Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Belvedere: Kunst und Kultur der Vergangenheit; Zeitschrift für Sammler und Kunstfreunde — 8.1925

DOI Artikel:
Baldass, Ludwig: Wilhelm von Bode: ein Nachwort zu seinem achzigsten Geburtstag
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.52316#0174

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
LUDWIG BAL DASS

gessen wir zu leicht, daß er der erste war, der
Kunstwerke modern, das heißt in der richtigen
historischen Umgebung und doch genügend
isoliert, um alle Qualitäten der Einzelwerke wür-
digen zu können, aufgestellt, hat. Er war ferner
derjenige, der den modernen Typus des großen
wissenschaftlichen Sammlungskataloges geschaffen
hat. Vor allem aber war er derjenige, der es ver-
standen hat, die weitesten und die vermögendsten
Kreise für seine Museen zu interessieren, der in
der wilhelminischen Ära sich des Kaisers wieder-
holt zu seinen Zwecken bediente, der eine Schar
von Sammlern heranzog, die auf seinen Anstoß
Reservoire für seine späteren Erwerbungen an-
legten, der die Händler beriet und förderte, um
reiche Spenden für die öffentlichen Sammlungen
einzukassieren, der allerorten Freunde für seine
Museen warb, der also nach seiner eigenen In-
dividualität den Idealtypus des Museumsdirektors
geprägt hat.
Zu allererst aber ist Bode Sammler und wenn wir
überblicken, was unter seiner Leitung und auf
seine Anregung für die Berliner Museen erworben
wurde, uns vergegenwärtigen, daß sie ihm in
erster Linie ihren unerhörten Aufschwung im
letzten halben Jahrhundert verdanken, so müssen
wir sagen, daß er in seiner Zeit seinesgleichen
nicht hatte und nur mit den ganz großen fürst-
lichen Sammlern des 17. und 18. Jahrhunderts
verglichen werden kann, denen der Prado und
der Louvre, die Sammlungen in Florenz, Wien,
München und Dresden zu verdanken sind. Seine
Haupttätigkeit liegt an der Gemäldegalerie, die
er heute noch verwaltet und in welcher Tätigkeit
ihn keiner unter den Lebenden ersetzen kann. Man
muß sich nur vergegenwärtigen, daß er Giottos
ergreifendstes Tafelbild für Berlin erworben hat
und eine Unzahl von Quattrocentisten von
Masaccio bis Signorelli, daß er das Porträt von
Giorgione gekauft hat, Tintorettos Verkündigung
und Tizians Venus mit dem Orgelspieler, daß
unter seiner Leitung vom Arnolfiniporträt Jan van

Eycks über denMonfortealtar bis zum Sprichwörter-
bild Bruegels jene Reihe altniederländischer
Meisterwerke erworben wurden, die die Berliner
Sammlung trotz des Verlustes der Genter Altar-
flügel zur ersten der Welt stempeln, daß er
Foucquet und Simon Marmion ebenso gekauft hat,
wie R ubens und Van Dyck, wie Vermeer undBrou-
wer, gar nicht zu denken der Meisterwerke Rem-
brandts, der Susanna, der Vision Daniels, des
Josephs vor Potiphar, des Mannes im Goldhelm,
der Hendrikje Stoffels, der Oldenburger Land-
schaft. Und welche Bereicherung hat das Kaiser
Friedrich-Museum nicht an deutschen Bildern
durch ihn erfahren: drei Tafeln von KonradWitz,
und acht von Multscher, von Dürer allein den
Holzschuher, den Muffel und die Madonna mit
dem Zeisig, Cranachs Ruhe auf der Flucht, Bal-
dungs Beweinung Christi, Altdorfers Abschied der
Apostel, Holbeins schönstes spätes Porträt und die
Reihe der Werke Elsheimers. Und hinter der Galerie
steht die Skulpturensammlung — man denke nur an
Giovanni Pisanos Madonna, an alle die italieni-
schen Bronzen und an die herrlichsten deutschen
Holzbildwerke — kaum zurück. Und daneben hat
er alle anderen Sammlungen gefördert, die antiken
— während er Generaldirektor war> wurde die
sitzende Göttin erworben — die frühchristlichen
und vorderasiatischen, die ihm immer sehr am
Herzen lagen, die für Kunstgewerbe, für Graphik
und für Völkerkunde. Schließlich hat er den
größten Architekten seiner Zeit, hat er Messel für
den Bau des deutschen Museums gewonnen und
führt seit dem Tode dieses Künstlers den erbittert-
sten Kampf gegen die Vergewaltigung der ur-
sprünglichen genialen Pläne.
So blickt Bode an seinem achtzigsten Geburtstag
auf eine Tätigkeit zurück, die reich und frucht-
bringend war, wie die keines anderen in unserem
Fache sie je sein wird und wir dürfen nur hoffen,
daß ihm noch manches fruchtbringende Jahr
musealer und wissenschaftlicher Arbeit gegönnt ist,
um sein Lebenswerk weiter zu vervollkommnen.

1 08

Forum
 
Annotationen