Tönung. Weniger metallisch in
der plastischen Durchbildung, steht sie doch der
Berliner Tafel außerordentlich nahe. Gegenüber
hängt ein köstliches kleines Frauenporträt des
Lorenzo Costa (v. Mumm, Kat. 137). In seiner
rundenden Vereinfachung, die glücklicher als bei
den großen Kompositionen wirkt, ist das Bild ver-
gleichbar den späteren Porträts des Boltraffio, nicht
fern auch einer Schöpfung wie der des Baldassare

d’Estense in der Pinakothek. Unter den Cassone-
bildern stehen ein Triumphzug Davids und die
emailklare mythologische Tafel des Parismeisters
(Fuld, Kat. 182) an erster Stelle.
Aus dem frühen 16. Jahrhundertfehlen die großen
Namen. Tüchtige Porträts des Bronzino sind Folie
für die beiden großartigen Gemälde Tintorettos;
der Ölberg (R. v. Hirsch, Kat. 240), breit und
weitschweifig, von fern an Bilder wie das Markus-
wunder in Mailand erinnernd und die Kreuztragung
(v. Francken Sierstorpff, Eltville, Kat. 241), die
der Spätzeit angehört und den Bildern von San
Rocco nahe ist. Die Farben sind kühles Blau und
Rot. Zwischen flatternden Fahnen erscheint der
Zug der Reiter, wie aufgepeitscht in unaufhalt-
samer Bewegung, darunter, gleich unerbittlicher
Diagonale eingefügt, die Gestalt des zusammen-
brechenden Christus, mit dem Gewirr des Kreuz-
pfahls und der um ihn bemühten Figuren.
Der Saal der nordischen Kunst enthält als frühestes
Werk eine Anbetung der Könige, um 1400 ge-
malt (J. Heymann, Kat. 264), die man dem west-
fälisch-sächsischen Kunstkreis zuteilt. Die Marien-
gestalt läßt in Typ und Schwerförmigkeit an
Östliches denken, in den eleganter bewegten, gra-
zilen Königen mag man Französisches erkennen.
Bald an den Rhein, bald nach Frankreich hat
man das kostbare Täfelchen mit den beiden Johannes
von der Wende des 14. Jahrhunderts gesetzt (H. Fuld,
Kat. 80). Es ist ganz auf Gold gestimmt, farbig
nur die Gesichter, die Architektur und die
Musterung der golduntermalten Gewandung. Ihm
nahe steht der Berliner Altar (K. F. M. 1216) und
eine Tafel in Sigmaringen. An Werken des
15. Jahrhunderts sind weiter zu nennen eine
heilige Sippe, dem Meister von Liesborn zuge-
schrieben, die Erweckung des Lazarus von einem
Schweizer Meister, eine vielfigurige Kreuzigung
des Salzburger Kunstkreises, dann die farbig über-
raschende, problematische Tafel der Verspottung
Christi mit Schongauermotiven, die wohl schon
ins 16. Jahrhundert reicht. Von Schongauer selbst
eine kleine, leuchtende, bisher unbekannte Ma-
donna mit krönenden Engeln (v. Goldammer,

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